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»Oh, hübsche Beine«, sagte die Dritte. »Hübscher Körper

»Danke«, antwortete Swan, während die anderen beiden seufzten. Die Weibliche rief: »Nein, das darf man nicht sagen, manche Leute fühlen sich von Kommentaren über die ästhetische Wirkung ihrer Körper auf andere Personen unangenehm berührt!«

»Ich nicht«, sagte Swan hilfsbereit.

»Na schön, dann ist es ja gut«, sagte die Weibliche.

»Ich wollte nur höflich sein«, sagte die Dritte.

»Du warst direkt. Du hattest keine Ahnung, ob deine Worte auch höflich sein würden.«

»Es war bloß ein Kompliment. Es gibt keinen Anlass zu übertriebener Spitzfindigkeit. Wenn man Grenzen überschreitet, gehen die Leute einfach davon aus, dass man die Protokolle ihrer Kultur nicht kennt, es aber trotzdem gut meint.«

»Menschen tun das, aber woher weißt du, dass diese Person hier nicht ein Simulacrum ist, das man hergeschickt hat, um uns auf die Probe zu stellen?«

Und dann lachten sie, bis sie kaum noch Luft bekamen, und spritzten einander dabei nass. Swan spritzte ein Weilchen mit, setzte sich dann ins Wasser und schlängelte sich wie ein Otter zwischen den anderen hindurch. Dann zog sie das Dritte an sich und küsste es auf den Mund. Das geschlechtlich unbestimmte Wesen erwiderte den Kuss für eine Sekunde und zog sich dann zurück. »He, was soll das! Ich glaube nicht, dass ich dich gut genug für so etwas kenne!«

»Na und? Hat es dir etwa nicht gefallen?« Swan küsste es erneut, folgte ihm, wenn es sich wegdrehte, und spürte, wie überrascht seine Zunge von der Berührung mit einer anderen Zunge war.

Das Unbestimmte riss sich los und rief: »He! He! He! Aufhören!«

Die Weibliche war inzwischen aufgestanden und hatte sich ihnen genähert, als wollte sie eingreifen. Swan drehte sich um und schubste sie, sodass sie hart ins seichte Wasser klatschte. »Was machst du da!«, rief das Mädchen ängstlich, und Swan gab ihm mit der linken Faust eins auf den Mund. Der Kopf des Mädchens ruckte zurück, und es fing an, aus dem Mund zu bluten. Mit einem Aufschrei eilte es davon. Die beiden Unbestimmten traten spritzend zwischen Swan und das Mädchen, um es von ihr abzuschirmen, und schrien sie an, dass sie verschwinden sollte. Als Swan jedoch die Fäuste hob und wie ein Wolf heulend auf sie einprügelte, wichen sie verblüfft und entsetzt vor ihr zurück. Swan setzte ihnen nicht weiter nach, und als die drei aus dem Becken geklettert waren, kauerten sie sich aneinander und schauten zu ihr zurück. Das Verletzte hielt sich den Mund. Rotes Blut.

Swan stemmte die Hände in die Hüften und schaute sie an. »Ziemlich interessant«, sagte sie, »aber ich lasse mich nicht gerne an der Nase herumführen.« Sie watete durchs Wasser zu ihren Kleidern.

Anschließend ging sie entlang der Zylinderwand zurück, schaute sich eine Wildpferdherde an und küsste ihre wunden Fingerknöchel, während sie über die ganze Sache nachdachte. Sie war sich nicht sicher, mit was für Wesen sie den Tag verbracht hatte. Das war seltsam.

Als sie zu den Jurten auf dem Hügel zurückkehrte, wartete sie, bis Genette und sie mal wieder als Letzte auf waren, und sagte dann: »Ich bin heute drei Leuten begegnet, die behaupteten, künstlich zu sein. Androiden mit Qube-Gehirnen.«

Genette starrte sie an. »Tatsächlich.«

»Ja.«

»Und, was hast du gemacht?«

»Ich habe sie windelweich geprügelt.«

»Das hast du getan?«

»Eine von ihnen, ja, ein bisschen. Aber sie hat es drauf angelegt.«

»Warum?«

»Weil sie mich an der Nase herumgeführt haben.«

»Ist das nicht so ähnlich wie das, was du mit deinen Abramovics machst?«

»Überhaupt nicht. Ich führe die Leute nie an der Nase herum, das wäre ja Theater. Eine Abramovic-Performance ist keine Theatervorstellung.«

»Tja, vielleicht waren sie ja auch keine Theatervorstellung«, sagte Genette stirnrunzelnd. »Das müssen wir uns ansehen. Es gibt Berichte über mehrere ähnliche Vorfälle auf der Venus und auf dem Mars. Gerüchte über humanoide Qubes, die sich manchmal sonderbar verhalten. Inzwischen halten wir die Augen nach so etwas offen. Manche dieser Leute sind markiert, und ihre Bewegungen werden verfolgt.«

»Also gibt es so etwas wirklich?«

»Ja, ich glaube schon. Einige haben wir gescannt, und dann sieht man es natürlich sofort. Aber bisher wissen wir noch nicht viel mehr.«

»Aber warum sollte jemand so etwas tun?«

»Keine Ahnung. Aber wenn es Qubes gibt, die sich aus eigener Kraft bewegen können, und zwar ohne dabei Aufsehen zu erregen, dann würde das eine ganze Menge von dem, was passiert ist, erklären. Ich sorge dafür, dass sich meine Leute mal die drei, denen du begegnet bist, ansehen.«

»Ich glaube, es waren Menschen«, sagte Swan. »Sie haben nur so getan.«

»Du glaubst, es waren echte Menschen, die sich als Simulacra ausgegeben haben? Als eine Art Theatervorstellung?«

»Ja.«

»Aber warum?«

»Ich weiß es nicht. Warum sollte ein Mensch sich in eine Kiste setzen und so tun, als wäre er ein Schachcomputer? Es ist ein alter Traum. Eine Art Theater.«

»Mag sein. Aber ich schaue mir die Sache trotzdem mal an, wegen der seltsamen Vorgänge.«

»Na schön«, sagte Swan. »Aber ich glaube, dass es Menschen waren. Wie dem auch sei, nehmen wir an, dass es keine Menschen waren. Wo liegt das Problem mit diesen Dingern, wenn es denn Dinger sind?«

»Das Problem besteht darin, dass dann Qubes frei herumlaufen und Dinge tun. Was tun sie? Was sollen sie tun? Wer veranlasst sie dazu? Und da es bei den Attacken, von denen wir wissen, eine Qube-Komponente gab, müssen wir uns fragen, ob diese Dinger etwas damit zu tun haben. Sind einige von ihnen vielleicht in die Sache verwickelt?«

»Hmm«, sagte Swan.

»Vielleicht läuft alles auf eine Frage hinaus«, sagte Genette. »Warum verändern sich die Qubes?«

Listen (7)

unachtsames Fracking – fehlerhafte Versiegelung – defekte Luftschleuse – Pech – Überdruck-Funkenfeuer – Kohlenmonoxidstau – Kohlendioxidstau – Konstruktionsfehler – Riss im Maschinengehäuse – plötzlicher Druckverlust – Sonneneruption – Verunreinigungen im Treibstoff – Metallermüdung – geistige Ermüdung – Blitzschlag – Meteoritentreffer – versehentliche kritische Masse – versagende Bremsen – Werkzeug fallen gelassen – stolpern und hinfallen – Kühlmittelaustritt – Werkfehler – Programmierfehler – menschliches Versagen – Versagen der Abschirmung – Batteriebrand – Ablenkungen – KI-Probleme – Sabotage – die falsche Entscheidung – vertauschte Drähte – kognitive Einschränkung durch Freizeitbeschäftigungen – kosmische Strahlung –

(aus dem Journal der Weltraumunfälle, Band 297, 2308)

Auszüge (8)

Charlotte Shortbacks Einteilung der Epochen war in vieler Hinsicht richtungsweisend. Natürlich ist ein solches Schubladendenken an und für sich schon umstritten und sogar suspekt, da es häufig den Eindruck macht, als müsste man nur die Augen ein bisschen zusammenkneifen und belletristisch mit der Hand wedeln, um einen Handpuppenmythos aus dem dichten, »brummenden und blühenden Durcheinander« der dokumentierten Vergangenheit zu erschaffen. Dennoch scheint das Leben der Menschen sich zu unterscheiden, je nachdem, ob man sich beispielsweise im Mittelalter und der Renaissance oder im Zeitalter der Aufklärung und der Postmoderne befindet. Und ob diese Unterschiede nun auf Veränderungen der Produktionsweisen, der Gefühlsstrukturen, der wissenschaftlichen Paradigmen beruhen oder durch Herrscherwechsel, technischen Fortschritt oder kulturelle Metamorphosen verursacht werden, spielt eigentlich kaum eine Rolle. All das bildet ein Muster, eine für Menschen nachvollziehbare Geschichte.