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Er hörte sein Boot längsseit dümpeln und Alldays scharfe Kommandos. Und die ganze Zeit gingen ihm die Möglichkeiten im Kopf herum, die sich jetzt aus der Anwesenheit eines Neunzig-Kanonen-Linienschiffes und der neu eingetroffenen Soldaten ergaben. Lord Hood mußte die Wichtigkeit seines ersten Berichtes erkannt haben. Anscheinend war die bevorstehende Aktion bereits mehr als eine skizzenhafte Idee.

Er fluchte, als Gimlett ihm das Halstuch zurechtzupfte und an dem Degen herumzerrte. Wie ein altes Weib ist der Kerl, dachte er verzweifelt.

Rooke erschien in der offenen Tür.»Gig ist klar, Sir. «Jetzt, da das Schiff vor Anker lag, schien er sich wesentlich wohler zu fühlen.

Bolitho fuhr in die Ärmel des goldbetreßten Galarocks mit den weißen Aufschlägen und sagte:»Alle Boote zu Wasser, Mr. Rooke. Schicken Sie die Mannschaft der Fairfax an Land, und warten Sie dann weitere Befehle ab. «Er steckte den mit so viel Mühe formulierten Bericht ein und fuhr fort:»Nächstesmal, wenn wir einen Hafen anlaufen, müssen Sie versuchen, ein Gefühl für das Schiff zu bekommen, verstehen Sie?»

«Der Wind machte mir Sorge, Sir«, antwortete Rooke unbewe g-ten Gesichts.»Sie hat so starken Bewuchs am Unterwasserschiff, daß sie unberechenbar ist.»

Bolitho griff nach seinem Dreispitz.»Bis auf weiteres fungieren Sie auf der Hyperion als Erster Offizier und sind dementsprechend für alles verantwortlich. Dazu gehört auch der Wind und jede verdammte Einzelheit binnen- und außenbords — verstanden?»

Rooke stand stramm.»Aye, aye, Sir.»

«Gut. «Er schritt wieder in das Sonnenlicht hinaus, an der Abteilung vorbei, die zum Seitepfeifen angetreten war, blieb aber an der Fallreepspforte noch einen Moment stehen.»Wie ich sehe, fährt die Chanticleer den Postwimpel, Mr. Rooke. Ich schicke ein paar Depeschen hinüber; und wenn unsere Leute etwa Briefe haben, dann schicken Sie sie mit. «Er hielt inne; sein Blick fiel auf die angetretene Reihe Bootsmannsmaaten mit ihren angesetzten Querpfeifen, auf die Trommeljungen mit ihren weißen Garnhandschuhen und auf Leutnant Inch mit seinem Teleskop. Daß keine Seesoldaten dabei waren, kam ihm seltsam vor.

«Mr. Quarmes persönliche Sachen packen Sie am besten zusammen und schicken sie mit hinüber«, sagte er dann abschließend. Er suchte in Rookes Augen nach einem Schimmer von Bedauern oder Mitleid. Aber der faßte nur an seinen Hut und trat beiseite. Unter dem Schrillen der Querpfeifen kletterte Bolitho hinunter in das wartende Boot.

Captain Dash von der Tenacious begrüßte Bolitho herzlich. Er war etwa Mitte Fünfzig, ein untersetzter, derber Mann mit rauher, kratziger Stimme, doch wenn er lächelte, wirkte er freundlich und gutmütig. Er war eines der seltensten Produkte der Kriegsmarine, denn er hatte seine Karriere im Unterdeck begonnen; als Schiffsjunge war er freiwillig eingetreten und hatte es, was Bolitho sich kaum richtig vorstellen konnte, durch Anstrengung und Willenskraft, mit Zähnen und Klauen, bis zum Kommandanten eines Linienschiffs gebracht.

Bolitho ging neben ihm zu der breiten Achterdecksleiter und fragte:»Wann sind Sie eingetroffen?»

«Heute vormittag«, grinste Dash.»Seitdem ist hier der Teufel los. «Er zeigte mit seinem verarbeiteten Daumen auf den Transporter.»Das ist die Weiland, ein ehemaliger Indienfahrer. Hat fünfhundert Mann vom 91. Infanterieregiment gebracht, und außerdem die Hälfte der großschnäuzigsten Sergeanten von ganz England — so hört sich's wenigstens an. «Dann wurde er unvermittelt ernst.

«Ich war in Gibraltar, als die Schaluppe von Lord Hood mit meiner neuen Segelorder kam. «Er zuckte die Schultern.»Deshalb führt mein Schiff jetzt eine Konteradmiralsflagge, und ich muß mich anständig benehmen.«»Wie ist er denn?»

«Schwer zu sagen. Seit er an Bord ist, muß ich springen wie'n Hündchen; aber meist bleibt er in seiner Kajüte. Er wartet jetzt auf Sie.»

Bolitho lächelte.»Ich habe noch gar nicht nach seinem Namen gefragt.»

Dash zog sich die Leiter hinauf.»Er ist erst vor kurzem Flaggoffizier geworden. «Und mit einem Blick zum Großmast:»Sie stehen jetzt unter Flagge von Sir Edmund Pomfret, Ritter des BathOrdens, Konteradmiral der Überseeflotte. «Er brach ab und sah Bolitho unsicher an.»Sie kennen ihn doch?»

Bolitho blickte zur Seite, denn der Kopf schwirrte ihm. Also Edmund Pomfret. Das konnte nicht wahr sein! Er versuchte, sich an sein erstes Zusammentreffen mit Pomfret zu erinnern. Das war im Gasthaus» König George «in Portsmouth gewesen. Er war in diese Stadt gerufen worden, um seine Bestallung als neuer Kommandant der Fregatte Phalarope entgegenzunehmen, vor nun fast zwölf Jahren. Auf dem Weg zu seinem neuen Schiff war er an einem anderen Kapitän vorbeigekommen, der darauf wartete, den ganzen Zorn des Admirals über sich ergehen zu lassen. Dieser war gerade als Kommandant der Phalarope abgelöst worden, und zwar wegen sinnloser Grausamkeit und totaler Gleichgültigkeit für das Wohlergehen, ja sogar für Leben und Tod seiner Mannschaft. Und dieser Mann, der den Keim der Meuterei auf der Phalarope gelegt hatte, war Edmund Pomfret gewesen!

Dash verhielt einen Moment vor der Tür der großen Kajüte. Zwei Marine-Infanteristen starrten ohne Lidschlag unter ihren schwarzen Tschakos hervor.»Fühlen Sie sich wohl, Bolitho? Ich höre, Sie hatten das Fieber, und.»

Bolitho tätschelte ihm beruhigend den Arm.

Er klopfte an die Tür und hörte eine scharfe Stimme:»Herein!»

Pomfret saß an einem mächtigen Tisch und unterschrieb ein Schriftstück, das ihm sein Flaggleutnant vorlegte. Ohne aufzusehen, winkte er Bolitho zu einem Stuhl.»Nehmen Sie Platz, Captain. Ich muß das hier noch durchlesen.»

Pomfret hatte sich ziemlich verändert; überraschenderweise sah er in der schweren, goldbestickten Admiralsuniform jünger aus, als es seinen vierzig Jahren entsprach; nur unter der glänzenden Seidenweste machte sich deutlich ein Bauch bemerkbar, und seine Stirn furchten tiefe Falten, die sich anscheinend nie glätteten. Aber der kleine, verdrießliche Mund war wie früher, auch die blassen, vorstehenden Augen, die nun über das Papier huschten. Er hatte volles, rötliches Haar, und seine Haut schien von der Art zu sein, die keine Sonne verträgt; sie war fleckig vor Hitze, trotz der schattig-kühlen Kajüte.

Jetzt sah Pomfret auf und schwenkte die Hand.»Weitermachen, Fanshawe. Aber seien Sie wenigstens nächstes Mal etwas fixer!«Der Leutnant verschwand eiligst, und Pomfret richtete jetzt zum erstenmal den Blick voll auf Bolitho.

«Ein Narr, dieser Mann!«Seine Stimme war ruhig, aber scharf; er schien sich zu ärgern.»Na, Bolitho — was haben Sie für sich selbst zu sagen?»

Bolitho griff nach seinem versiegelten Bericht.»Ich komme soeben von St. Clar, Sir.»

Pomfret trommelte mit den Fingern einer Hand auf die Tischplatte. Anscheinend hielt er sich absichtlich zurück.»Ihr Hauptmann hat mir das alles schon erzählt. Was ich wissen wilclass="underline" was, zum Teufel, haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, überhaupt nach St. Clar zu segeln?»

«Ich mußte Wasser für mein Schiff beschaffen, Sir. Von der Flotte kam kein Nachschub, überhaupt keine Nachricht. Ich mußte selbst einen Entschluß fassen.»

Pomfret schob die Unterlippe vor.»Außerdem haben Sie, glaube ich, mit dem Feind unterhandelt?»

«Jawohl, Sir. Einer der Gefangenen — «Mit seidenweicher Stimme unterbrach ihn Pomfret:»Der ehemaligen Gefangenen, meinen

Sie?»

«Er gab mir Grund zu der Hoffnung, daß St. Clar uns in Zukunft recht nützlich sein könnte, Sir. «Bolitho konnte sich atmen hören; in seinem Innern brannten Ärger und Unmut wie Feuer.