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Er blickte Herrick an und lächelte.»Na, Thomas?»

Der zuckte die Schultern.»Ich sage Ihnen, was ich davon halte, wenn es vorbei ist, Sir.»

Bolitho nickte. Es war ein enervierendes Gefühl. Selbstverständlich war es das immer, doch leider jedesmal schlimmer als beim letztenmal. In einer Stunde, in Minuten, konnte er tot sein. Und dann würde sein Freund Thomas Herrick eine Schlacht ausfechten müssen, die er nicht gesucht hatte; oder vielleicht tödlich getroffen im Orlopdeck liegen und sich die Seele aus dem Leib brüllen.

Und Mudge — ein großartiger Seemann mit einem reichen Schatz an Erfahrungen. Er hätte bereits den Dienst quittiert; wenn ihm diese Einberufung nicht dazwischengekommen wäre, würde an Land bei seinen Kindern leben.

«Also dann«, befahl Bolitho kurz.»Ruder legen!»

«An die Brassen! Aber lebhaft!»

Die Undine erschauerte und stöhnte protestierend unter dem donnernden Druck des Windes und dem wilden Schlagen der Segel. Bei dem harten Kurswechsel krängte sie so stark, daß Gischt in die offenen Stückpforten sprühte. Aus den Augenwinkeln sah Bolitho, wie die Bramsegel der Argus über seinen Finknetzen emporwuchsen und ihr Umriß sich verkürzte, als die Undine um ihren Bug bog. Ein Geschütz krachte, aber die Kugel fuhr jaulend hoch über ihnen davon. Jemand mußte zu früh abgezogen haben, oder vielleicht hatte der französische Kapitän auch schon gemerkt, was sie vorhatten.

Soames war bereit und wartete auf freies Schußfeld. Und dann erzitterte das ganze Deck unter dem Krachen der ersten Geschütze. Qualm wirbelte auf und stieg als zerflatternde Wolke über die Finknetze. Geschütz nach Geschütz feuerte, den ganzen Rumpf entlang, vom Heck bis zum Bug. Auch die Sechspfünder mischten sich ein, als die Argus an jeder einzelnen der schwarzen Mündungen vorbeiglitt. Bolitho sah, wie ihre Fock unter den Einschlägen bebte. Soames' Geschützbedienungen feuerten, luden, feuerten nochmals, und wie durch Zauber erschienen Löcher in den Segeln der Argus. Nun sah Bolitho auch, daß die Landzunge bereits an Steuerbord achteraus lag. Der Schoner, der sich in die nächste Bucht schlich, war schon ganz winzig.

«West zu Nord, Sir — voll und bei!«brüllte Mudge. Er hielt sich an der Nagelbank des Besan fest und wischte sich die Augen mit seinem Taschentuch.»So hoch am Wind, wie es geht, Sir!«fügte er hinzu und deutete zum Topp, wo der Wimpel beinahe mittschiffs flatterte.

Bolitho fuhr zusammen, als die Sechspfünder wieder krachten. Dicht neben ihm stieß ein Rohr auf seiner Lafette zurück, bis es von der Halterung gebremst wurde. Schon war die Bedienung dabei, es auszuwischen, der Geschützführer holte vom Kugelrack ein neues Geschoß, weiß starrten die Augen und Zähne in den pulvergeschwärzten Gesichtern, die Stimmen gingen unter im Krachen und Brüllen der Geschütze, die schweren Rohre quietschten beim Ausfahren wie wilde Eber.

Endlich folgte die Argus Bolithos Manöver. Mit hartgebraßten Rahen schwang sie herum, um den Wind einzufangen und die Undine in Lee zu halten. Und da sah er auch schon die langen, gelb-roten Feuerzungen aus ihren Stückpforten fahren; gelassen, ohne Eile, sorgfältig gezielt, kam Schuß auf Schuß durch den Wirbel aus Pulverdampf und Gesicht. Eine Kugel jaulte über das Achterdeck, durchschlug das Großmarssegel und klatschte querab ins Wasser. Andere aber trafen den Rumpf — ob über der Wasserlinie oder darunter, wußte Bolitho nicht. Er hörte Schreie hinter dem beißenden Qualmvorhang, sah Männer hierhin und dorthin rennen wie verlorene Seelen in der Hölle, sah sie neue Ladungen in die Rohre rammen und ihre schweißglänzenden, pulvergeschwärzten Körper in die Zugleinen werfen, wieder und immer wieder.

Über dem Krachen vernahm er Soames' tiefe, schimpfende und anfeuernde Stimme, die die Männer an ihren Geschützen hielt. Vom Vormast krachte das Drehgeschütz; vermutlich feuerten die Seesoldaten mehr, um ihre Angst abzureagieren, als in der Hoffnung, etwas zu treffen. Unter dem Achterdeck schien eine Stückpforte in einem mächtigen Flammenausbruch zu explodieren, und Bolitho sah, wie Männer und Körperteile in alle Richtungen geschleudert wurden; die Kugel hatte auch das Schanzkleid zerrissen, lauter spitzige Splitter schwirrten wie furchtbare Pfeile umher.

Heulend, die Hände vor dem, was von seinem Gesicht übriggeblieben war, stürzte ein Seesoldat von den Netzen weg. Andere standen oder knieten bei ihren gefallenen Kameraden, schössen, luden, schössen aufs neue, solange noch Leben in ihnen war.

Eine Fallbö wirbelte den Qualm hinweg, und Bolitho erblickte die Rahen und die durchlöcherten Segel der feindlichen Fregatte kaum fünfzig Meter entfernt. Gedämpftes Sonnenlicht spielte auf den Haken und Messern des Gegners, der sich zum Entern fertigmachte oder zur Abwehr ihres Angriffs. Noch eine Reihe feuriger Zungen stieß durch den Qualm, zusammenzuckend spürte er, wie sich die Planken unter seinen Füßen bogen. Mit dumpfem Krach stürzte ein Geschütz um oder zersprang in Stücke.

Das Großbramsegel oben war nur noch ein Fetzen, aber Spieren und Rahen schienen intakt. Ein verwundeter Matrose klammerte sich an die Großbramrah, Blut rann an seinem Bein entlang und tropfte hinunter aufs Deck. Ein anderer hatte ihn erreicht und zog ihn in Sicherheit; beide duckten sich unter die Rah; sie hingen in den zerrissenen Tauen wie zwei Vögel mit gebrochenen Schwingen.

«Er will uns manövrierunfähig schießen und dann als Prise aufbringen!«brüllte Herrick.

Bolitho hatte eben einen Verwundeten von einem Sechspfünder weggezogen. Er nickte, denn er konnte sich schon denken, was die Argus wollte: ein weiteres Schiff für Muljadis Flotte, vielleicht um die Argus abzulösen, damit sie nach Frankreich zurückkehren konnte. Der bloße Gedanke fuhr ihm wie ein Messer durchs Herz.

«Hart Ruder legen! Wir rammen!«Seine Stimme kam ihm selbst ganz fremd vor.»Davy soll die Enterhaken klarmachen!«Er faßte Herrick beim Arm.»Wir müssen entern! Er schießt uns sonst in Fetzen. «Eine Kugel flog dicht an seinem Kopf vorbei; er hörte sie in das gegenüberliegende Schanzkleid einschlagen, und eine Wolke von Splittern flog wie tausend Pfeile über das Deck. Herrick schrie Mudge etwas zu, dann den Männern an den Brassen; durch den Qualm sah Bolitho den schattenhaften Umriß der Argus turmhoch über ihrer Back stehen und die Männer auf dem Vorschiff durcheinanderrennen, als die beiden Schiffe aufeinander zuhielten. Das Prasseln des Musketenfeuers wurde vom Schlagen der Segel übertönt, die jetzt aus dem Wind gerieten. Lustlos fiel ihr Schiff ab.

Herrick war in einer Blutlache ausgerutscht; er keuchte:»Hat keinen Zweck! Zu weit für die Enterhaken!»

Bolitho starrte an ihm vorbei. Der Gegner schob sich bereits vor, er lag quer vorm Bug der Undine; ein paar Schüsse krachten, die Argus drehte vor den Wind, änderte leicht den Kurs und nahm Fahrt auf, während die Undine, hilflos und mit fast backstehenden Segeln weiter abtrieb.

Die Argus wollte anscheinend die Undine nochmals aus allen Rohren beharken, aber dann Bolitho Zeit geben, die Flagge zu streichen, ehe sie sein Heck kreuzte und ihm den Gnadenstoß gab.

Herrick zog ihn am Ärmel.»Was ist?»

Herrick deutete nach oben, wo ein paar Sonnenstrahlen einen Weg durch den wirbelnden Rauch fanden.»Der Ausguck, Sir! Er hat Segel westlich voraus gemeldet!«Seine Augen glänzten hoffnungsvoll.»Der Franzose zieht ab!»

Wie betäubt blickte Bolitho ihn an. Es stimmte; er mußte die Meldung wohl überhört haben, halb taub wie er war vom Donnern der Geschütze oder von seiner Verzweiflung umnebelt. Jedenfalls hatte die Argus bereits ihr Großsegel gesetzt und hielt vor dem Wind rasch auf die offene See zu.