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Jack Nicholson lehnte die MPi an die Tür von Duffs Kajüte und sah sich um. Hinter ihm stand Bernie Cornell mit einem entsetz-ten Gesicht. Seine Nerven waren wie bloßgelegt… gleich wird er schreien, dachte Nicholson, und keiner kann ihm das übelnehmen. Auch ein Offizier darf Nerven haben — und ein Herz.

Er beugte sich über den kleinen Duff und berührte ihn vorsichtig. Der Körper war noch warm.

«Ein frischer Mord!«sagte Nicholson heiser.»Cornell, der Mörder muß Ihnen fast die Klinke in die Hand gedrückt haben, als Sie hereinkamen.«

«Ich habe keinen gesehen, Sir«, stotterte Cornell.»Keinen.«

«Wie kommen Sie übrigens darauf, daß Duff mit einem Kissen — «

«Es lag auf seinem Gesicht. Ich habe es weggerissen und… dort liegt es, Sir.«

Cornell deutete unter den Klapptisch. Nicholson bückte sich, holte das kleine Kissen hervor und drehte es. An einer Seite war es aufgerissen. hier hatte Duff es mit den Zähnen aufgeschlitzt, als er, aus dem Schlaf gerissen, sich instinktiv gewehrt hatte, bevor er erstickte.

Vorsichtig, als sei es aus dünnstem Glas, legte Nicholson das Kissen auf den Klapptisch. Was hatte Porter gesagt? Der Mörder ist unter den Offizieren! Wir haben alle Würfelspieler durch die Mangel gedreht. Von den Mannschaften war es keiner.

Nicholson betrachtete den toten Duff lange. Hinter ihm stand Cornell, der heftig atmete.

«Was veranlaßte Sie, um diese Zeit Duffs Kabine zu betreten, Ber-nie?«fragte er, doch er vermied dabei, seiner Stimme einen mißtrauischen Ton zu geben.

«Ich kam aus der Zentrale, Sir. Ich hatte noch bei Curtis gesessen. Wir spielten Schach. Ich hatte ihn abgelöst. Wenn man Schach spielt, dann schaut man nicht auf die Uhr. Als ich zu meiner Kajüte ging, sah ich, daß Duffs Tür offenstand. >Heh<, hab ich gerufen. >Herbert! Ist dir der Zwiebelbraten nicht bekommen? Behalt deinen Gestank bei dir und verpeste uns nicht das Boot!<«Cornell wischte sich mit zitternder Hand den Schweiß vom Gesicht.»Das… das habe ich noch gesagt, Sir! Und weil Duff keine Antwort gab, bin ich in die

Kajüte. Das Licht brannte ja. Sehe ihn daliegen — mit dem Kissen auf dem Gesicht.«

«Das Licht brannte?«

«So wie jetzt, Sir.«

«Der Mörder hat bei vollem Licht gearbeitet… so sicher ist er sich! Ist Ihnen das klar, Cornell?«

«Es ist entsetzlich, Sir. Ungeheuerlich! Und warum Duff?«

«Das kann ich Ihnen erklären. «Nicholson griff zu dem Telefon, das in jeder Offizierskabine an der Wand hing. Nacheinander rief er die einzelnen Offiziere ab… zuerst Dr. Blandy.

«Komm zu Duff«, sagte Nicholson plötzlich sehr müde.»Und bring dein Stethoskop mit, auch wenn du nichts mehr hören wirst.«

«Was ist denn los, verdammt noch mal?«dröhnte Dr. Blandys Stimme durch das Telefon.»Was heißt hier Stethoskop! Hat einer der Torpedos einen Husten bekommen?«

«Ich bin bei Duff!«sagte Nicholson und hängte ein. Dann rief er die anderen Offiziere.»Hier ist der Kommandant. Kommen Sie bitte sofort zu Fähnrich Duff! Sofort heißt, so wie Sie sind!«

Dann setzte er sich auf die Kante von Duffs Bett und zog plötzlich ein Handtuch vom Haken, breitete es über Duffs Gesicht und zog die Bettdecke bis hinauf zum Kinn des Toten. Bernie Cornell lehnte an der Wand. Ihm war speiübel, er hatte das Gefühl, sein Magen befinde sich in Rotation. Woher nimmt Nicholson bloß die Ruhe? dachte er. Setzt sich auch noch aufs Bett! Ich an seiner Stelle würde brüllen, daß das ganze Boot zittert. Aber das unterscheidet ja den Commander von uns… ich werde wohl nie ein richtiger Commander werden.

Der erste Offizier, der bei Duff eintraf, war Chief McLaren. Natürlich kam er nicht so, wie er war… er knöpfte sich im Laufen noch die Uniformjacke zu. Ihm folgten in schneller Folge Chief Collins, Leutnant Curtis, Leutnant Hamshore, Leutnant Black, Oberfähnrich zur See Williams.

«Mein Gott, was ist mit Duff los?«stammelte McLaren. Er starrte auf das mit dem Handtuch bedeckte Gesicht. Er begriff, was er sah, und war doch plötzlich in allen seinen Gedanken wie gelähmt. Auch die anderen Offiziere, alle in Uniform trotz des Sofortbefehls, standen stumm und verlegen herum und schwiegen. Erst als Sechster kam Dr. Blandy schnaufend daher. Er war der einzige in Hemd und Hose. Vor seiner breiten Brust baumelten die Kunststoffschläuche eines Membranstethoskops. Kaum sah er die Offiziersansammlung, da brüllte er auch schon los. Sein dröhnender Baß klang in dieser Stille doppelt angriffslustig.

«Hat es sich auf diesem Scheißboot noch nicht herumgesprochen, daß ich Arzt bin und an Nachtübungen nicht teilnehme!«schrie er.»Mit einem Stethoskop! Soll ich die Atome abhören, ob sie einen Husten haben?«

Die Offiziere machten ihm Platz. Er stürmte in die Kajüte, sah Nicholson auf dem Bett sitzen, wollte etwas sagen, doch dann sah er den kleinen Duff mit dem Handtuch auf dem Gesicht und zog mit einem röchelnden Laut die Schulter hoch.

«Nein!«

«Doch. «Nicholson zog das Handtuch von Duffs Kopf. Der Anblick des jungen Gesichtes mit den starren Augen und dem offenen Mund traf den Doktor wie ein Faustschlag.»Er ist noch warm, Paul.«

«Und ihr steht hier alle herum und faltet die Hände!«brüllte Dr. Blandy.»Euren Psalm könnt ihr später beten. Los! Wozu haben wir Wiederbelebungsapparate an Bord? Ein Lazarett? Kreislaufspritzen? Los, ihr Vollidioten!«Er stürzte zum Telefon, um seine Sanitäter zu alarmieren, aber Nicholson hielt ihn an der Hose fest.

«Er ist tot, Paul! Man hat ihn mit seinem Kissen erstickt. Er hat noch ins Kissen hineingebissen, aber es reichte nicht mehr zur Gegenwehr. Der Mörder war zu schnell.«

Dr. Blandy machte sich aus Nicholsons Griff los und verzichtete darauf, im Lazarett Alarm zu geben.»Mit seinem Kissen?«sagte er dumpf.»Es war sein Eigentum. Er schleppte es immer mit sich herum. zu allen Lehrgängen, immer. auch wenn ihn alle auslachten. Es… es war von seiner Mutter. Wenn er auf dem Kissen schlief, war es wie ein Daheim für ihn.«

Seine Stimme brach entzwei. Im Hintergrund begann Leutnant Black zu weinen.»So ein Sauhund!«sagte er dabei.»Wenn ich den Mörder erwische — ich bring' ihn um!«

Nicholson schwieg. Jetzt waren alle Offiziere in Duffs Kabine versammelt, standen Schulter an Schulter und starrten fassungslos auf den toten Jungen. Dr. Blandy riß die Bettdecke weg, setzte das Stethoskop auf die schmale Brust des Toten und schloß dabei die Augen. Es war in dieser Situation sinnlos, was er tat, aber es gehörte zu den notwendigen Handgriffen, um einen Tod festzustellen.

Nicholson sah seine Offiziere der Reihe nach an. Einer von ihnen ist der Mörder, dachte er. Auch wenn ich mich dagegen wehre, was Porter in seiner billigen Wut gesagt hat — die logische Überlegung geht dahin, daß jetzt der Mörder hier im Raum steht und mit dem gleichen Entsetzen in den Augen auf sein Opfer blickt wie alle anderen auf ihren getöteten Kameraden. Er steht da und fühlt sich unheimlich sicher. So sicher, daß er sogar das Licht einschaltet, um besser sehen und damit perfekter morden zu können.

Meine Offiziere! Die Elite der Marine. Und einer von ihnen wird zu einem Untier, weil ihm zwei gespreizte Weiberschenkel plötzlich das Wichtigste auf der Welt werden. Etwas, für das es sich sogar lohnt, zu töten!

Wie kann man das noch begreifen?

Dr. Blandy richtete sich wieder auf und zog die Bettdecke hoch. Dann blickte er in den offenen Mund des Toten und wandte sich an Nicholson.»Ich bin dafür«, sagte er dumpf,»daß wir die Basis benachrichtigen und das Unternehmen sofort abbrechen! Auch der Admiral muß dafür Verständnis haben!«

«Er wird es nicht haben«, sagte Nicholson ruhig. Er nahm das Handtuch und breitete es wieder über das Gesicht des Toten.»Für den Admiral ist das Motiv der beiden Morde — nämlich die Mädchen — nicht mehr an Bord! Theoretisch. Sie kennen unsere Funksprüche, meine Herren. Ich müßte jetzt also der Basis melden, daß wir gelogen haben, daß wir laufend Falschmeldungen durchgegeben haben, daß Offiziere und Mannschaften durch fünf männertolle Weiber paralysiert worden sind!«