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So war es bis heute geblieben, überlegte Herrick. Ein Schwanken zwischen hochtrabender Selbstgefälligkeit und Anfällen blinder Wut. Vibarts Reaktionen ließen sich nie vorhersagen, ein doppeltes Übel, da er beinahe allgegenwärtig war. In einem fort beobachtete er, kritisierte alles und bellte Befehle, die die der anderen Offiziere rückgängig machten.

Herrick hatte den Leutnant am Fallreep angehalten, um noch mehr zu erfahren. Der Offizier sah ihn nachdenklich an.

«St. Kitts ist gefallen. Die Flotte hat sich zurückgezogen, um sich neu zu formieren. Ich segle jetzt nach Antigua. «Er blickte zu seinem Schiff hinüber.»Aber dem Vernehmen nach kommt Rodney aus England mit zwölf Linienschiffen zu uns. Ich hoffe zu Gott, daß er noch rechtzeitig eintrifft. «Und dann, hastig:»Wo ist Ihr Kapitän?»

«Gefallen. «Herrick brachte das Wort kaum über die Lippen.»Auf Mola.»

«Nun, mir liegt Ihr neuer Kommandant nicht, mein Freund. «Der Leutnant hielt kurz inne.»Wir haben zwei Tage nach der Phalarope gesucht. Der Admiral dürfte kaum erfreut sein, daß Sie Ihre Position verlassen haben, Mola oder nicht. «Er kniff die Augen zusammen.»Im Befolgen von Befehlen ist Sir Robert ein Pedant.»

Herrick beschäftigte sich nun mit jenem Teil der Ereignisse, aufgrund derer die Phalarope jetzt auf die Inseln zuhielt. Vibart hatte alle Offiziere und Unteroffiziere zu einer Besprechung in die Kajüte gerufen. Irgendwie war es typisch für ihn, daß er bequem auf seinem Stuhl saß und alle anderen stehen ließ.

«Sir Robert Napier hat Nachricht erhalten, daß die Andiron vor Nevis liegt. «Danach ließ er eine anscheinend sorgsam vorbereitete Rede vom Stapel.»Offenbar werden Reparaturen ausgeführt, während sie auf neue Order wartet. Wie lange sie dort liegen wird, ist ungewiß. «Er blickte von einem zum anderen.»Sir Robert befiehlt der Phalarope, unverzüglich nach Nevis zu segeln, um die Andiron zu versenken oder zu nehmen. «Vibarts Worte hatten wie ein Blitz eingeschlagen.»Wir werden höchste Fahrt laufen. «Er sah den Steuermann durchdringend an.»Also geben Sie acht, daß keine Fehler passieren, Mr. Proby.»

Herrick hatte Vibart während der Ankündigung beobachtet. Sein offensichtlicher Eifer überraschte ihn. Es konnte eine falsche Nachricht sein. Stimmte sie jedoch, würde es nicht leicht sein, ein Schiff außer Gefecht zu setzen, das dicht unter einer feindlichen Insel lag. Indes Vibart sich dröhnend über Details und den Zeitpunkt ausließ, wurde ihm klar, daß Vibarts Verhalten auf Unsicherheit schließen ließ. Obwohl Vibart seit Bolithos Verschwinden das Kommando führte, war Okes in der besseren Position, weil man womöglich ihm die zurückliegenden Erfolge gegen den Feind gutschreiben würde. Vibart mußte sich noch beweisen, und dafür bot die neue

Operation eine Gelegenheit.

Merkwürdigerweise hatte er keine Meldungen zur Witch of Looe hinübergeschickt. Sparte er sich den Bericht für einen persönlichen Vortrag beim Admiral auf? grübelte Herrick. Sir Robert mochte wütend sein, weil die Phalarope ihre Position verlassen hatte. Aber die Zerstörung der Batterie auf Mola und die der Truppentransporter und dazu ein Sieg über das Kaperschiff Andiron mußten jeden besänftigen.

Doch jetzt, nachdem Vibart ausreichend Zeit gehabt hatte, alles zu bedenken, was der Befehl einschloß, war seine Stimmung von neuem umgeschlagen. Während die Phalarope auf Nevis zulief, wuchs seine Nervosität und Gereiztheit, und mehr als einmal gewann seine Ungeduld die Oberhand. Erst vormittags hatte er einen Mann auspeitschen lassen, dem ein Marlspieker von der Großrah fiel. Er war dicht neben Packwood, einem Maat, in den Decksplanken steckengeblieben. Vibart brütete gerade auf dem Achterdeck vor sich hin und verfolgte, wie die Boote überprüft wurden. Packwoods erschreckter Aufschrei hatte ihm von neuem Gelegenheit gegeben, seiner nie vorhersehbaren Laune freien Lauf zu lassen.

«Schafft den Kerl her. «Seine Stimme ließ jeden Handgriff auf dem Hauptdeck stocken.»Ich habe es genau gesehen. Der Marlspieker sollte Packwood treffen.»

Selbst der Bootsmannsmaat hatte widersprochen.»Es ist heute bewegt da oben, Sir. Das war keine Absicht.»

Vibart war scharlachrot angelaufen.»Maul halten! Oder ich sehe mir auch Ihre Rückenknochen an.»

Wieder das gefürchtete Trillern:»Alle Mann als Zeugen einer Bestrafung nach achtern!»

Wieder das qualvolle Hinschleichen der Zeit, bis die Gräting klar war und die Seesoldaten auf dem Achterdeck eine rechteckige Formation bildeten.

Der Seemann, den es diesmal traf, hieß Kirk. Ein magerer, hohläugiger Matrose, der seit dem Gefecht mit der Andiron beinahe taub war. Die donnernden Breitseiten hatten ihm das Trommelfell für immer lädiert.

Mr. Quintal, der Bootsmann, war langsam nach achtern gekommen, die vertraute rote Flanelltasche baumelte ihm am Handgelenk. Schweigend teilten sich die Leute, um ihn durchzulassen. Bis zum letzten Moment, ja noch als Vibart das

Verlesen der Kriegsartikel beschloß und schroff verkündete:»Vier Dutzend, Mr. Quintal«, bezweifelte Herrick, daß Kirk ein einziges Wort verstanden hatte. Erst als ihn die Bootsmannsmaaten packten, ihm das Hemd vom mageren Körper rissen und ihn zum Prügeln über die Gräting warfen, begann er zu brüllen und zu protestieren. Die meisten nahmen ihre Strafe hin, ohne einen Laut von sich zu geben. Schon ein einziger Schlag mit der neunschwänzigen Katze trieb die Luft aus den Lungen, so daß kaum genug für einen Schrei übrig blieb. Kirk schrie unaufhörlich, als seine Handgelenke so festgebunden wurden, daß die Füße eben das Deck berührten. Furcht und Schrecken des Mannes brachten die Bootsmannsmaaten einen Augenblick durcheinander, und sie wechselten flüchtige Blicke. Quintal zog die Peitsche aus der roten Tasche, reichte sie Packwood und sagte barsch:»Zwei Dutzend. Josling übernimmt die anderen zwei. Wenn Kirk so lange lebt«, fügte er halblaut hinzu.

Vibart hatte den Hut aufgesetzt und kurz genickt.»Anfangen.»

Herrick hatte viele Auspeitschungen gesehen. Sie schienen Teil des Seemannslebens, und er hatte sich gegen den Anblick gestählt. Doch diesmal lagen die Dinge anders. Die Bestrafung war ungerecht, weil Vibart zu versessen darauf war.

Die Trommel wurde gerührt, und Packwoods muskulöser Arm holte aus:»Eins. «Die Peitsche zischte durch die Luft. Wie üblich wartete Herrick angewidert und fasziniert zugleich auf die Wirkung des Schlages. Einige Sekunden lang zeigte sich auf dem bloßen Rücken des Mannes nichts, doch schon während die Peitsche zum zweiten Schlag gehoben wurde, sprang die straffe Rückenhaut von der Schulter bis zur Hüfte in vielen feinen Rissen auf.

«Zwei. «Kirk brüllte und zuckte hilflos an der Gräting. Aus seinem Mund floß Blut, und Herrick wußte, daß er sich die Zunge aufgebissen hatte.

«Drei. «Packwood zögerte, ehe er wieder zuschlug. Seine Augen wurden glasig, als die Peitsche Kirks Rücken blutig riß.

Vibarts Stimme übertönte die Trommel.»Härter, Packwood, ersparen Sie dem Kerl nichts, wenn Sie nicht mit ihm tauschen wollen.»

So war es weitergegangen, Schlag für Schlag, begleitet vom unmenschlichen Rasseln der Trommel. Nach dem ersten

Dutzend sackte Kirk zusammen und gab keinen Ton mehr von sich. Doch als der Wundarzt Ellice grimmig feststellte:»Er lebt noch, verträgt aber nicht mehr viel«, fauchte Vibart:»Weitermachen mit der Bestrafung.»

Herrick hatte bemerkt, daß sich Fähnrich Neale an Maynards Ärmel klammerte, während die Auspeitschung weiterging. Kirk war mager, und nach achtzehn Schlägen glaubte Herrick, unter der zerfleischten Haut Knochen und Muskeln zu sehen. Dann übernahm Josling die Peitsche und streifte mit den Fingern Fleischfetzen davon ab. Nach einem kurzen Blick in Vibarts ausdrucksloses Gesicht machte er sich an das zweite Dutzend. Nach dem zwanzigsten Schlag fiel Mr. Quintal ihm in den Arm und sagte fest:»Das reicht, Sir. Er stirbt. «Kirks blutiger Körper wurde nach unten geschafft, aber erst, nachdem Wundarzt Ellice das Eingreifen des Bootsmanns unterstützt hatte.»Vielleicht übersteht er es«, hatte er unbestimmt geknurrt.»Sagen kann ich es nicht. Ich glaube, seine Nieren sind geplatzt. »