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Schmetternd krachte es gegen den Rumpf; und dann, als der Qualm wieder abzog, sah Bolitho das spanische Schiff in Höhe seines eigenen Fockmastes. Sie passierten die feindliche Linie! Jeder Nerv in seinem Leib zuckte bei dem Gedanken. Er packte die Reling.»Mr. Meheux! Beide Batterien! Befehl weitergeben!«Hoffentlich konnte er den Krach überschreien. Tastend und fluchend versuchte er, seinen Degen zu ziehen. Es war hoffnungslos.

«Moment, Sir, ich mache das!«Pascoe.

Bolitho nahm den abgewetzten Griff in die Linke und lächelte ihm zu.»Danke, Adam. «Dachte der Junge in diesem Sekundenbruchteil dasselbe? Daß diese alte Klinge eines Tages ihm gehören würde?

Er hielt sie hoch über den Kopf, das dunstige Sonnenlicht blinkte auf der scharfen Schneide, bis sich der Qualm wieder übers Deck wälzte.

«Ziel erfassen!«Er zählte die Sekunden.»Feuer!»

Das Schiff schwankte heftig, als Deck für Deck, Geschütz für Geschütz, die todbringenden Breitseiten an Backbord und Steuerbord blitzten und krachten. Er hörte das Stöhnen brechender und fallender Spieren, spitze Schreie im Qualm — das nächstliegende Schiff mußte schwer getroffen sein. Und das war noch nicht einmal der eigentliche Anfang. Das tiefe Aufbrüllen der untersten Batterie von Zweiunddrei-ßigpfündern übertönte alles; ihr Rückstoß erschütterte das Schiff bis in den Kiel. Ihre Doppelsalve fegte mit erbarmungsloser Genauigkeit in die spanischen Schiffe. Das an Steuerbord hatte die Stengen von Fock- und Großmast verloren, die verkohlte Leinwand stürzte ins Wasser wie Müll. Der nächste Zweidecker trieb vorm Winde ab, sein Ruder war weg, und das Heck gähnte als riesige schwarze Höhle in das Sonnenlicht. Was die Breitseite in den Batteriedecks angerichtet hatte, konnte man nur ahnen.

Ein verschwommenes Gebilde kam hinter dem anderen Spanier aus dem Rauch, und Bolitho vermutete, es sei das Schiff des stellvertretenden Admirals. Die untere Batterie der Euryalus hatte bereits neu geladen und harkte über den Bug des Franzosen, bevor dieser von seinem Nebenmann freigekommen war. Bolitho sah, wie seine Geschütze Feuer und Rauch spuckten, wußte aber, daß man sich dort wenig um genaues Zielen kümmern konnte.

«Klar zum Halsen, Mr. Partridge!»

Sie waren durch! Schon war der manövrierunfähige Vierundsiebziger im Rauch verschwunden, und bis zum nächsten Schiff, dem dritten in der Linie, klaffte eine mächtige Lücke.

Mit knarrenden Rahen, unter Befehlsgebrüll, das den Kanonendonner übertönte, drehte die Euryalus langsam und ging die feindliche Linie von hinten an. Das war ganz etwas anderes! Nun hatten sie in Luv den Windvorteil und konnten den Feind unbehindert vom Kanonenqualm beobachten. Bolitho atmete erleichtert auf, denn Masten und Rahen der Euryalus waren noch unbeschädigt. Allerdings waren die Segel durchlöchert, Tote und Verwundete lagen an Deck. Einige waren Opfer der Scharfschützen in den Masten des Feindes, die meisten jedoch waren von Splittern und herumfliegenden Holzstücken niedergemäht worden.

Irgendwo achtern ertönte nervenzerreißendes Krachen, und als er sich über die Reling beugte, wollte er seinen Augen nicht trauen: wie betrunken schwankte die Impulsive in einem Chaos zerbrochener Spieren; sie hatte die feindliche Linie erst zur Hälfte passiert. Der Fockmast war vollkommen weg, nur das Kreuzmarssegel schien noch intakt zu sein. Große Löcher klafften überall, und eben jetzt stürzte die Großmaststenge krachend in den Rauch, driftete längsseit und zog das Schiff noch mehr in den Feuerbereich des französischen Zweideckers. Kettenkugeln hatten sie fast entmastet; er sah bereits, daß noch ein weiteres französisches Schiff über Stag ging, um sie unter Feuer zu nehmen, so wie die Euryalus vorhin den Spanier. Er mußte sich wieder seinem eigenen Schiff zuwenden, aber seine Ohren konnte er vor dem Donner dieser furchtbaren Breitseite nicht verschließen. Er sah Pascoe mit schreckgeweiteten Augen hinüberstarren.

«Boote kappen!«brüllte er. Adam wandte sich ihm zu und sagte etwas, doch es ging im Krachen einer Musketensalve unter.

Eiskalt beobachtete Bolitho den nächsten Franzosen, auf dessen Heck der Wind die Euryalus langsam zutrieb. Der Kommandant dieses Schiffes mußte sich entweder zum Kampf stellen oder versuchen, abzufallen und mit raumen Wind wegzukommen. Dann war sein Schicksal ebenso besiegelt wie das der Impulsive. Bolitho mußte die Zähne zusammenbeißen, um nicht laut Herricks Namen zu rufen. Damit, daß er die Boote kappen ließ, hatte er in erster Linie den Jungen beruhigen wollen; von den Überlebenden der Impulsive würden sich wohl nur wenige retten können.

«Achtung, Vorschiff!«brüllte er.»Mr. Meheux! Karronade auf den da!»

«Feuer!»

Die ersten Geschütze der Backbordbatterie brüllten los, und dann erzitterte die Luft unter dem tiefen Dröhnen der Karronade. Balken und Stücke des Schanzkleids flogen von der Kampanje des Feindes hoch, und der Besan mitsamt der Trikolore taumelte in die anrollende Qualmwolke.

«Sehen Sie da! Gott verdammt!«schrie Broughton ihm zu. Er hüpfte vor Aufregung, denn jetzt stieß wie der Finger eines Riesen erst ein Klüverbaum und dann eine goldglänzende Galionsfigur am nächsten französischen Schiff vorbei.

«Die Zeus hat die Linie durchbrochen!«Keverne schwenkte seinen Dreispitz.»Mein Gott, seht sie bloß an!»

Beidseitig aus allen Rohren feuernd, kam die Zeus durch, die Segel in Fetzen, den Rumpf durchlöchert und schwarz vom Pulverrauch. Dünne rote Fäden rannen aus den Speigatten, als blute das Schiff selbst — Rattray mußte hart und ohne Rücksicht auf Verluste gekämpft haben, um es dem Flaggschiff gleichzutun.

Soweit Bolitho sehen konnte, waren jetzt alle Schiffe im Gefecht. Vorn und achtern hämmerten Geschütze, an Backbord und Steuerbord waren Schiffe in Einzelgefechte verwickelt. Die saubere französische Gefechtsformation war zum Teufel, ebenso die Einteilung bei Brough-tons Geschwader. Der französische Admiral hatte keine Kontrolle mehr über seine Schiffe, er war vorm Wind abgetrieben und stand von seinem Verband getrennt, von Rauch geblendet, irgendwo in dieser kampfgepeitschten See.

«Signal an alle!«brüllte Broughton:»»Formiert Schlachtordnung vor und achtern vom Flaggschiff!<»

Tothill nickte heftig und rannte zu seinen Männern. Die Chancen, daß dieser Befehl befolgt wurde, waren nicht allzu groß, aber jedenfalls würde das Geschwader sehen, daß Broughton immer noch das Kommando führte.

Und da kam die Tanais — ihr Besan war weg, das Vorschiff ein Chaos von Splittern, ihr Wimpel von Musketenkugeln geschlitzt, aber die meisten ihrer Geschütze feuerten noch und beharkten den Feind beim Durchbruch.

Wieder bellte Kanonendonner durch den Qualm — das mußte Four-neaux sein, der gegen zwei schwer beschädigte, aber immer noch gefährliche Schiffe um sein Leben kämpfte.

«Schiff an Steuerbord achteraus, Sir!»

Bolitho rannte übers Deck und sah einen noch völlig intakten französischen Zweidecker ohne ein einziges Loch in den Segeln auf sich zukommen; gerade setzte er Breitfock und Bramsegel, um noch mehr Fahrt zu bekommen. Unter dem Druck des Windes lag er stark über.

Während alle anderen Schiffe in Kämpfe verwickelt waren, hatte dieser Kommandant sein Schiff aus der Linie genommen und versucht, den Windvorteil zurückzugewinnen. Jetzt drehte es etwas, sein Umriß verkürzte sich; und nun sah Bolitho auch wieder die Impulsive. Sie war entmastet und lag so tief, daß die unteren Stückpforten fast die Wasserlinie schnitten. Ein paar winzige Gestalten bewegten sich undeutlich auf dem schiefen Deck, andere sprangen über Bord; sie waren wohl so verstört durch die blutige Schlachterei, daß sie nicht mehr wußten, was sie taten.