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Ben hatte auf Anhieb dafür Verständnis und beschrieb mit der Hand eine Geste. Archer brauche nicht fortzufahren. »Ich begreife sehr wohl«, sagte er. »Ich beantworte all Ihre Fragen. Und dann, wenn Sie nichts dagegen haben, stelle ich Ihnen eine Frage.«

Archer nickte. Das klang fair. Catherine holte zwei Stühle aus der Küche, da sie annahm, dass ihr Gespräch wohl etwas länger dauern würde.

»Wer sind Sie wirklich«, fragte Archer, »und was tun Sie hier?«

Ben Collier überlegte, wie er darauf antworten sollte.

Sich diesen Menschen anzuvertrauen, wäre ein ziemlich radikaler Schritt… aber nicht unbedingt einmalig und unter den gegebenen Umständen eigentlich unvermeidbar. Er war bereit, ihnen zu vertrauen. Dieses Urteil war nur zum Teil intuitiv. Er hatte sie mit seinen eigenen Augen beobachtet und auch mithilfe der kritischeren Augen seiner kybernetischen Helfer. Sie schienen nicht zu lügen und nicht zu versuchen, ihn zu manipulieren.

Vor allem Archer schien eifrig bemüht zu sein, ihm zu helfen. Sie mussten sich mit ihrer beängstigenden Erfahrung auseinandergesetzt haben, und das rechnete Ben ihnen hoch an.

Aber sie würden Mut auch dringend benötigen. Und ob sie den auch in ausreichendem Maß aufbrachten, das war schon schwieriger zu beurteilen.

Er wollte ihre Fragen so ehrlich und gründlich wie möglich beantworten. Das war er ihnen schuldig, gleichgültig, was als Nächstes passierte. Catherine hätte seine Situation weitaus schwieriger machen können, als sie ihn im Schuppen im Wald entdeckt hatte — wenn sie zum Beispiel die Polizei alarmiert hätte. Dadurch, dass sie das unterlassen hatte, war seine Wiederherstellung bedeutend schneller erfolgt. Es wäre daher sinnlos und sehr unfreundlich, wenn er ihnen Lügen über sich selbst erzählte.

Er war, so erklärte er, im Jahr 2157 in einer kleinen Stadt nicht weit vom derzeitigen Städtchen Boulder, Colorado, entfernt geboren worden. Dort hatte er den größten Teil seines Berufslebens verbracht und für eine historische Stiftung wissenschaftlich gearbeitet.

All das machte eine Definition der Begriffe »Städtchen«, »Berufsleben« und »historische Stiftung« notwendig, wenn man bedachte, wie Archer und Catherine diese Worte verstanden — aber sie kamen der Wahrheit doch sehr nahe.

Catherine nickte. »So wurden Sie also Zeitreisender?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich wurde rekrutiert und dazu verpflichtet. Catherine, wenn Sie das einundzwanzigste Jahrhundert besuchten, würden Sie dort sehr viele wunderbare Dinge finden, aber die Zeitreise ist nicht dabei. Jeder halbwegs ernsthafte Physiker meiner eigenen Epoche hätte diese Idee von vornherein als unsinnig verworfen. Nicht den Gedanken, dass die Zeit grundsätzlich unveränderbar und vielleicht nicht linear ist, sondern die Vorstellung, dass menschliche Wesen sich in ihr bewegen können. Das Wasser im Ozean ist wie das Wasser in einem Swimmingpool, aber man kann nicht hinüberschwimmen. Ich wurde von Wesen aus meiner eigenen Zukunft ausgesucht, die wiederum von anderen aus ihrer Zukunft rekrutiert worden waren, und so weiter.«

»Ähnlich wie Trittsteine in einem Fluss«, sagte Archer.

»Genauso.«

»Aber wozu wurden Sie ausgewählt?«

»Vorwiegend als Hausmeister. Um in diesem Haus zu wohnen. Um es zu warten und zu schützen.«

»Weshalb?«, fragte Catherine, aber er vermutete, dass sie die Antwort längst wusste.

»Weil dieses Haus eine Art Zeitmaschine ist.«

»Demnach sind Sie gar kein richtiger Zeitreisender«, stellte Archer fest. »Ich meine, Sie kommen aus der Zukunft… aber Sie sind nur eine Art Angestellter.«

»Ich denke, diese Beschreibung passt sehr gut.«

»Die Maschine in diesem Haus funktioniert nicht so, wie sie sollte — habe ich recht?«

Er nickte.

»Aber wenn sie es täte, und Sie wären der Wächter, wer könnte dann hierherkommen? Wer sind die wahren Zeitreisenden?«

Dies war eine heiklere Frage und weitaus schwieriger zu beantworten. »Die meiste Zeit, Doug, käme niemand hierher. Hier herrscht nicht viel Betrieb. Ich sammle vorwiegend zeitgenössische Dokumente, Bücher, Zeitungen, Illustrierte, und schicke sie weiter.«

»An wen?«, wollte Catherine wissen.

»An Leute aus einer Zeit, die meiner eigenen sehr fern ist. Sie sehen menschlich aus, aber sie sind es nicht ganz. Sie haben die Tunnel geschaffen, die Zeitmaschinen.«

Er fragte sich, wie viel Sinn das für sie ergab. »Die wahren Zeitreisenden«, hatte Archer gesagt. Die Beschreibung war genauso gut wie alle anderen. Ben zitterte immer ein wenig bei den Gelegenheiten, wenn er mit diesen Wesen zusammentraf. Sie waren freundlich und nur ein wenig hochmütig. Aber man war sich der evolutionären Kluft stets bewusst. »Bitte, verstehen Sie eines: Vieles von dem entzieht sich meinem Verständnis genauso wie dem Ihren. Alles, was ich wirklich weiß, sind Legenden, die von Leuten wie mir weitergegeben werden, von anderen Wächtern, anderen Hausmeistern. Legenden aus der Zukunft, so könnte man sie nennen.«

»Dann erzählen Sie uns einige«, bat Archer.

Sie beschäftigen sich, berichtete Ben, mit dem Leben auf der Erde.

Man sollte das Ganze mal unter dem Aspekt der geologischen Zeit betrachten.

Im urzeitlichen Sonnensystem wurde die Form der Erde durch die Kollisionen von Kleinplaneten und Meteoriten geschaffen, die auf ihren Kreisbahnen durch das All zogen. Die Erde hat einen flüssigen Kern, eine Hülle aus kälterem Gestein. Sie gibt Gase und Flüssigkeiten ab — Kohlendioxid, Wasser. Nach einiger Zeit bilden sich Atmosphäre und Meere.

Im Laufe der Jahrmillionen entsteht Leben in Gestalt kristalliner Strukturen im porösen Gestein heißer, mineralreicher untermeerischer Quellen. Nach einiger Zeit passen diese kristallinen Strukturen sich ihrem kühleren Lebensraum an, indem sie Proteine aufnehmen. Später wird das kristalline Skelett zurückgelassen, und reines, auf Protein basierendes Leben beherrscht schon bald die noch sehr primitive Biosphäre. RNS und DNS werden als genetische Erinnerung geschaffen, und die Evolution beginnt richtig. Eine fast unendliche Vielfalt von Strukturen kämpft gegen die Umgebung. Niemals wieder wird es derart komplexe Lebensformen auf der Erde geben. Die restliche Evolution wird sparsamer, nimmt einen Ausleseprozess vor.

Das Klima verändert sich. Prokaryotische Zellen vergiften die Atmosphäre mit Sauerstoff. Kontinente treiben als tektonische Platten auf dem Magma. Das Leben wogt in den langen Intervallen zwischen den Kollisionen mit Kometen auf und ab.

Die Menschheit erscheint. Es stellt sich heraus, dass die Menschheit, genauso wie die Gräser, wie blühende Pflanzen, eine der Spezies ist, die den Planeten selbst verändern kann. Sie manipuliert das klimatische Gleichgewicht und wäre beinahe in ihren eigenen Abfallprodukten ertrunken, besäße sie nicht die außerordentliche Fähigkeit, sich selbst zu modifizieren und neue Lebensformen zu schaffen. Diese sind parallele und ergänzende Technologien. Die Menschheit, vom Tode bedroht, lernt, Maschinen nach ihrem eigenen Ebenbild herzustellen. Sie lernt es, sich in grundlegender Weise zu verändern. Die beiden Fähigkeiten wirken zusammen, um eine neue Lebensform zu schaffen, selbstreproduzierend, aber nur noch andeutungsweise biologisch. Sie kann menschlich genannt werden, weil das Menschliche zu ihrer Entwicklung gehört. Sie ist die legitime Erbin der Menschheit. Aber sie unterscheidet sich von der Menschheit genauso wie kristallines Leben von dem Gestein, aus dem es geboren wurde, oder wie auf Protein basierendes Leben von den Kristallstrukturen, die ihm vorausgingen. Diese neuen Wesen sind nahezu grenzenlos anpassungsfähig. Einige leben im Meer, andere leben im Weltraum. Sie besiedelten die meisten Planeten des Sonnensystems. Sie sind sehr erfolgreich. Sie fangen an zu verstehen und manipulieren einige fundamentale Konstanten des physikalischen Universums. Sie besuchen die Sterne. Sie entdecken verborgene Strukturen im Gewebe der Zeit und des Raums.