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»Es ist wichtig. Wirklich.« Rick nahm seinen ganzen Mut zusammen, und ohne auf die Leute zu achten, die in dem überfüllten Raum vorwärts und rückwärts drängten, erzählte er Mr. Wilks die Geschichte von den Geistern.

»Also, jetzt wissen Sie«, sagte er, als er fertig war, »warum ich den Premierminister sprechen möchte. Nur er wird in der Lage sein, uns zu einem Geisterasyl zu verhelfen.«

Während Rick gesprochen hatte, war Mr. Wilks immer wieder in Gelächter ausgebrochen. »Geister!« schnaufte er, als Rick mit seiner Rede fertig war. »Geister! Ein Geisterasyl. Ich freue mich schon auf das Gesicht des Premierministers, wenn ich ihm das erzähle.« »Sie glauben also nicht an Geister?«

»Nein, ganz bestimmt nicht.«

»Mr. Wilks, wenn ich Ihnen beweise, daß es Geister gibt, bringen Sie mich dann zum Premierminister?«

»Aber sicher, sicher. Dann würde ich dich sogar bis zum Mond bringen. Das wäre wahrscheinlich sogar einfacher zu arrangieren. Und jetzt entschuldige mich bitte - ich bin ein sehr beschäftigter Mann. « Noch immer lachend drehte Mr. Wilks sich um und ging.

»Du meinst also, es hat keinen Zweck?« Die Stimme der Hexe klang verzweifelt. »Er wird uns nicht helfen?«

Rick war am späten Nachmittag in den Hyde Park zurückgekehrt. Im Park hielten sich noch Leute auf, deshalb waren die Geister unsichtbar geblieben. Aber ein  rosa Schimmer von Humphreys Ellbogen und der Duft nach zerquetschten Kopfläusen führten Rick zu dem dunklen Gesträuch hinter der Herrentoilette. Da hatten sie sich alle versammelt und warteten auf ihn.

»Er hat nur gelacht. Er sagt, es gebe keine Geister.«

Humphrey war wütend. »So ein Idiot! Der hat doch keine Ahnung!«

»Sei ruhig, Humphrey«, sagte die Hexe.

Die Geister waren ziemlich niedergeschlagen. Sie waren so sicher gewesen, daß Rick mit guten Nachrichten zurückkehren würde.

Humphrey legte vertrauensvoll die Hand auf Ricks Arm. »Du hast dir doch etwas überlegt, oder?« fragte er.

»Ist das so, lieber Junge? Gibt es irgend etwas, das wir tun können?« wollte der Schwebende Kilt wissen. »Ja«, sagte Rick. »Ihr könnt sofort etwas tun.«

»Was?« fragten alle Geister gleichzeitig. »Spuken«, sagte Rick. »Spuken, wie ihr noch nie gespukt habt. Bevor die Nacht um ist, wird es Mr. Wilks sehr leid tun, daß er gesagt hat, es gebe keine Geister. «

Das Haus, in dem Mr. Wilks wohnte, war groß. Mit den kleinen weißen Steinchen in der rosa Ziegelmauer sah es aus wie ein Haus, das die Masern hatte. Eine lange Auffahrt führte zum Eingang. Sie war mit Lorbeer sträuchern    und Rhododendren gesäumt. Hinter dem Gebäude gab es eine Wiese und ein Gartenhaus, das wie ein Schweizer Chalet aussehen sollte und geschnitzte Kuckucke auf dem Dach trug. Außerdem gab es eine Hundehütte mit der Aufschrift »Buster«. Buster schien jedoch nicht da zu sein.

Die Nacht war wie geschaffen zum Spuken. Die Wilks gaben eine Dinnerparty. Während Rick durch die Lorbeersträucher kroch, um hinter das Haus zu gelangen, fuhr der Lieferwagen eines Lebensmittellieferanten und der eines Weinhändlers vor. Rick hörte, wie Mrs. Wilks im Haus mit ihrem Mädchen schimpfte.

»Und jetzt denkt daran«, sagte er, als er zu den Geistern stieß, die im Gartenhaus warteten, »fangt langsam an. Zuerst nur ein oder zwei Schreie von George, vielleicht etwas Wehklagen von Winifred. Dann, wenn sie zum Essen gehen, dreht ihr ein bißchen auf. Wenn ich das Zeichen gebe, schaltet ihr auf Volldampf. Okay?«

»Okay«, erwiderten die Geister einstimmig. Sie freuten sich auf den Abend. Es ist befriedigend, etwas Nützliches zu tun.

Es war sieben Uhr dreißig. Im Wohnzimmer der Familie Wilks, das mit einem graugrünen Teppich, goldenen Brokatvorhängen und sehr ungemütlichen gestreiften Satinstühlen ausstaffiert war, tranken die Gäste Sherry und aßen Nüsse.

Alle Gäste waren wichtige Leute. Die Wilks hätten sich nicht mit ihnen abgegeben, wenn sie es nicht gewesen wären. Harry Holtzmann zum Beispiel, ein Millionär, war durch die Herstellung von Waffen reich geworden, die er ins Ausland verkaufte, damit die Leute sich dort besser gegenseitig umbringen konnten. Professor Pringle hatte ein Buch geschrieben, das den Titel trug: »Was stimmt nicht mit unserer Jugend?« (Und da schien fast nichts zu stimmen.)

Dann gab es da noch die Ehrenwerte Lucy Lamworth, deren Vater ein Graf war, und einen jungen Mann, namens Crispin Craig, der Leute im Fernsehen interviewte und dabei immer lächelte. Und natürlich waren da Mr. Wilks, der erhitzt aussah, und Mrs. Wilks mit schriller Stimme und dem Kopf voller gelber Löckchen.

Es fällt schwer, etwas Interessantes zu sagen, wenn man auf das Essen wartet und sich von zu vielen Nüssen innerlich salzig fühlt. Und so sagten sie uninteressante Sätze wie: »Heute war es sehr warm für diese Jahreszeit, nicht wahr?« oder »Der Film gestern abend im Fernsehen war doch scheußlich, oder?« Und dann hörte man plötzlich einen Schrei.

Für George war dieser Schrei ganz harmlos. Es hörte sich an, als würden zwanzig oder dreißig Leute zu Tode gequält, aber für George war das nichts. Er fing ganz sanft an, so wie Rick es verlangt hatte.

Die Ehrenwerte Lucy fuhr so heftig hoch, daß die Smaragde gegen ihre nackte, knochige Brust schlugen und blaue Flecken hinterließen. »Was war das?« stieß sie hervor.

Die Wilks' sahen sich an. Dann stand Mr. Wilks auf und ging in die Diele. Dort sah er einen Kinderschädel friedlich auf dem Schirmständer sitzen. Die Kieferknochen öffneten sich, und er setzte gerade zu einem neuen kräftigen Schrei an. Mr. Wilks wischte sich die Stirn ab und ging schwankend zurück ins Wohnzimmer. »Es ist nichts«, sagte er. »Das ... eh... das Mädchen hat etwas fallen lassen. Ich denke, wir sollten jetzt zum Essen gehen.«

Alle begaben sich ins Eßzimmer, und das Mädchen brachte die Vorspeise. So eine Vorspeise ist immer schwierig zu essen: ein Stückchen Olive, ein Scheibchen Anchovis und ähnlich glitschiges Zeug. Alle versuchten eine Zeitlang, mit Gabeln den Vorspeisen zu Leibe zu rücken.

Dann wandte sich Mr. Holtzmann der Ehrenwerten Lucy zu und fragte: »Ist mit Ihren Füßen alles in Ordnung?«

Die Ehrenwerte Lucy, der die Sardelle Blähungen verursachte, rülpste dezent und erwiderte, sie habe in der Tat kalte Füße. Und nasse Füße. Wenn sie nicht wüßte, daß das Unsinn sei, würde sie sagen, ihre Füße befänden sich in einer Wasserpfütze. Crispin Craig, der Lucy gegenüber saß, meinte, seine Füße fühlten sich genauso an.

Nach den Vorspeisen kam die Suppe. Die Gäste griffen zu den Löffeln und legten sie sofort wieder hin. »Schmeckt Ihre Suppe auch nach verfaulten Eiern?« flüsterte Crispin Craig.

Mr. Holtzmann sagte, nein, sie schmecke nach toten Mäusen.

»Meine schmeckt nach ungewaschener Unterwäsche«, meinte Professor Pringle und verzog das Gesicht.

Die Hexe, die unsichtbar, aber schwer arbeitend über die Teller flatterte, nickte glücklich. Es ist immer schön, wenn die eigene Arbeit anerkannt wird.

Aber erst beim Hauptgericht (Fasan in Sahne mit Kroketten, Broccoli und Johannisbeergelee) gab Rick, der sich im Gartenhaus versteckt hielt, den Geistern das Signal für ihren vollen Einsatz. Und dann passierte alles auf einmal.

Durch das geöffnete Fenster schwebte Tante Hortensia, die auf einem ihrer Pferde ritt. Sie hatte einige von Winifreds Blutflecken benutzt, um ihren Stumpf damit zu garnieren. Ihr Nachthemd blähte sich wie ein vergilbter Fallschirm, und während sie auf dem Eßtisch hin und her galoppierte, schlugen ihre Zehennägel gegen die Weingläser, was wie Pistolenschüsse klang.