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Wenngleich ich ganz und gar nicht traurig gewesen wäre, hätte er dies getan.

Ich bekreuzigte mich und setzte mich. Seine gelben Augen funkelten mich an. Ich hatte Papier, Tinte und Federkiele mitgebracht, um mein bescheidenes Zeichen­talent einzusetzen. Ich skizzierte einen Menschen und sagte: »Homo«, denn es schien mir weiser, ihn Latein zu lehren, als eine Sprache zu benutzen, die sich auf eine ein­zige Nation beschränkte. Dann zeichnete ich einen weite­ren Menschen und zeigte ihm, daß die zwei homines genannt wurden. So ging es weiter, und er erwies sich als gelehrig.

Nach einer Weile bedeutete er mir, daß er Papier zu haben wünsche, und ich gab es ihm. Er selbst zeichnete recht geschickt und erklärte mir, sein Name sei Branithar und seine Rasse werde Wersgorix genannt.

Ich konnte diese Begriffe in keiner Dämonologie ent­decken. Aber von nun an überließ ich es ihm, unsere Stu­dien zu lenken, denn seine Rasse hatte aus dem Erlernen neuer Sprachen eine Wissenschaft gemacht, und so kamen wir schnell vorwärts.

Ich arbeitete viele lange Stunden mit ihm und sah in den nächsten paar Tagen nur wenig von der Welt drau­ßen. Sir Roger hielt seinen Besitz von der Außenwelt abgeschlossen. Ich glaube, seine größte Angst war es, irgendein Herzog oder Fürst könnte das Schiff für sich mit Beschlag belegen. Der Baron verbrachte mit den Küh­neren unter seinen Männern viel Zeit an Bord des Schiffes und versuchte, all die Wunder zu ergründen, die er ent­deckte.

Binnen kurzem war Branithar imstande, sich über die Diät aus Wasser und Brot zu beklagen, die wir ihm boten, und er drohte Rache.

Ich hatte immer noch Angst vor ihm, ließ mir aber nichts anmerken. Natürlich war unser Gespräch viel langsamer, als ich es hier wiedergebe, und enthielt viele Pausen, in denen wir nach Worten suchten.

»Du hast dir das selbst zuzuschreiben«, erklärte ich ihm. »Ihr hättet klüger sein müssen, als Christen ohne Grund anzugreifen.«

»Was sind Christen?« fragte er.

Verblüfft dachte ich, er spielte diese Ignoranz nur. Um das zu ergründen, führte ich ihn durch das Paternoster. Aber er löste sich nicht in Rauch auf, was mich ver­blüffte.

»Ich glaube, ich verstehe«, sagte er. »Du meinst damit irgendein primitives Stammespantheon.«

»Es ist nichts so Heidnisches!« sagte ich indigniert. Ich begann, ihm die Dreifaltigkeit zu erklären, aber ich war kaum zur Transsubstantiation gelangt, als er eine unge­duldige Bewegung mit seiner blauen Hand machte. Sie glich einer menschlichen Hand, sah man einmal von den dicken, scharfen Nägeln ab.

»Unwichtig«, sagte er. »Sind alle Christen so wild wie deine Leute?«

»Bei den Franzosen hättet ihr mehr Glück gehabt«, räumte ich ein. »Euer Unglück war es, unter Engländern zu landen.«

»Ein starrköpfiges Volk«, nickte er. »Das wird euch teuer zu stehen kommen. Aber wenn du mich sofort frei­läßt, werde ich versuchen, das Strafgericht zu mildem, das über euch hereinbrechen wird.«

Die Zunge drohte mir im Mund zu erstarren, aber ich löste sie und forderte ihn kühl auf, dies näher zu erläu­tern. Woher er kam und was seine Absichten seien?

Das brauchte ziemlich lange, bis er es erklären konnte, weil die Begriffe selbst fremd waren. Ich war überzeugt, daß er log, aber zumindest lernte er dabei mehr Latein.

Zwei Wochen nach der Landung erschien Sir Owain Montbelle in der Abtei und verlangte eine Audienz mit mir. Ich empfing ihn im Klostergarten, wo wir eine Bank fanden und uns setzten.

Dieser Owain war der jüngste Sohn eines Duodezba­ron in den Märchen, aus dessen zweiter Ehe mit einer Frau aus Wales. Ich möchte sagen, daß der uralte Konflikt zweier Nationen seltsam in seiner Brust loderte, aber da war auch der gälische Charme. Am Königshof zuerst zum Pagen und später zum Junker eines großen Ritters gemacht, hatte der junge Owain das Herz seines Herrn gewonnen und war mit allen Privilegien eines viel höhe­ren Ranges erzogen worden. Er war weitgereist, war zu einem Troubadour von einigem Ansehen geworden, hatte den Ritterschlag erhalten — und da war er plötzlich, ohne einen Heller.

In der Hoffnung, sein Glück zu machen, war er nach Ansby gewandert, um sich den freien Kriegern anzu­schließen. Obwohl ein tapferer Mann, sah er für den Geschmack der meisten zu gut aus, und es hieß, daß kein Ehemann sich wohl fühlte, wenn er um die Wege war. Das stimmte nicht ganz, denn Sir Roger hatte an dem jun­gen Mann Gefallen gefunden, bewunderte seine Urteils — kraft wie seine Erziehung und war glücklich, daß Lady Catherine endlich jemanden hatte, mit dem sie über die Dinge sprechen konnte, die sie am meisten interessierten.

»Ich komme von meinem Herrn, Bruder Parvus«, begann Sir Owain. »Er begehrt zu wissen, wie lange du noch brauchen wirst, um dieses Tier zu zähmen.«

»Oh. er spricht jetzt ganz flüssig«, antwortete ich. »Aber er hält mit solcher Hartnäckigkeit an eindeutigen Irrtümern fest, daß ich es bis jetzt noch nicht für der Mühe wert gehalten habe zu berichten.«

»Sir Roger wird höchst ungeduldig, und die Männer sind kaum mehr zu halten. Sie essen ihn um Haus und Hof, und es vergeht kaum eine Nacht ohne eine Prügelei oder einen Mord. Wir müssen bald aufbrechen — oder überhaupt nicht mehr.«

»Dann bitte ich Euch, nicht zu gehen«, sagte ich. »Nicht in jenem Schiff, das aus der Hölle stammt.« Ich konnte hinter den Mauern der Abtei den atemberaubend hohen Turm sehen, um dessen Nase tiefhängende Wolken krei­sten. Er erschreckte mich.

»Nun«, herrschte Sir Owain mich an. »Was hat das Monstrum dir gesagt?«

»Er besitzt die Unverschämtheit zu behaupten, er käme nicht von unten, sondern von oben, vom Himmel selbst!«

»Er… ein Engel?«

»Nein. Er behauptet, er sei weder Engel noch Dämon, sondern ein Angehöriger einer anderen sterblichen Rasse.«

Sir Owain strich sich mit der Hand über das glatt­rasierte Kinn.

»Das könnte sein«, sinnierte er. »Schließlich, wenn es Einhörner und Zentauren und andere monströse Geschöpfe gibt, weshalb dann nicht diese untersetzten Blauhäuter?«

»Ich weiß. Es wäre vernünftig genug, behauptete er nicht, im Himmel zu wohnen.«

»Sag mir ganz genau, was er gesagt hat.«

»Wie Ihr wünscht, Sir Owain, aber erinnert Euch, daß diese Ketzereien nicht die meinen sind. Dieser Branithar besteht darauf, daß die Erde nicht flach sei, sondern eine Sphäre, die im Weltraum hängt. Wahrhaftig, er geht sogar noch weiter und behauptet, die Erde bewege sich um die Sonne! Einige der gelehrten Alten hatten eine ähn­liche Meinung, aber ich kann einfach nicht verstehen, was die Ozeane dann davon abhalten würde, sich in den Weltraum zu ergießen oder...«

»Bitte, erzähle weiter, Bruder Parvus.«

»Nun, Branithar sagt, die Sterne seien Sonnen wie die unsrige, nur sehr weit entfernt, und sie hätten Welten, die um sie kreisten so wie unsere eigene. Nicht einmal die Griechen hätten soviel Absurdes geschluckt. Für was für dumme Bauernlümmeln hält uns dieses Geschöpf eigent­lich? Aber wie dem auch sein mag, Branithar behauptet, sein Volk, die Wersgorix, kämen von einer jener anderen Welten, von denen eine unserer Erde sehr ähnlich ist. Er brüstet sich ihrer Hexenkunst — «

»Soviel ist nicht gelogen«, sagte Sir Owain. »Wir haben einige jener Handwaffen ausprobiert. Wir haben drei Häuser niedergebrannt, ein Schwein und einen Sklaven, ehe wir lernten, wie man sie unter Kontrolle hält.«

Ich schluckte, fuhr aber fort: »Diese Wersgorix haben Schiffe, die zwischen den Sternen fliegen können. Sie haben viele Welten besiegt. Ihre Methode besteht darin, alle rückständigen Eingeborenen, die sie etwa auffinden, zu unterdrücken oder zu vernichten. Und dann besiedeln sie die ganze Welt, und jeder Wersgor nimmt sich Hunderttausende von Morgen. Ihre Zahl wächst so schnell, und es ist ihnen so zuwider, eng bei­einander zu leben, daß sie stets neue Welten suchen müssen.