„Das scheint mir ein sehr vernünftiger Vorschlag, Mr. Brannhard. Ich gebe Ihnen jetzt eine gerichtliche Anordnung, Ihnen die Fuzzys zu übergeben und einen Durchsuchungsbefehl, nur um sicherzugehen. Und, glaube ich, noch eine Vormundschaftsanweisung, die Mr. Holloway zum Behüter dieser präsumptiv intelligenten Wesen bestimmt. Wie heißen sie? Oh, hier steht es ja auf der Quittung?“ Er lächelte. „Sehen Sie, Mr. O'Brien, wir ersparen Ihnen eine Menge Ärger.“
O'Brien protestierte. „Aber das hier sind doch nur der Beklagte und sein Anwalt in einem anderen Mordfall, in dem ich die Anklage vertrete“, begann er.
Pendarvis hörte plötzlich zu lächeln auf.
„Mr. O'Brien, ich bezweifle, ob man Ihnen erlauben wird, hier noch gegen irgend jemand oder irgend etwas eine Anklage zu vertreten, und ich gebe hiermit die Anweisung, Sie jeglicher Tätigkeit in Verbindung mit den Fällen Kellogg oder Holloway zu entbinden. Und wenn Sie das geringste dagegen vorzubringen haben, kommt noch ein Haftbefehl dazu.“
10.
Marshal Max Fane war ebenso schwer wie Gus Brannhard, aber erheblich kleiner. Zwischen die beiden auf dem Rücksitz des Wagens eingeklemmt, betrachtete Jack Holloway die Rücken der beiden uniformierten Deputies auf dem Vordersitz. Er lächelte. Gleich würde er seine Fuzzys zurück haben. Little Fuzzy und Ko-Ko und Mike und Mama Fuzzy und Mitzi und Cinderella; er murmelte die Namen halblaut vor sich hin und stellte sich vor, wie sie sich um ihn drängen würden, wie sie sich freuen würden, wieder bei Pappi Jack zu sein.
Der Wagen senkte sich auf die Landeplattform des Bürohauses. Ein uniformierter Beamter der Gesellschaft kam auf sie zugerannt. Gus öffnete die Tür, und Jack kletterte nach ihm hinaus.
„He, Sie können hier nicht landen!“ schrie der Beamte. „Das hier ist nur für Direktoren der Gesellschaft!“
Max Fane stieg hinter ihnen aus dem Wagen und trat vor; die beiden Deputies kletterten vom Vordersitz.
„Was Sie nicht sagen“, meinte Fane. „Mit einer Gerichtsanweisung lande ich überall. Nehmt ihn mit, Leute, sonst kommt der noch auf die blöde Idee, irgend jemand anzurufen.“
Der Mann wollte protestieren, verstummte dann aber auf einen durchdringenden Blick Fanes und ließ sich willig abführen. Vielleicht begann ihm zu dämmern, daß die Gerichtshöfe der Föderation doch noch etwas mächtiger als die Zarathustragesellschaft waren. Vielleicht glaubte er auch, es sei eine Revolution ausgebrochen.
Leonard Kelloggs — im Augenblick Ernst Mallins — Büro befand sich im ersten Stockwerk des Penthouse, von der Landeplattform nach unten gezählt. Das Vorzimmer war leer. Fane nahm seine Dienstplakette in die Hand und schob sich in das Chefbüro.
Die Sekretärin schien ihnen um ein paar Sekunden zuvorgekommen zu sein; sie stand vor dem Schreibtisch und redete aufgeregt auf Mallin ein. Mallin saß wie erstarrt hinter seinem Schreibtisch. Juan Jimenez, der mitten im Zimmer stand, schien sie als erster gesehen zu haben; jetzt blickte er sich wild nach allen Seiten um, als suchte er einen Fluchtweg.
Fane schob die Sekretärin vor sich weg und hielt Mallin die Plakette unter die Nase. Dann überreichte er ihm die Dokumente. Mallin sah ihn überrascht an.
„Aber wir bewahren diese Fuzzys für Mr. O'Brien, den Staatsanwalt, auf“, sagte er. „Wir können sie nicht ohne seine Genehmigung herausgeben.“
„Das hier ist eine Anweisung des Gerichts“, sagte Max Fane sanft. „Sie ist von Oberrichter Pendarvis unterzeichnet. Was Mr. O'Brien angeht, bezweifle ich, ob er noch Staatsanwalt ist. Offen gestanden, fürchte ich sogar, daß er sich im Gefängnis befindet, und dahin“, brüllte er plötzlich und schlug mit der Faust krachend auf den Tisch, „dahin werde ich Sie auch bringen, wenn Sie diese Fuzzys nicht augenblicklich herausrücken und sie uns übergeben!“ Wenn Fane sich plötzlich in einen Löwen verwandelt hätte, hätte das Mallin nicht mehr erschüttern können. Er zuckte unwillkürlich zurück, und seine Hände zitterten.
„Aber das kann ich nicht“, protestierte er. „Wir wissen gar nicht genau, wo sie sich im Augenblick befinden.“
„Sie wissen es nicht.“ Fane flüsterte die vier Worte geradezu. „Sie geben zu, daß Sie sie hier haben, aber Sie… wissen… nicht… wo… sie sind!“
In diesem Augenblick begann der Bildsprecher zu summen. Gus Brannhard schaltete das Gerät ein und trat schnell zur Seite. Ruth Ortheris, in ein hellblaues Kostüm gekleidet, tauchte auf dem Bildschirm auf.
„Dr. Mallin, was geht hier vor?“ wollte sie wissen. „Ich bin gerade vom Mittagessen zurückgekommen und finde in meinem Büro eine Anzahl Männer vor, die alles auf den Kopf stellen. Haben Sie die Fuzzys noch nicht gefunden?“
„Was?“ schrie Jack. Im gleichen Augenblick schrie Mallin beinahe: „Ruth! Mund halten! Schalten Sie ab und verschwinden Sie!“
Mit einer für einen Mann seines Umfanges erstaunlichen Geschwindigkeit wirbelte Fane herum und baute sich vor dem Bildschirm auf.
„Ich bin Kolonialmarshal Fane“, stellte er sich vor. Gleichzeitig zeigte er seine Amtsplakette. „Ich möchte, daß Sie sofort hierher kommen, junge Dame. Und zwingen Sie mich nicht, jemand nach Ihnen zu schicken, denn das würde mir gar nicht gefallen — und Ihnen bestimmt auch nicht.“
„Ich komme sofort, Marshal.“ Sie schaltete ab.
Fane wandte sich wieder Mallin zu. „So.“ Er sprach jetzt wieder mit ganz normalem Tonfall. „Werden Sie mir jetzt die Wahrheit sagen, oder soll ich Sie einlochen und Sie unter den Lügendetektor setzen? Wo sind diese Fuzzys?“
„Aber ich weiß es nicht!“ jammerte Mallin. „Juan, sagen Sie es ihm; Sie waren dafür verantwortlich. Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit man sie hierhergebracht hat.“
„Nun, wir haben sie hergebracht. Ich hatte ein paar Käfige herrichten lassen und…“
Ruth Ortheris trat ein. Sie wich Jacks Blick nicht aus, sondern nickte ihm einfach zu, als hätte sie ihn irgendwann einmal kennengelernt. Dann setzte sie sich.
„Was ist denn passiert, Marshal?“ fragte sie. „Warum sind Sie mit diesen Herren hier?“
„Das Gericht hat angeordnet, daß die Fuzzys wieder Mr. Holloway zurückgegeben werden.“ Mallin war völlig aus dem Häuschen. „Er hat hier irgendein Dokument, und wir wissen nicht, wo sie sind.“
„Aber das ist doch…!“ erschrak Ruth. Dann verstummte sie.
„Ich kam gegen sieben Uhr und wollte ihnen Nahrung und Wasser geben“, fuhr Jimenez fort, „aber da waren sie aus den Käfigen verschwunden. An einem Käfig war das Gitter gelockert, und der Fuzzy, der darin gewesen war, hatte sich und die anderen befreit. Sie kamen in mein Büro — sie haben dort ein Chaos hinterlassen — und gelangten dann in den Gang. Jetzt wissen wir nicht, wo sie sind. Und ich weiß auch nicht, wie sie es geschafft haben.“
„Wir möchten diese Käfige sehen“, sagte Jack.
„Mhm“, meinte Fane und ging an die Tür. „Miguel.“
Der Deputy kam herein und stieß den uniformierten Parkwächter vor sich her.
„Haben Sie gehört, was passiert ist?“ fragte Fane.
„Ja, Gefängnisrevolte der Fuzzys. Was haben sie denn gemacht — sich kleine Holzpistolen gemacht und die Wärter geblufft?“
„Mein Gott, zuzutrauen wär's ihnen. Kommen Sie mit. Unser Freund hier soll auch mitkommen, der kennt sich hier besser aus als wir. Piet, rufen Sie in der Station an. Wir brauchen noch sechs Männer. Sagen Sie Chang, er soll sich, wenn nötig, ein paar von den Konstablern ausborgen.“
„Einen Augenblick“, warf Jack ein. Er wandte sich Ruth zu. „Was wissen Sie von alledem?“
„Nun, nicht viel. Ich war hier bei Dr. Mallin, als Mr. Grego — ich meine Mr. O'Brien — anrief, um uns zu sagen, daß die Fuzzys bis zur Verhandlung hier bleiben sollten. Wir sollten einen Raum für sie herrichten. Bis der Raum fertig war, wollte Juan sie in Käfigen unterbringen. Mehr wußte ich nicht davon, bis halb zehn Uhr, als ich ankam und sah, daß hier alles drunter und drüber ging. Man sagte mir, die Fuzzys wären während der Nacht ausgebrochen. Nun — bis Mittag hatten sie sie nicht gefunden, und als ich vom Essen zurückkam, suchten sie sogar in meinem Büro herum.“