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«Sie sinkt, Captain!«brüllte Allday. Bolitho blinzelte und versuchte, sich den Schweiß aus den Augen zu wischen. Aber sein Arm hing wie tot herab, und mit ungläubigem Schrecken sah er, daß Blut an seiner Seite niederrann, sein Hosenbein durchfeuchtete und an Deck tropfte. Betäubt schüttelte er den Kopf und starrte zum Bug. Die hohe Flammenwand hatte sich auf die Saphir verlagert, wo aufgegeite Segel und geteerte Leinen als peitschende Flammenschnüre davonflogen; kleinere Feuerherde huschten, vom Wind getrieben, zum Achterschiff und setzten alles in Brand, was sie unterwegs berührten. Durch die verlassenen Stückpforten konnte er sehen, daß das Schiff auch innen wie ein Schmelzofen brannte. Blindlings sprangen Männer über Bord und schrien furchtbar, wenn sie zwischen die brennenden Rümpfe gerieten und zu einem blutigen Brei zerquetscht wurden. Aber das Deck der Schaluppe kippte nun schnell ab. Unten strömte die See ein und erstickte die Flammen mit triumphierendem Zischen. Der Fockmast war ganz über Bord gegangen; das hatte Bolitho in dem Chaos aus Tod und Vernichtung überhaupt nicht gemerkt. Leichen rollten die Deckschräge abwärts, einige Verwundete krochen wimmernd von den Flammen weg oder versuchten mit letzter Kraft, das Achterdeck zu erreichen.

«Gig ist klar!«brüllte Allday.»Los, Captain, ich helfe Ihnen!»

Bolitho blickte sich noch immer um, als erwarte er den nächsten Angriff. Aber außer ihm waren nur noch Tote an Bord.

«Keiner mehr da«, schrie Allday.»Sie haben alle erledigt!«Dann sah er Bolithos Arm.»Hier, Captain, meine Hand!«Sie gerieten beide ins Taumeln, denn die Sloop legte sich schwerfällig auf die Seite, die leichten Deckgeschütze rissen sich aus ihren Halterungen, rutschten polternd zum Schanzkleid oder stürzten zischend in den feurigen Krater.

Bolitho sprach mit zusammengebissenen Zähnen, denn der Schmerz wühlte in seinem Arm wie mit glühenden Zangen.»Der Junge! Hol ihn, Allday!«Mühsam schob er die blutverklebte Klinge in die Scheide und zog sich mit dem gesunden Arm zur Heckreling, während Allday den bewußtlosen Seton aufnahm und über die Schulter warf.

An der Reling stand O'Neil, nackt bis zum Gürtel, und wickelte sein Hemd um Fowlers Gesicht, wobei der Leutnant hin und her schwankte und zu sprechen versuchte, aber Stoff und Blut erstickten seine Worte.

«Hab' getan, was ich konnte«, sagte der Ire und duckte sich, als eins der Geschütze in der Hitze explodierte, wie von unsichtbarer Hand abgefeuert.»Der arme Kerl hat fast kein Gesicht mehr!»

Bolitho konnte nur krächzen.»Da ist die Gig! Wir müssen springen!«Er fühlte kaum den Sprung, spürte aber Salzwasser in seinen Lungen kratzen und kühle Luft im Gesicht, als er wieder an die Oberfläche kam. Turmhoch erschien ihm die Gig, aber da war Piper, das kleine Affengesicht rauchgeschwärzt; er gestikulierte mit seinem Dolch und kreischte:»Da ist der Captain! Helft ihm, Jungs!»

Bolitho packte das Dollbord und keuchte:»Holt Fowler und Se-ton!«Wie kalt das Wasser ist, fuhr es ihm durch den Kopf; und als er aufblickte, war der Himmel über der Rauchwolke schon bleich und sternenleer, und die Möwen, die mit wütendem Geschrei hoch über dem Hafen kreisten, schimmerten golden. Nicht vom Feuerschein, sondern in der Morgensonne. Während Männer starben und Schiffe verbrannten, war die Morgenröte über den Horizont gestiegen. Als er den Kopf hob, wunderte er sich noch mehr, denn dort, wo er den Kirchturm erwartet hatte, lag jetzt die Steilküste; und darauf schimmerte hell unter seiner Laterne der Leuchtturm.

Bolitho biß vor Schmerz die Zähne zusammen, als mehrere Hände ihn packten und ins Boot hoben, wo er keuchend neben Allday und den anderen liegenblieb. Er wollte die Augen schließen, sich dem heranschwebenden schwarzen Vorhang überlassen, der schon darauf wartete, seine wachsenden Schmerzen zu lindern; und das Krachen des explodierenden Schießpulvers, das Prasseln der fallenden Spieren, mit dem sich die Saphir zum Sinken anschickte, zu betäuben. Schon war das Wasser bis an die Stückpforten gestiegen, und das Hauptdeck brannte in ganzer Ausdehnung.

«Wie viele haben wir verloren?«Er klammerte sich an Alldays Knie, während Piper versuchte, das Blut seiner Armwunde zu stillen.»Sagen Sie doch, Mann!»

Alldays grobes Gesicht glänzte in dem schwachen Sonnenlicht; als er Bolitho so ansah, kam er diesem irgendwie fern und unzerstörbar vor. Ruhig entgegnete er:»Lassen Sie nur, Captain. Was es auch gekostet hat — dieser Anblick ist es wert. «Und mit Pipers Hilfe stützte er Bolitho etwas, damit er über das Dollbord sehen konnte. Die Matrosen lagen über ihren Riemen und blickten fast scheu zu Bolitho herüber.

Die Saphir war verloren — von dem einst so stolzen Schiff war kaum noch etwas übrig. Bord an Bord mit der Schaluppe war sie durch den ganzen Hafen gedriftet, und jetzt saß sie völlig ausgebrannt dicht unterhalb des eroberten Leuchtturms auf Grund.

Doch Bolitho hatte weder Augen für sie noch für das Treibgut, welches die Stelle markierte, wo die Fairfax gesunken war. Denn mitten in der Einfahrt lief nur unter Bramsegeln und Klüver sein Schiff, seine alte Hyperion, in den Hafen ein. Ihre Stückpforten standen offen, und als sie sich leicht dem Ankerplatz zuwandte, spielte die Morgensonne auf der Doppelreihe der Geschütze und ließ die Rundung ihres Rumpfes golden aufglänzen.

Bolitho leckte sich die trockenen Lippen und versuchte zu lächeln, als er Ashbys Seesoldaten im Karree auf dem Achterdeck angetreten sah und die schwachen Klänge der kleinen Bordkapelle vernahm. Schwach waren sie, weil von Hurrarufen übertönt. Die Matrosen in der Takelage und am Ankerspill, die Geschützführer mit ihren bunten Kopftüchern und die Scharfschützen in den Masten, sie jubelten alle.

Als der alte Vierundsiebziger die gekappte Sperre passierte, wartete Inch hutschwenkend im Kutter; seine Stimme verlor sich auf die Distanz, doch sein Stolz war um so augenfälliger.

Leise sagte Allday:»Sehen Sie da, Captain!«, und zeigte zum Land, wo die Brustwehr der Küstenbatterie über Steinen, blanker Erde und nassem Gras herüberdrohte.

Eine Flagge wehte über den unsichtbaren Kanonen, aber es war nicht die Trikolore: hell und leicht stand sie im abflauenden Wind, so daß man im Sonnenlicht deutlich die goldenen Lilien erkannte.

«Sie haben ihnen das Signal gegeben, das sie brauchten, Cap-tain«, sagte Allday.»Und da ist ihre Antwort an Sie.»

Undeutlich murmelte Fowler unter dem durchgebluteten Verband:»Mein Gesicht — Jesus, mein Gesicht!»

Doch Bolitho spähte wieder nach seinem Schiff aus, das jetzt majestätisch in den Wind ging. Die Segel wehten aus wie Banner, als der Anker dort ins Wasser klatschte, wo die Saphir gelegen hatte. Vorsichtig näherten sich ein paar Boote von Land, jedes führte die königstreue Flagge und war voll winkender, jubelnder Stadtbewohner.

«Rudert an, zugleich!«kommandierte Allday und fügte für die Ohren der gesamten Bootsbesatzung noch hinzu:»Die wollen unseren Captain sehen, Jungs!«Lächelnd blickte er auf Bolitho hinab.»Und das sollen sie auch.»

XIII Wieder auf Cozar

Die Mannschaft des Kommandantenboots stellte die Riemen hoch und saß reglos auf den Bänken, während das Boot ruhig an den Landungssteg glitt, wo es unverzüglich an den großen rostigen Eisenringen festmachte. Bolitho schlug den Mantel um sich, trat vorsichtig auf die glatten

Stufen, blieb einen Moment stehen und überblickte den voller Schiffe liegenden Hafen von St. Clar. Es war Abend, und in dem purpurnen Dämmerlicht wirkten sie friedlich, beinahe heiter mit ihren blinkenden Laternen und den wegen der feuchten Hitze des Tages offenen, von innen schwach erhellten Stückpforten. Das Flaggschiff, die Tenacious, ankerte in der Mitte; Schnüre mit bunten Laternen waren längs der Kampanje gespannt, und von dem alten Steg aus konnte Bolitho eines jener melancholischen Lieder hören, die alle Seeleute der Welt lieben.