Выбрать главу

Alle freuten sich sehr, und keiner sagte, es sei ein bißchen unwahrscheinlich, daß die Zähne in Nordschottland auftauchten. Das war dreihundert Meilen von der Isle of Man entfernt, wo sie sie verloren hatte. Aber Tante Hortensias Kopf sagte: »Ganz egal, Zähne sind Zähne!«

Nachdem sie gegessen und getrunken und Spiele gespielt hatten und es ihnen gelungen war, den finnischen Harfenspielergeist davon abzuhalten, oben auf der Klippe ein Konzert zu geben, standen alle auf und stießen auf das an, was seitdem alle Geister sagen, wenn sie zusammen sind: »Auf Rick den Retter!« Rick war natürlich geehrt von diesem Toast, aber er wollte auch selber eine Rede halten. »Ladys und Gentlemen, Geister und Seehunde«, sagte er, nachdem er auf den Tisch gesprungen war. »Ich möchte jetzt etwas über meinen Freund Humphrey sagen.« Alle sahen Humphrey an, der gerade mit Baby Rose spielte. Sein Plasma wurde dunkelrot vor Freude und Verlegenheit.

»Wenn Humphrey uns nicht geholt hätte, gäbe es kein Geisterasyl mehr. Und auch keine Geister.« Tante Hortensias Kopf nickte so heftig, daß der Schack ihn fallen ließ.

»Humphrey war schwach und krank, aber er ist viele Meilen weit geschwebt, um Hilfe zu holen. Ladys und Gentlemen, Seehunde und Geister«, sagte Rick und bewegte aufgeregt die Arme. »Humphrey ist vielleicht nicht schrecklich. Und wenn ihr meine Meinung hören wollt: Er wird nie schrecklich sein. Aber Humphrey ist etwas viel Besseres. Humphrey ist heldenhaft.«

Die Geister schwiegen und ließen Ricks Worte auf sich wirken. Dann glitt ein Ausdruck mächtigen Stolzes über das Gesicht der Hexe und des Schwebenden Kilts.

Alle Geister standen auf, hoben die Gläser mit Rattenblut und riefen im Chor: »Auf Humphrey den Heldenhaften!«

Danach ließ sich der Abschied nicht länger aufschieben. Es war nur eine Stunde bis zum Morgen, und die Kinder hatten einen weiten Rückweg vor sich. Gerade hatten die Umarmungen und Abschiedsküsse angefangen, als etwas sehr Merkwürdiges passierte. Zuerst zog ein kühler Windhauch durch den Saal. Eine Eule schrie. Und dann erschien in einem der hohen Bogenfenster ein Geist, den keiner von ihnen bisher gesehen hatte.

Er sah nicht sehr anziehend aus. Selbst wenn er noch am Leben gewesen wäre, hätte sein Anblick abgeschreckt. »Darf ich ... darf ich hereinkommen?« stammelte Lord Bullhaven. Er war im Hotel mit einer geschwollenen Backe aufgewacht und in einer so miesen Laune gewesen, daß er die Geistlichen und Professor Brassnose zurückließ und mit seinem Wagen losraste direkt gegen eine Steinmauer.

Zuerst herrschte betretenes Schweigen.

Dann schrie die Hexe: »Du!« und ging in die Luft. »Geistermörder!« rief mit gellender Stimme der Verrückte Mönch.

»Exorzist!« brüllte der Schwebende Kilt.

»Hat den Nerv, herzukommen!« schimpfte Tante Hortensias Kopf.

Lord Bullhavens Geist stand schwankend in der Fensteröffnung. Dann schien er in sich selbst zusammenzuschrumpfen und zu schwinden.

Noch einmal sprang Rick auf den Tisch. »Geister von Britannien, ich schäme mich«, sagte er. »Habe ich euch nicht gesagt, was ein Asyl ist?«

Die Geister sahen ihn an, schweigend und voller Scham.

»Ein Asyl ist eine Zuflucht, ein Platz der Sicherheit. Für jeden. Ich gebe zu, daß Lord Bullhaven ein Lump war, als er noch lebte.«

Lord Bullhavens Geist, noch immer in der Fensteröffnung, nickte traurig.

»Aber seid ihr denn so wunderbar gewesen, als ihr noch gelebt habt? Wie war das mit dem Haushaltsgeld von Heinrich VIII.? War das wirklich ein Irrtum?« Rick sah Tante Hortensias Kopf an, der purpurrot wurde.»Und warum wurde der Verrückte Mönch in Wirklichkeit eingemauert, habt ihr ihn das gefragt? Und was ist mit all den Leuten, die der Schwebende Kilt in der Schlacht von Otterburn getötet hat?«

»Das war eine Schlacht. «

»Trotzdem war es Töten«, gab Rick mit fester Stimme zurück. »Geister von Britannien, ich bitte euch: Vergeßt Lord Bullhavens Vergangenheit und öffnet dieses Asyl für jeden Geist und jedes Gespenst, das einen Platz sucht, wo es sein Haupt hinlegen kann.«

Schweigen herrschte. Dann schwebten die Geister, tief bewegt von Ricks Worten, auf das Fenster zu. »Willkommen auf Insleyfarne, Lord Bullhaven«, sagte der Schwebende Kilt.

Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ sich das Gespenst auf den Boden herab und streckte grüßend die Hände aus.

Als die Kinder zum Flugzeug zurückkehrten, stand Peregrine traurig neben seiner Maschine und sah aufs Meer hinaus. Er war aufgewacht, ohne sich an etwas zu erinnern. Er konnte sich nicht erklären, warum er an dieser kalten, grauen Küste gelandet war. Die Kinder ließen es dabei. Sie forderten ihn auf, mit ihnen zurückzufliegen, was er nur zu gerne tat.

Im Flugzeug war Rick sehr still. Der Abschied von den Geistern hatte in ihm ein Gefühl der totalen Leere hinterlassen. Die Hexe hatte ihm zwar versprochen, daß Humphrey im Frühling zum Spuken nach Schloß Norton kommen würde, trotzdem fühlte er sich müde und lustlos. Barbara sah ihn einen Augenblick lang schweigend an. Dann lehnte sie sich nach vorn. »Bevor wir herkamen, habe ich etwas über die Eisbären gelesen«, schrie sie ihm ins Ohr. »Über die in Alaska.« Rick nickte. »Was ist los mit ihnen?«

»Sie werden selten, vielleicht sterben sie aus. Reiche Leute jagen sie vom Flugzeug aus oder mit dem Schneemobil. Es ist einfach schrecklich.«

Rick sagte noch immer nichts, aber sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Er dachte nach. Wann könnte er nach Alaska fahren? Was würde das kosten? Würde er Barbara und Peter mitnehmen oder alleine reisen? Was genau fraßen Eisbären?

Barbara beobachtete ihn eine Zeitlang. Dann lehnte sie sich zurück. Sie war zufrieden, Rick ging es wieder gut. Für jemanden wie ihn würde sich immer eine Aufgabe finden.