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P.s Vater, unter anderem Musikkritiker bei einer Lissabonner Zeitung, starb 1893. Zwei Jahre später heiratete seine Mutter den portugiesischen Konsul in Südafrika. Nach der Übersiedlung besuchte P. die Convent School in Durban und später die Durban High School, deren Leiter W. H. Nicholas, ein großer Humanist und Literaturliebhaber, beeinflusste ihn nachhaltig. Dies mag erklären, warum P. auf Englisch zu schreiben begann. Im Juni 1901 bestand er sein Examen mit Auszeichnung. Nach einem längeren Heimaturlaub kehrte er nach Durban zurück, besuchte Abendkurse an der Commercial School, bereitete sich aber gleichzeitig auf die Aufnahmeprüfung an der Universität des Kaps der Guten Hoffnung vor. Für einen Essay in englischer Sprache wurde er mit dem Queen Victoria Memorial Prize ausgezeichnet, 1904 schloss er seine Ausbildung in Durban mit einem weiteren Examen an der High School ab, erhielt aber, wohl weil er nicht britischer Staatsbürger war, nicht das ersehnte Stipendium für ein Studium in England. P. setzte seine Ausbildung in Portugal fort, brach sein Universitätsstudium jedoch 1907 ab. Nachdem er ein Erbe von seiner Großmutter durch die Investition in eine Druckerei, die bald bankrottging, verloren hatte, begann er als Fremdsprachenkorrespondent zu arbeiten. Von 1912 an veröffentlichte er in der Zeitschrift A Águia, dem Organ der literarischen Bewegung Renascença Portuguesa, eine Reihe von Essays, mit denen er Aufsehen erregte, 1913 begründete er eine neue literarische Strömung, den Paulismo, so genannt nach seinem Gedicht »Pauis« (»Sümpfe«). Von da an beteiligte sich P. mit Essays und Gedichten, die er in verschiedenen Zeitschriften wie Teatro und der einzigen Nummer der Renascença publizierte, am literarischen Leben Portugals, auch nahm er intensiv an Treffen, Gesprächen und Diskussionen mit anderen jungen Künstlern teil.

Am 8. März 1914 hatte er ein sein Leben und Schaffen prägendes Erlebnis, das er später als seinen »dia triunfal« (Tag des Triumphes) bezeichnete. In jener Nacht offenbarte sich in ihm Alberto Caeiro, und P. schrieb als dieser, angeblich in einem Zuge, die über 30 Gedichte des Buches O Guardador dos rebanhos (1925; Der Hüter der Herden, 2004). Noch in derselben Nacht verfasste er, um zu sich zurückzufinden, als P. die sechs Gedichte von Chuva oblíqua (Schräger Regen), mit denen er eine weitere literarische Strömung, den Intersecconismo, einleitete. Im selben Jahr schrieb er auch ein Gedicht unter dem Heteronym Ricardo Reis. 1915 erschienen die beiden einzigen Nummern der Zeitschrift Orpheu, des Schlüssels zur portugiesischen Moderne. P. war daran maßgeblich beteiligt und legte unter seinem eigenen Namen sowie als Álvaro de Campos Gedichte vor. Zur Publikation der dritten Nummer, für die er mehrere Beiträge verfasste, kam es nicht mehr, er veröffentlichte jedoch bis 1917 auf Portugiesisch mehrere Gedichte und Aufsätze in verschiedenen Zeitschriften unter den Namen Pessoa und de Campos.

Daneben beteiligte P. sich an der Gründung einer Firma, die ihre Geschäfte aber bereits 1918 wieder einstellen musste. Im Selbstverlag publizierte er zwischen 1918 und 1921 zwei broschierte Bücher mit in englischer Sprache verfassten Sonetten und anderen Gedichten, darunter Antinous (1918). In dieser Zeit schrieb er die Poemas inconjuntos (Verstreue Gedichte) des Heteronyms Alberto Caeiro, die er jedoch zurückdatierte, da er Caeiro 1915 hatte sterben lassen. Außerdem fuhr er fort, Gedichte und Aufsätze in portugiesischer und englischer Sprache in verschiedenen Zeitschriften zu veröffentlichen. Im März 1920 lernte er Ophélia Queiroz kennen, die einzige Frau, zu der er eine (keusche) Liebesbeziehung hatte, trennte sich jedoch bereits im November wieder von ihr. Später nahm er diese Beziehung noch einmal auf, brach sie aber nach noch kürzerer Dauer 1931 endgültig ab. 1921 gründete er zusammen mit zwei Freunden den Verlag Olisipo, publizierte dort neben eigenen Werken Arbeiten von António Botto und Raul Leal und provozierte mit diesen Publikationen einen Skandal, der 1922 zur Beschlagnahme der beiden Werke und zum Zusammenbruch des Unternehmens führte.

In der ersten Nummer der Zeitschrift Contemporânea erschien P.s Erzählung O banqueiro anarquista (1922; Ein anarchistischer Bankier, 1988). In Contemporânea veröffentlichte er auch – auf französisch – Trois chansons mortes (1923; Drei tote Lieder), die jedoch von der französischen Kritik bis heute als nicht besonders gelungen eingestuft werden. Von Oktober 1924 bis Februar 1925 gab P. zusammen mit dem Maler Ruy Vaz die Zeitschrift Athena heraus, in der er unter anderem Apontamentos para uma estética não-aristotélica (1924; Aufzeichnungen zu einer nicht-aristotelischen Ästhetik) von de Campos und Gedichte von Reis herausbrachte. 1925 verstarb P.s Mutter, die 1920 mit seinen Halbgeschwistern nach Portugal zurückgekehrt war und zu der er eine besonders innige Beziehung hatte. 1927 wurde P. in Presença, der bedeutendsten portugiesischen Zeitschrift jener Epoche, als der Meister der neuen Generation bezeichnet; bald darauf begann er selbst in Presença zu schreiben. Nach der Ernennung des späteren Diktators Salazar zum Finanzminister schrieb P. das Pamphlet O interregno (1928; Das Interregnum), mit dem er eine Militärdiktatur in Portugal verteidigte, von dem er sich indessen später distanzierte; am 4. Februar 1935 verteidigte er mit seinem in der Tageszeitung Diário de Lisboa abgedruckten Artikel Associações secretas (Geheimbünde) die Freimaurer öffentlich gegen die Diktatur.

1929 erschien aus der Feder von João Gaspar Simões eine erste literaturkritische Arbeit über die Dichtung P.s. Der Dichter hatte sich schon seit Jahren, angeregt durch Übersetzungen theosophischer Texte, die man bei ihm in Auftrag gegeben hatte, mit okkultistischen Lehren beschäftigt und bezeichnete sich selbst als gnostischen Christen, treu der geheimen Überlieferung des Christentums, die enge Beziehungen zur heiligen Kabbala und zum okkulten Wesen der Freimaurerei unterhielt. Als Folge davon bekam er 1930 Besuch von Aleister Crowley, der sich auch die Bestie 666 des Order of the Golden Dawn nannte und auf geheimnisvolle Weise an der Boca do Inferno verschwand. 1932 bewarb sich P. aus Finanznot – vergeblich – um die Stelle des Konservators an der Museumsbibliothek Condes de Vastro Guimarães in Cascais. Das mit Unterstützung von Freunden veröffentlichte Buch Mensagem (1934; Botschaft, 1989) reichte er zu einem Wettbewerb des Nationalen Propagandasekretariats um den Antero-de-Quental-Preis ein, erhielt jedoch nur den zweiten Preis. In einer autobiographischen Notiz, die kurz vor seinem Tode entstand, führte er als seine Werke nur 35 Sonets (in englischer Sprache), English Poems I–III und Mensagem auf. Alles andere verschwieg er, weil er es entweder unter dem Namen eines seiner Heteronyme veröffentlicht hatte oder weil es noch in der berühmten »arca« (Truhe/Arche) in seinem Haus lag, deren Inhalt erst postum nach und nach publiziert wurde. Dazu gehören auch O livro do Desassossego und Fausto. Tragédia subjectiva (1988; Faust, 1990) – beides Werke, zu denen er sein ganzes Leben lang Fragmente schrieb, die er jedoch nie vollendete oder auch nur ordnete, so dass es keine von ihm autorisierte Fassung gibt.