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Valerie hat mir die Geschichte in der Nacht erzählt, als wir in unserem Verschlag lagen, zwischen uns nur eine dünne Bretterwand mit so breiten Spalten, daß wir einen Finger hindurchstecken konnten, um uns gute Nacht zu wünschen. Ich sagte: Warum habt ihr euch nicht mit mir in Verbindung gesetzt? Die Familie hätte nach Lissabon ziehen sollen. Damals wäre das ohne weiteres möglich gewesen. Er hätte alles verloren, sagte Valerie, man hätte uns alles weggenommen. Das wollte er nicht. Aber Mama könnte noch leben, sagte ich. Sie sagte: Die Nazis haben sie nicht umgebracht. Das wart ihr mit euren Bomben.

Am Tag bekam ich Valerie selten zu Gesicht, sie war unterwegs, um zu organisieren. Ich wußte, sie schlich sich in der Nacht heimlich in die Bibliothek, holte ein Paket Kaffee hinter den Regalen hervor und tauschte es am nächsten Tag im Resselpark gegen drei Kilo Brot oder eine Gans oder einen Topf Schmalz. Als ich Anfang Dezember nach meinem Besuch in Nürnberg bei dem Prozeß gegen die großen Nazis wieder nach Wien zurückkehrte, war Großvaters Lager hinter den Büchern ausgeräumt. Aber die beiden Alten hatten keinen Hunger leiden müssen, und gefroren hatten sie auch nicht. Valerie hatte organisiert, Tag und Nacht. Sie war viel draußen gewesen. Zu viel.«