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Sir Roger de Tourneville, ohne Rüstung, aber mit einem Schwert an der Hüfte, führte die Reiter an. Er schrie und schlug mit seiner Lanze um sich. Er und Red John schafften es irgendwie, das Pack in eine Art Schlachtordnung zu zwingen. Sie waren kaum damit fer­tig, als das große Schiff landete.

Es sank tief in die weiche Erde ein; sein Gewicht war ungeheuer, und ich wußte nicht, was es so leicht durch die Lüfte getragen hatte. Ich sah, daß es völlig umschlos­sen war. Eine glatte Schale ohne Hinterdeck oder Vorder­kastell. Nicht, daß ich mit Rudern gerechnet hätte, aber etwas in mir fragte sich (ohne auf das wilde Pochen mei­nes Herzens zu achten), weshalb es keine Segel hatte. Aber Türme entdeckte ich, aus denen Rohre ragten wie die von Bombarden.

Plötzlich herrschte Schweigen. Sir Roger schob sein Pferd neben mich, wie ich so mit klappernden Zähnen dastand. »Du bist ein gelehrter Kleriker, Bruder Parvus«, sagte er ruhig, obwohl seine Nase ganz weiß und sein Haar vom Schweiß feucht war. »Was hältst du davon?«

»Wahrhaft, ich weiß es nicht, Sire«, stammelte ich. »Die alten Geschichten berichten von Zauberern — wie Merlin  —, die durch die Luft fliegen.«

»Könnte es göttlich sein?« Er bekreuzigte sich.

»Es kommt mir nicht zu, solches zu entscheiden.« Ich blickte furchtsam himmelwärts. »Doch ich sehe keinen Engelschor.«

Ein halblautes Klirren kam aus dem Schiff, übertönt von einem Stöhnen der Furcht, als sich eine kreisförmige Tür zu öffnen begann. Aber alle blieben stehen — weil sie Engländer waren oder einfach deshalb, weil sie zuviel Angst hatten, um fortzulaufen.

Ich entdeckte, daß die Tür von doppelter Art war, mit einer Kammer dazwischen. Eine Rampe aus Metall schob sich vor, wie eine Zunge, drei Ellen abwärts, bis sie die Erde berührte. Ich hob mein Kruzifix, und von meinen Lippen flossen Aves wie Hagel.

Einer aus der Mannschaft trat vor. Großer Gott, wie soll ich den Schrecken jenes ersten Anblicks beschreiben? Wahrhaftig, schrillte meine Furcht, dies war ein Dämon aus den tiefsten Tiefen der Hölle.

Er war vielleicht fünf Fuß groß, sehr breit und kräftig und in eine Tunika von silbernem Glanz bekleidet. Seine Haut war haarlos und von tiefem Blau. Er hatte einen kurzen, dicken Schwanz. Seine Ohren zu beiden Seiten seines runden Kopfes waren lang und spitz, und aus einem stumpfschnauzigen Gesicht funkelten schmale, bernsteinfarbene Augen, aber er hatte eine hohe Stirn.

Jemand fing zu schreien an.

Red John hob seinen Bogen.

»Stille dort!« brüllte er. »Zum Teufel, den ersten Mann, der sich bewegt, töte ich!«

Ich fand, daß dies nicht die Zeit für lästerliche Reden war. Indem ich mein Kreuz noch höher hob, zwang ich meine schlaffen Beine, mich ein paar Schritte weiter nach vorne zu tragen, wobei ich eine Exorzismusformel mur­melte. Ich war sicher, sie würde nichts verhelfen; das Ende der Welt war über uns.

Wenn der Dämon nur stehengeblieben wäre, dann hät­ten sich bald unsere Ränge gelöst, und wir wären geflo­hen. Aber er hob ein Rohr, das er in der Hand hielt. Eine Flamme schoß aus ihm, blendend weiß. Ich hörte es in der Luft knistern und sah, wie ein Mann ganz in meiner Nähe getroffen wurde. Er fiel tot zu Boden, die Brust ver­brannt.

Drei weitere Dämonen traten hervor.

Soldaten sind dazu ausgebildet zu reagieren und nicht nachzudenken, wenn solche Dinge geschehen. Der Bogen von Red John sang. Der vorderste Dämon taumelte von der Rampe, durchbohrt von einem Pfeil. Ich sah ihn Blut husten und sterben. Und als hätte der eine Schuß hundert andere ausgelöst, war der Himmel plötzlich grau von pfeifenden Pfeilen. Die drei anderen Dämonen brachen zusammen, so dick mit Pfeilen gespickt, als wären sie Zielscheiben.

»Man kann sie töten!« brüllte Sir Roger. »Lob dem Herrn! Sankt Georg, für England!« Und er gab seinem Pferd die Sporen und preschte die Ra mpe hinauf.

Er heißt, die Furcht könne unnatürlichen Mut erzeu­gen. Mit einem wilden Schrei rannte die ganze Armee hinter ihm her. Ich muß gestehen, auch ich heulte und rannte ins Schiff.

Ich habe nur eine schwache Erinnerung an jenen Kampf, der durch alle Räume und Korridore wütete und tobte. Irgendwo, von irgend jemanden, bekam ich eine Streitaxt. Ich bewahre in mir den verwirrten Eindruck, auf böse, blaue Gesichter einzuschlagen, die sich mir ent­gegenhoben, die Zähne fletschten, erinnere mich daran, wie ich im Blut ausglitt und mich erhob, um erneut zuzu­schlagen. Sir Roger konnte die Schlacht nicht lenken. Seine Männer rannten ungezügelt. Im Wissen, daß man die Dämonen töten konnte, war ihr einziger Gedanke der, zu töten und es hinter sich zu bringen.

Die Mannschaft des Schiffes zählte etwa hundert, aber nur wenige trugen Waffen. Später fanden wir alle mög­lichen Gerätschaften in den Laderäumen, aber die Invaso­ren hatten sich darauf verlassen, Panik zu erzeugen. Da sie die Engländer nicht kannten, hatten sie nicht mit Schwierigkeiten gerechnet. Die Artillerie des Schiffs war zum Einsatz bereit, aber sobald wir im Schiffsinneren waren, wertlos.

In weniger als einer Stunde hatten wir sie alle erjagt.

Als ich durch die Überreste des Gemetzels ins Freie watete, weinte ich vor Freude, weil ich wieder das geseg­nete Licht der Sonne auf der Haut verspürte.

Sir Roger beriet sich mit seinen Hauptleuten, um unsere Verluste festzustellen, die insgesamt nicht mehr als fünfzehn Mann betrugen. Während ich vor Erschöpfung zitternd dastand, kam Red John Hameward heraus. Er hatte sich einen Dämon über die Schulter geworfen.

Jetzt warf er das Geschöpf Sir Roger vor die Füße. »Den da habe ich mit der bloßen Faust gefällt, Sire«, keuchte er. »Ich dachte. Ihr würdet einen eine Weile am Leben lassen wollen, um ihn zu befragen. Oder sollte ich kein Risiko eingehen und ihm schon jetzt den häßlichen Kopf abschneiden?«

Sir Roger überlegte. Er war jetzt wieder ganz ruhig; keiner von uns hatte die Ungeheuerlichkeit dessen, was wir erlebt hatten, schon ganz erfaßt. Ein grimmiges Lächeln spielte um seine Lippen. Er antwortete in Eng­lisch, das er ebenso fließend beherrschte wie das Franzö­sische der Adeligen, dem er gewöhnlich den Vorzug gab.

»Wenn dies Dämonen sind«, meinte er, »dann sind es armselige Dämonen, denn sie ließen sich ebenso leicht erschlagen wie Menschen. Leichter sogar, fürwahr. Sie verstanden weniger vom Nahkampf als meine kleine Tochter. Viel weniger, denn sie hat mich schon häufig in die Nase gezwickt. Ich glaube, man wird diesen kleinen Burschen mit Ketten fesseln können, wie Bruder Parvus?«

»Ja, Mylord«, meinte ich. »Wenn es auch besser wäre, ein paar Heiligenreliquien und die Hostie in der Nähe zu halten.«

»Nun, dann bring ihn in die Abtei und sieh zu, was ihr aus ihm herausquetschen könnt. Ich werde eine Wache mitschicken. Komm heute abend zum Essen.«

»Sire«, meinte ich mit schwachem Tadel, »wir sollten eine große Dankmesse abhalten, ehe wir etwas anderes tun.«

»Ja, ja«, sagte er ungeduldig. »Sprich mit deinem Abt darüber. Tut, was euch am besten erscheint. Aber kommt zum Essen und sagt mir, was ihr erfahren habt.«

Er sah das Schiff an, und seine Augen wurden nach­denklich.

KAPITEL 2

Ich kam wie befohlen, mit Billigung meines Abtes, der erkannte, daß die geistlichen und weltlichen Kräfte gemeinsam handeln mußten. Das Dorf war seltsam still, als ich mir meinen Weg durch die Straßen der Abend­dämmerung bahnte. Die Leute waren in der Kirche oder hinter ihren Türen. Aus dem Lager der Soldaten konnte ich eine weitere Messe hören. Das Schiff brütete wie ein Berg über unseren winzigen Werken.

Aber ich glaube, daß wir uns beherzt fühlten, viel­leicht sogar ein wenig trunken ob unseres Erfolgs über Mächte, die nicht von dieser Erde waren. Der selbstgefäl­lige Schluß schien unausweichlich, daß Gott unser Tun billigte.

Dreifache Wachen ließen mich das Tor passieren, und ich begab mich direkt in die große Halle. Ansby Castle war ein altes Normannenbauwerk: finster anzusehen, kalt zu bewohnen. Die Halle war bereits dunkel, erhellt von Kerzen und einem hochlodernden Feuer, das Waffen und Wandteppiche mit unruhigen Schatten überzog. Am Tisch saßen Edelleute und die wichtigeren Gemeinen aus Ort und Heer. Ein Stimmengewirr herrschte, Bedienstete huschten herum, und unter den Tischen lagen die Hunde.