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„Man sucht also noch immer nach mir?“ fragte Corban.

„Die ganze Zivilgarde sucht nach Ihnen. Ich hätte nie gedacht, daß Sie so wichtig sind, aber der Oberste Rat scheint größten Wert darauf zu legen, Sie in die Hände zu bekommen.“

„Vielleicht wäre es das beste, wenn ich mich einfach stellen würde. Alle meine Anstrengungen führen doch zu nichts, und ich verursache Ihnen nur Ungelegenheiten, wenn nicht mehr,“

„Machen Sie sich darum keine Sorgen. Das Wichtigste ist, daß Sie nicht aufhören, immer wieder zu versuchen, die Fähigkeiten zu erlangen. Strengen Sie sich an. Wir müssen diesen Krieg ganz einfach beenden.“

„Ich weiß. Aber es ist wirklich nicht angenehm, daran zu denken, daß das Ende des Krieges davon abhängt, daß ich das…das …“

Er wollte sagen „Unmögliche“, aber die Erinnerung an Dr. Alirs plötzlichen Zornesausbruch ließ ihn im letzten Augenblick schweigen.

Nachdenklich blickte Alira Corban an. „Vielleicht gelänge es, wenn man Ihnen einen seelischen Schock versetzen könnte.“ Sie wiegte den Kopf. „Versuchen Sie jetzt weiter Phase zwei.“

Corban ging in den Garten. Er strengte seinen Willen an, bis er glaubte, der Kopf platze ihm, aber wenn er die Augen wieder öffnete, stand er noch immer auf demselben Fleck. Erschöpft gab er es schließlich auf, verließ den Garten, ging über eine Wiese und stieg auf eine kleine Anhöhe, von der aus er die ringsum liegende Ebene überblicken konnte.

Nie würde er die Fähigkeiten dieser Donirianer erwerben können, die doch den Menschen so ähnlich waren, wie er auch von hier aus entdecken konnte. Häuser, Gärten und Felder sahen fast genauso aus wie auf den Welten, die von der Menschenrasse bewohnt wurden. Wenn er nur von hier entfliehen könnte. Er wollte gerne auf der Seite seines Volkes kämpfen, auch wenn er den sicheren Tod vor Augen hätte. Dieser Tod hatte dann doch wenigstens einen Sinn.

Seufzend hob er die Augen und blickte zum Haus Dr. Alirs hinüber. Alira tauchte im Garten an der Stelle auf, an der er vor kurzem noch Phase zwei geübt hatte. Offensichtlich suchte sie nach ihm.

Zwischen dem dichten Blattwerk der Bäume war er ihren Blicken verborgen. „Ich glaube, es ist Zeit, daß ich zurückkehre“, sagte Corban laut.

Alira verschwand. Corban hatte sich eben aufgerichtet, als plötzlich Soldaten ankamen. Es war mindestens eine Kompanie, die vor dem Haus auftauchte. Instinktiv duckte er sich tiefer zwischen die Büsche.

Die Soldaten durchsuchten das Haus und dessen Umgebung. Überall tauchten sie auf. Von einer unüberwindbaren Panik gepackt, lief Corban davon, obwohl er wußte, daß er seinen Verfolgern dadurch nicht entgehen konnte. Seine einzige Hoffnung bestand darin, daß er sich versteckte und ihren Blicken verborgen blieb.

Im Laufen drehte er sich um und entdeckte die ersten Soldaten bereits am Waldrand. Jetzt blieb ihm keine andere Wahl, als auf den nächsten Baum zu steigen. Schon damals bei der Blockhütte hatten ihn die Verfolger nicht entdeckt. Vielleicht konnte er ihnen auch hier auf diese Weise entgehen. Kurzentschlossen kletterte er in einen dichtbelaubten Baum hinauf. Auf einem dicken Ast machte er es sich so bequem wie möglich und wartete ab.

Systematisch durchsuchten die Soldaten den Wald. Laut knackten Zweige unter ihren Tritten. Wild pochte Corbans Herz, so daß er meinte, es müsse ihm die Brust sprengen. Zum zweiten Male gingen sie unter seinem Baum vorbei. Corban glaubte sich bereits sicher und umklammerte fest den Ast, auf dem er saß. Plötzlich jedoch drehte sich einer der Soldaten um und blickte zu ihm hinauf.

Verständnisloses Staunen zeigte sich einen Augenblick lang auf dem Gesicht des Soldaten. Gleichzeitig drehten sich auch die übrigen um und starrten zu ihm hinauf. Im Nu wimmelte es unter dem Baum von Donirianern, die ihre Waffen auf ihn gerichtet hielten.

„Es ist aus“, dachte Corban stumpf.

Eine unsichtbare Kraft zerrte und rüttelte an ihm und schien ihn von seinem Sitzplatz herunterreißen zu wollen. Mit aller Kraft umspannte er den Ast. Seine Knöchel wurden weiß. Blut sickerte hervor an den Stellen, wo die Hände in scharfe Kanten der Rinde griffen. „Telekinese“, stöhnte er. „Sie versuchen, mich herunterzureißen.“

Dann ließ der Sog langsam nach. Ein Soldat trat vor und ging auf den Baumstamm zu. Er hob eine Waffe. Corban blickte in eine dunkle Gewehrmündung. Langsam und umsichtig zielte der Soldat.

„Vielleicht ist es so am besten“, überlegte Corban. „Nie könnte ich lange genug leben, um all das Übel gutzumachen, das ich verursacht habe.“

Es blieb ihm nur die Frage, weshalb er überhaupt gelebt hatte. Er hatte aber auch nichts vollbracht, was erwähnenswert gewesen wäre. Die glückliche Zeit, die er verlobt hatte, lag bereits Lichtjahre entfernt und war seiner Erinnerung beinahe entschwunden. Lebhaft standen vor seinem inneren Auge nur noch die Qualen, die er im Irrenhaus durchgemacht hatte. Hatte er unter diesen Übermenschen eigentlich überhaupt Ruhe und Frieden gefunden?

Ja, dachte er. Es gab Augenblicke des Friedens. Wie schön war es doch gewesen, als er in der kleinen Baumgruppe auf dem Hügelkamm im Raxtinu gesessen hatte und Dr. Alir neben ihm durch das Fernglas die Vögel beobachtete. Damals hatte er sich für unglücklich gehalten, für ein Opfer einer unerreichbaren Liebe, derer sich zu erfreuen er keine Ursache hatte. Damals aber hatte es noch keinen Krieg gegeben, der seine Gedanken belastet hätte. Damals quälte ihn nicht in den Nächten brennendes Schuldgefühl, das ihm den Schlaf geraubt hätte. In jener Zeit hatte es für ihn wirklichen Frieden, wenn nicht gar Zufriedenheit gegeben, und wenn er eine Seele besaß, die er hätte einhandeln können, dann hätte er sie freudig dafür hingegeben, nochmals einen einzigen Augenblick lang jene Zeit zurückkehren zu lassen. Die riesigen Bäume mit den großen Blättern, die flatternden, bunten Vögel, das Plätschern des Wassers…

Der Soldat schien ihn endlich genau im Ziel zu haben. Corban, dessen Gedanken im Wäldchen in Raxtinu weilten, blickte geistesabwesend hinab und sah bläuliches Feuer aufblitzen.

18. Kapitel

Sein erster Gedanke war, daß er gefallen sein müsse. Er lag auf dem Boden und blickte zu den Ästen hinauf, die sich hoch über ihm wölbten und in einer leichten Brise schwankten. Er verspürte eine Benommenheit, die nahe an Übelkeit grenzte. Deshalb war er froh, daß er einen Augenblick lang ruhig liegenbleiben und die Muskeln spannen konnte, um zu prüfen, ob er verletzt war. Ein Vogel geriet in sein Blickfeld. Wie ein winziger Blitz verschwand er. In der Nähe klang ein Geräusch auf, dessen Ursache er nicht erriet.

„Die Soldaten“, dachte er plötzlich. Er grub die Finger in die duftende Erde und richtete sich langsam in sitzende Stellung auf. Es dauerte einige Minuten, bis er aufstehen konnte. Dann drehte er sich in Richtung des seltsamen Geräusches und fand einen kleinen, rauschenden Bach. Corban lehnte sich an einen Baumstamm und klammerte sich hilflos daran fest. „Ich saß doch in einem Baum“, sagte er, „und ein Soldat hat auf mich geschossen. Ich war dort droben …“

Er blickte zu dem Baum hinauf, stutzte und begriff allmählich, daß er nicht von einem dieser Bäume herabgeklettert war. Sie waren größer und dicker, und ihre Blätter waren breiter. Hier gab es auch kein Unterholz.

Taumelnd ging er weg, gelangte schließlich an den Waldrand und blieb dort stehen. Vor ihm fiel das Gelände langsam ab, und unter ihm lagen in runden Flächen große Getreidefelder. In der Ferne war ein Gebäudeblock zu sehen, und zur Linken verlief entlang einer gewundenen Straße eine Bodensenke.

„Das Raxtinu!“ stieß er überrascht aus. Hastig kehrte er in das Wäldchen zurück und setzte sich schwankend an den Rand des Baches. „Ich saß auf einem Baum“, überlegte er langsam, „und der Soldat schoß auf mich.“ Er untersuchte seinen Körper nach Wunden, fand aber keine. „Ich muß gestürzt sein, habe mich aber nicht verletzt, und dann haben sie mich hierhergebracht.“ Verwundert sah er sich um. „Aber weshalb haben sie mich denn hierhergebracht?“