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Ein Schauder rann durch Baines Körper, und er musste an Etriggs Reaktion auf seine Frage vorhin denken. Schon, als der Befehl an die Anführer der Horde ergangen war, sich in Orgrimmar zu versammeln, hatte er geahnt, was Garrosh ihnen allen sagen wollte, aber er hatte gehofft, dass er sich irrte.

Der Orc sprach weiter: „Wir müssen unser Schicksal erfüllen. Und es gibt ein Hindernis auf dem Weg zu diesem Schicksal – eines, das wir unter unseren Füßen zermalmen sollten wie das unbedeutende Insekt, das diese Gefahr in Wahrheit darstellt. Die Würmer der Allianz begnügen sich nicht länger damit, die Östlichen Königreiche in ihrem Würgegriff zu halten. Viel zu lange – denn auch nur ein Moment wäre schon zu lange! – haben sie sich in unsere Lande hineingegraben, in unser Territorium. Nach Kalimdor.“

Baine schloss einen Moment lang gequält die Augen.

„Stück für Stück stehlen sie uns unsere Bodenschätze, und ihre bloße Anwesenheit beschmutzt unsere Erde! Sie wollen uns verkrüppeln, verhindern, dass wir wachsen und uns zu den Höhen aufschwingen, von denen ich weiß – mit absoluter Sicherheit weiß –, dass wir sie erreichen können! Denn mit ganzem Herzen glaube ich, dass es nicht unser Schicksal ist, auf unseren Knien herumzurutschen und die Allianz um einen Frieden anzubetteln. Es ist unser Recht, dieses Land Kalimdor zu bewohnen und zu beherrschen. Es gehört uns, und als solches werden wir es zurückfordern!“

Garroshs Orcs brüllten zustimmend. Das heißt, zumindest die meisten, die, die bei den Kor’kron und dem Schwarzfelsorc standen. Einige andere murmelten jedoch nur leise vor sich hin. Viele Mitglieder der Horde folgten dem Beispiel der Kor’kron, wobei einige voller Überzeugung skandierten, während andere deutlich weniger Enthusiasmus an den Tag legten, wie Baine auffiel. Er selbst blieb ruhig sitzen. Ein paar seiner Tauren applaudierten und stampften mit ihren Hufen auf den Boden – ihr Volk war von den jüngsten Veränderungen nicht verschont geblieben. Die Allianz hatte sich von der Feste Nordwacht aus vorgearbeitet, angetrieben von falschen Nachrichten, wonach die Tauren einen Angriff planten, und dann hatten sie Camp Taurajo dem Erdboden gleichgemacht. Die einzigen Einwohner, die das Dorf jetzt noch aufwies, waren Plünderer. Viele Tauren waren bei dem Angriff gestorben, andere waren zur Vendettakuppe geflohen, von wo aus sie sporadische Angriffe auf die Späher der Feste Nordwacht starteten, und wieder andere hatten sich im Camp Una’fe in Sicherheit gebracht, ihrer „Zufluchtsstätte.“

Bei seiner Reaktion auf diese Aggression hatte Baine den Schwerpunkt darauf gelegt, sein Volk zu schützen. Die Straße nach Mulgore war einst offen gewesen; nun hatten sie das Große Tor, wie sie es nannten, geschlossen, um jede Möglichkeit für einen groß angelegten Vorstoß der Allianz im Keim zu ersticken. Die meisten Tauren waren damit zufrieden, dass man dieses Tor gebaut hatte; es dürstete sie nicht nach Rache. Ein paar andere wollten den Angriff nicht einfach so vergessen. Baine konnte ihnen keinen Vorwurf machen. Er herrschte nicht mit eiserner Hand über sein Volk; die Tauren folgten ihm aus eigenem Willen und voller Zuneigung – und vermutlich nicht zuletzt auch aus Respekt vor seinem Vater. Dennoch waren sie ihm gegenüber offen, und jeder, der mit Baines Entscheidung nicht einverstanden war, so wie Grimmtotem, oder sich entschloss, die Allianz von der Vendettakuppe auf eigene Faust anzugreifen, wurde zwar aus Donnerfels verbannt, musste darüber hinaus aber keine Bestrafung fürchten.

Seine Gedanken richteten sich wieder auf das Hier und Jetzt, als der Jubel leiser wurde und Garrosh mit seiner Rede fortfuhr.

„Darum beabsichtige ich, die Horde auf eine Mission zu führen, die uns auf unseren rechtmäßig vorbestimmten Pfad zurückbringen wird.“ Er hielt inne und ließ seinen Blick über das Meer aus Gesichtern schweifen, um den Augenblick in die Länge zu ziehen. „Unser erstes Ziel wird die Feste Nordwacht sein. Wir werden sie bis auf die Grundmauern niederbrennen. Und nachdem wir dieses Gebiet als unser Land zurückgefordert haben, werden wir uns dem nächsten Schritt zuwenden – Theramore!“

Baine konnte sich nicht erinnern, von seinem Stuhl hochgefahren zu sein, aber plötzlich stand er auf seinen Hufen – und er war nicht der Einzige. Natürlich erfüllte Jubel die Luft, doch kurz darauf folgten protestierende Rufe.

„Kriegshäuptling! Lady Jaina ist zu mächtig!“, schrie jemand. Es klang wie einer der Verlassenen. „Sie hat sich die ganze Zeit über zurückgehalten. Doch provoziert Ihr sie jetzt, dann bedeutet das Krieg – einen Krieg, auf den wir nicht vorbereitet sind!“

„Mehr als einmal hatte sie Gelegenheit, uns durch Gewalt oder Betrug zu schwächen, doch stets hat sie sich gerecht verhalten!“, donnerte Baine. „Ihre diplomatischen Bemühungen und ihre Entscheidung, mit Kriegshäuptling Thrall zusammenzuarbeiten, haben zahllose Leben gerettet! Ohne Grund in ihr Reich einzufallen, das mehrt ganz sicher nicht die Ehre der Horde, und ein närrisches Unterfangen wäre es obendrein!“

Viele der Anwesenden murmelten zustimmend. Andere Anführer der Allianz waren ihnen verhasst, aber Lady Jaina genoss in Teilen der Horde großen Respekt. Es machte Baine Mut, als er dieses Murmeln hörte. Garroshs nächste Worte schleuderten ihn jedoch in den Sog der Verzweiflung zurück.

„Zunächst einmal“, schnappte Garrosh, „hat Thrall mir die Führung der Horde übertragen. Was auch immer er getan oder nicht getan hat, jetzt ist es bedeutungslos. Von nun an zählen allein meine Entscheidungen. Ich bin der Kriegshäuptling, dem ihr alle Treue geschworen habt, und diejenigen unter euch, die meinen Plan jetzt schon ablehnen, wissen noch nicht einmal, worum es dabei wirklich geht. Also schweigt und hört zu!“

Das Stimmengewirr verebbte, aber nicht all jene, die von ihren Stühlen aufgesprungen waren, setzten sich wieder hin.

„Ihr reagiert so, als wäre die Eroberung von Theramore das Ziel unserer Mission. Doch lasst mich euch sagen, das ist nur der Anfang! Ich spreche nicht nur von der Vernichtung der menschlichen Siedlungen in Kalimdor, sondern auch, und zwar noch vehementer, von der Vertreibung der Nachtelfen. Sollen sie doch in die Östlichen Königreiche fliehen, während wir ihre Städte zerstören und uns ihre Vorräte nehmen!“

„Sie alle vertreib’n?“, fragte Vol’jin verwirrt. „Sie leb’n schon länger hier als wir. Und wenn wir so etwas versuch’n, wird sich die Allianz auf uns stürz’n wie die Bienen auf den Honig! Ihr würdet ihnen nur den Vorwand biet’n, den sie brauch’n!“

Langsam wandte sich Garrosh zum Anführer der Dunkelspeertrolle herum, und Baine erschauderte innerlich. Vol’jin hatte nach dem Tod von Cairne zu Garroshs lautesten Kritikern gehört, und zu sagen, dass die beiden nicht viel füreinander übrig hatten, wäre eine Untertreibung gewesen. Garrosh hatte die Dunkelspeertrolle in die Elendsviertel von Orgrimmar gezwungen, und in seinem Zorn über diese Schmähung hatte Vol’jin seinen Leuten befohlen, Orgrimmar ganz zu verlassen. Heute kam der Anführer der Trolle nur noch dann in die Stadt, wenn man es ihm befahl.

„Das Hin und Her in Eschental dauert nun schon beinahe seit dem Tag an, als wir in diese Welt kamen. Es macht mich krank“, grollte Garrosh. Baine wusste, dass der Orc noch immer nicht über die letzte Niederlage hinweg war, die ihm Varian Wrynn dort beigebracht hatte. „Und was mich mit noch mehr Übelkeit erfüllt, ist unsere eigene Unfähigkeit, zu erkennen, was wir tun können und tun müssen. Die Nachtelfen behaupten, sie wären barmherzig und weise, und doch ermorden sie unsere Brüder, bloß weil sie auf der Suche nach lebensspendendem Schutz ein paar Bäume fällen! Die Nachtelfen haben lange genug hier gelebt. In Zukunft soll man sie in diesen Landen nur noch als böse Erinnerungen kennen. Die Zeit ist gekommen, da die Horde über diesen Kontinent herrscht! Also lasst uns herrschen! Aus diesem Grund ist Theramore auch so wichtig, seht ihr das denn nicht?“ Er starrte die Mitglieder der Horde an, als wären sie kleine Kinder. „Wir zermalmen Theramore, und falls die Allianz Verstärkung aus dem Süden schickt, drängen wir sie zurück. Und dann … bekommen die Nachtelfen, was sie verdienen.“