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«Was soll das heißen, Porter?«sagte er mühsam. Aber er kannte die Antwort schon. Die fürchterliche Antwort.

«Der Mörder ist unter den Offizieren, Sir!«

Im dunklen Gang verloren sich die knallenden Schritte Porters, bis das Zuschlagen eines Schotts alle Geräusche erstickte.

Gegen drei Uhr morgens schloß Nicholson die Tür zu Raum zwei auf. Sanitätsmaat Blides schnarchte auf seinem Bett, Dr. Blandy schlief ebenfalls, Leutnant Curtis hatte Wache, im Maschinenraum saß die zweite volle Besetzung, ebenso im Navigationszentrum. Das Boot fuhr mit Höchstgeschwindigkeit dem Nordpol entgegen. Nicholson hatte über die Bordsprechanlage alle Abteilungen abgefragt. Keine besonderen Vorkommnisse, außer der Tatsache, daß der >Alte< selbst die tollen Weiber bewachte. Das beruhigte erstaunlicherweise das ganze Boot. Kein Offizier kam an die Mädchen heran. Genaugenommen war der >Alte< die tollste Type, die je aus der US-Navy hervorgegangen war.

«Kommen Sie heraus«, sagte Nicholson leise in den dunklen Raum hinein. Auch wenn er nichts sah oder hörte, er wußte, daß Monika wach war. Und tatsächlich kam sie in den Vorraum, nicht im Nachthemd oder nackt, wie es die anderen getan hätten, sondern korrekt gekleidet. Sie hatte das kurze blonde Haar gekämmt und sogar eine kunstvolle Ponyfrisur hingezaubert. Sie sah hinreißend aus. Sie besaß trotz ihrer Kühle eine Ausstrahlung, die Nicholson wie einen Wärmeschirm empfand. Es war ihm, als könne man in ihrer Nähe eiskalte Hände auftauen, und als sie ihn ansah, wortlos, nicht einmal fragend, sondern mit einem Blick, der Selbstverständlichkeit ausdrückte, wußte er für alle Zeiten, daß diese Augen so etwas wie Heimat bedeuten konnten.

«Setzen Sie sich«, sagte er und zeigte auf das freie Bett, auf dem er bisher gehockt hatte. Die MPi lag noch neben dem Kopfteil.

Sie nickte, setzte sich und blickte zu ihm hoch. Er blieb stehen und legte die Hände auf dem Rücken übereinander. Hände sind verdammte Dinger. Sie sind in entscheidenden Momenten meistens im Weg, und man weiß eigentlich nie, wohin damit.

«Sie bleiben stehen?«

«Ich möchte es vermeiden, mit Ihnen auf einem Bett zu sitzen, Miß Herrmann.«

«Und ich spreche nicht gern nach oben, mit dem Kopf im Nacken. Außerdem sitzen wir nebeneinander auf dem Bett. Wir liegen nicht.«

«Das ist allerdings ein Unterschied. «Er lächelte verlegen, dann setzte er sich neben sie und konnte nicht verhindern, auf ihre festen sportlichen Brüste zu blicken. Sie waren gerade so groß, daß sich eine Männerhand darüberlegen konnte. Er riß sich von diesem irritierenden Gedanken los und umklammerte seine Knie. Und wieder die unbeholfenen Hände!» Warum schlafen Sie nicht?«fragte er, als sie nicht mit der Unterhaltung begann, was er gehofft hatte.

«Weil ich wußte, daß Sie die Tür aufschließen werden«, antwortete sie.

Das verwirrte ihn so, daß er keine Worte fand. Sie saßen eine Weile nebeneinander, sahen den schnarchenden Blides an und kamen sich beide sehr dumm vor.

«Sie sagten, Sie könnten mir helfen?«begann Nicholson endlich.»Nur darum schloß ich die Tür auf.«

«Natürlich nur darum. Warum sonst!«Sie sagte es ganz nüchtern. Er bewunderte sie maßlos und dachte: Mein Gott, sie paßt zu mir. Wie gut paßt sie zu mir! Keine andere Frau kann so sein wie sie, kann genauso sein, wie ich sie mir vorstelle, solange ich an Frauen denke! Sie ist es! Da muß man dreiundvierzig Jahre alt werden, um das Gegenstück zu sich selbst zu finden, um die andere Hälfte zu entdecken, die aus einem erst den vollkommenen Menschen, den ganzen Jack Nicholson macht!» Und wie wollen Sie helfen?«

«Ich habe vier Freundinnen, für die der Sex fast der ganze Lebensinhalt ist. Sie bleiben noch drei Monate unter Wasser, davon einen ganzen Monat unter dem Nordpol, unter der ewigen Eisdecke, um dort Übungen zu machen.«

«Woher wissen Sie das?«

«Ihre Offiziere sind auf weichen Mädchenkörpern so mitteilsam wie Schallplatten!«

«Natürlich. Ich vergaß das. «Nicholson kaute an der Unterlippe, Monikas Nähe begann ihn zu beschäftigen. Er roch, daß sie sich mit Rosenseife gewaschen hatte, daß ihr Blondhaar nach einem herben Parfüm duftete, er bemerkte, daß die Warzen ihrer Brüste genau in der Mitte der festen Hügel saßen und schwach durch den Kleiderstoff stachen. Ihre Beine, die sie beim Sitzen von sich streckte, waren schlank und doch muskulös, die Fesseln alles andere als dürftig, nämlich gut durchgebildet. Beine, auf die man sich im Leben fest verlassen konnte. Beine, die nicht so leicht nachgaben. Beine, die einen Willen ausdrückten, so lustig das auch klingen mag. Ich bin das Leben, die Lust zum Leben… sagten sie.

Er schüttelte die Gedanken wieder ab und konzentrierte sich auf das Problem seines Bootes. Fünf Mädchen sind an Bord, und die Ordnung scheint zerbrochen.

«Ihr Vorschlag?«fragte er kurz.

«Setzen Sie uns wieder aus.«

«Unmöglich!«Er war bei ihren klaren Worten zusammengezuckt wie unter einem Schlag.

«Warum?«

«Meine Offiziere und die Mannschaft werden das verhindern. Sie meutern unter Garantie.«

«Und wenn wir das wollen? Ich könnte meine Freundinnen dazu überreden. Wir haben stundenlang darüber gesprochen. Endlich sehen sie ein, daß dreihundert Männer gegen vier Mädchen ein ungesundes Verhältnis ist! Lassen Sie uns mit unserem Gummifloß und genug Lebensmitteln wieder hinaus. Man wird uns schon auffischen.«

«Das geht nicht. «Nicholson vermied es, sie jetzt anzusehen.»Amtlich sind Sie bereits tot!«

«Was heißt das, Commander?«

«Ich habe der Admiralität gemeldet, daß ich Sie bereits ausgesetzt habe. Aber niemand hat Sie gefunden. Also sind Sie tot!«

«Das ist ja verrückt! Und wenn wir nach drei Monaten wieder auftauchen?«

«An die Zeit nach drei Monaten denke ich noch nicht, Miß Herrmann.«

«Und warum haben Sie das getan?«

«Um mein Boot zu retten!«Jetzt sah er sie doch an, und ihr Blick war wieder eine Heimat für ihn.»Und warum wollten Sie mir helfen und sich aussetzen lassen?«

«Auch, um Ihr Boot zu retten.«

«Ich danke Ihnen, Monika«, sagte er leise.»Sie sind eine wunderbare Frau.«

Plötzlich hatte er sie umarmt, und sie leistete keinen Widerstand, als er sie küßte. Er spürte ihre Brüste, ihre Wärme, ihre verhaltene Zärtlichkeit, ihre beinahe rührende Unsicherheit im Spiel der Liebe.

«Sag nicht, daß du mich liebst«, sagte sie, als sie sich trennten und wieder nebeneinander saßen.»Ich weiß es auch nicht. Aber irgend etwas ist mit uns los. Warten wir, ja?«

«Ja, warten wir. «Er seufzte. Es war ein Seufzen, mit dem sich ein Herz öffnet.»Wir haben so viel Zeit.«

Er hatte sie gerade wieder im Raum zwei eingeschlossen und war zu dem Bett zurückgekehrt, als Nicholson Schritte im Gang hörte. Er sprang auf, entsicherte die MPi und riß die Tür auf. Durch das Halbdunkel hetzte Oberleutnant Cornell zum Bordlazarett.

«Sir!«schrie er, als er Commander Nicholson im Licht des Vorraums stehen sah.»Sir, kommen Sie sofort zu den Offiziersunterkünften! Fähnrich Duff. der kleine Duff. «Er holte tief Luft.»Er ist tot, Sir! Man hat ihn mit seinem eigenen Kissen erstickt.«

Kapitel 6

Der Raum sah nicht danach aus, als habe ein Kampf stattgefunden. Herbert Duff, der liebe Junge, der heimlich Gedichte schrieb und Briefe an seine Mutter, die er nie abschickte, weil er sein Herz ausschüttete: Ich habe Angst, Mutter, Angst vor dem Meer, vor dem Boot, vor dem Dienst, vor dem Offiziersein. Ich hätte Gärtner werden sollen, ich liebe Blumen, aber auf dem Meer wachsen keine Blumen, und die Blumen hier im Boot sind aus Plastik. Doch ich halte durch, Mutter, weil Du es willst und weil Vater wollte, daß ich Offizier werde.

Dieser kleine, von allen wie ein Sohn geliebte Duff lag in seiner Koje auf dem Rücken, die Augen gläsern und starr, mit offenem Mund und in der Mundhöhle ein paar kleine, weiße Daunenfedern.