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Jetzt versinkt er im Meer, dachten sie. Der gute Duff. Der liebe Junge mit den traurigen Augen. Wir hatten ihn alle gern. Alle.

Und sogar der Mörder dachte so. Auch er stand da und grüßte, bis ein neues kurzes Klingeln das Begräbnis beendete.

«Boot klar zum Tauchen!«sagte Nicholson, als er unten am Turm stand. Von oben starrten ihm die Gesichter seiner Offiziere entgegen, die zwölf Mann des Begräbniskommandos kletterten an ihm vorbei ins Boot zurück.

Er sieht fürchterlich aus, dachte Dr. Blandy. Eine Schönheit war er nie, soweit man das als Mann beurteilen kann, aber jetzt ist sein Gesicht nur noch eine kantige Landschaft. Für uns werden Wochen kommen, die wir nicht vergessen werden.

«Boot klar, Sir!«rief Curtis zurück, der sofort den Befehl an Zentrale, Maschinenraum, Navigationszentrum und Wachoffizier weitergegeben hatte. Von dort kamen jetzt die Rückmeldungen.

«Bitte die Brücke räumen!«rief Nicholson hinauf.»Nur der Doktor bleibt! Die dienstfreien Offiziere versammeln sich bitte in der Messe. Der Hauptgang wird geräumt. Cornell!«

«Sir?«Bernie Cornell beugte sich über den Brückenrand.

«Auch Sie gehen in die Messe. Ich bleibe allein im Turm!«

«Aye, aye, Sir.«

Nicholson wartete eine Weile, bis er selbst auf die Plattform stieg.

Dort war jetzt Dr. Blandy allein und schien zu frieren. Er schlug mit den Armen um sich.

«Einen Gefallen tust du mir nicht damit«, sagte er, als der Commander neben ihm stand.»So herrlich die frische Luft ist… sie ist verdammt kalt! Übrigens, du hast gebetet.«

«Ja.«

«Ich wußte nicht, daß du das kannst.«

«Ein Kommandant muß alles können. «Nicholson stieg nach unten, überzeugte sich, daß niemand im Turm und in der Kommandozentrale und daß der Hauptgang leer war. Als er zurückkam, traf er Dr. Blandy im Turm neben dem Sehrohrgestänge.

«Hier ist es direkt warm«, sagte Blandy und grinste.

«Hol die Mädchen, Paul.«

Blandy starrte Nicholson ungläubig an.»Was soll ich?«fragte er.

«Hol die Mädchen und führ sie an Deck. Sie sollen ein paar Züge frische Luft nehmen und sehen, daß noch die Sonne scheint.«

«Du bist wahrhaftig ein verrückter Bursche, Jack!«Dr. Blandy lächelte breit.»Das werden dir die Weiber nie vergessen.«

«Hoffentlich!«

Blandy, der sich schon abgewandt hatte, um zu seinem Lazarett zu gehen, blieb stehen und blickte zurück.»Da ist doch ein Trick bei, Jack, nicht wahr?«

«Nein! Sie sollen einmal kräftig durchatmen, das ist alles.«

Er sah dem Arzt nach, bis er hinter einer Schottür verschwand. Dann stieg er auf die Plattform des Turmes. Die unendliche Einsamkeit aus Himmel, Meer und Eisschollen, überglänzt von einem Sonnenlicht, das wie leuchtendes Messing war, tat ihm gut. Er lehnte sich an die Brüstung, drehte das Gesicht der Sonne zu, schloß die Augen und fragte sich, was für ihn besser war: Arzneimittelvertreter von Blan-dys Gnaden, oder eine Kugel in den Kopf. Ich habe versagt, dachte er. Ich werde das befohlene Programm noch herunterspulen. Aber dann? Meine Heimat ist die Navy, und aus ihr wird man mich vertreiben. Wie viele Heimatlose sind an ihrem Heimweh zugrunde gegangen!

Durch den Gang hörte man das Trippeln vieler Füße. Er straffte sich, trat zurück bis zum Radarmast und wartete. Zuerst tauchte Do-rette auf, das schwarzhaarige französische Teufelchen. Sie war eingewickelt in eine Decke, denn Dr. Blandy hatte vor der eisigen Luft gewarnt. Hinter Dorette kam Joan zum Vorschein, auch sie in einer Decke. Dann die langbeinige, blonde Lili, nach ihr das rothaarige Biest Evelyn, zuletzt Monika und Dr. Blandy. Sie standen auf der Plattform, zogen die Decken noch enger um ihre Körper und starrten auf das Meer und das Treibeis. Sie waren wie gebannt vom Anblick dieser stillen Größe, daß sie sich nicht umdrehten und deshalb nicht wußten, daß hinter ihrem Rücken der Commander stand.

«Wundervoll, Doc!«sagte Joan enthusiastisch.»Um so etwas zu sehen, lohnt sich ein Europatrip.«

«Der Anblick kostete bisher zwei Menschenleben!«sagte Nicholson grimmig.

Die Mädchen fuhren herum. Evelyn war die erste, die ihre Sprache wiederfand.

«Das hätten wir uns denken können«, sagte sie spitz.»Daß Sie dastehen und uns auch noch den Genuß von Luft und Sonne vermiesen.«

«Ich wollte Ihnen nur zeigen, wo wir Fähnrich Duff begraben haben. «Nicholson trat vor. Er ignorierte Blandys strafende Blicke und blieb ungerührt. Monika war die erste, die er erreichte. Vor ihr blieb er stehen.

«Es stimmt also.«, sagte sie leise.»Noch ein Toter.«

«Ja. «Nicholson zeigte auf die Brüstung.»Wenn die Damen mitkommen möchten. Ein Blick nach Backbord bitte: Dort hängt jetzt der kleine Fähnrich Herbert Duff in unbestimmter Tiefe im Meer. Auf Grund kann er nicht kommen. wir haben hier über dreitausendsechshundert Meter Tiefe. So schwer kann man keine Leiche machen.«

«Warum erzählen Sie uns das, Sir?«Joans Stimme war kühl. Sie schaute bewußt nach Steuerbord.»Wir haben ihn nicht umgebracht.«

«Aber Sie wissen genau, warum er umgebracht wurde. Und während

Sie jetzt ein paar Minuten frische Luft einatmen können, gebe ich Ihnen Gelegenheit, über Ihr weiteres Handeln an Bord meines Schiffes nachzudenken.«

«Sie haben uns eingeschlossen wie wilde Tiere. Was wollen Sie noch?«schrie Lili erregt.»Und wie ich Sie kenne, bleiben wir in diesem Mistzimmer bis zur Rückkehr! Drei Monate, sagt Monika. Sie sind verrückt!«

«Drei Monate ohne Mann, und ich werde verrückt!«sagte Evelyn und stieß den schmalen Kopf mit den feurroten Haaren vor.»So etwas können Sie nicht befehlen!«

«Sie wissen nicht, was ich alles kann, meine Damen!«Nicholson blickte auf seine Armbanduhr.»Ich gebe Ihnen noch fünf Minuten, sich die Sonne anzusehen. Dann tauchen wir wieder. Und wir kommen erst jenseits des Nordpols wieder hoch.«

«Und wenn wir uns weigern?«fragte Joan plötzlich.

«Weigern?«Nicholson sah sie verblüfft an.»Zum Beispiel?«

«Zum Beispiel, daß wir den Turm verlassen sollen!«Joans Lächeln war herausfordernd und voller Triumph.»Was wollen Sie tun, wenn wir uns weigern, wieder in Ihr Mistboot zu steigen? Wenn wir einfach hier oben bleiben. Dann können Sie gar nicht tauchen, Sie superschlauer Commander.«

«Warum kann ich nicht?«antwortete Nicholson ruhig.

«Wollen Sie uns ersäufen?«

«Wenn Sie mich dazu zwingen. «Nicholson steckte die Hände in die Taschen seiner Lederjacke. Die Kälte drang sogar durch das Lammfellfutter.»Sie haben noch immer nicht begriffen, daß es für mich nur das Boot gibt. Sonst nichts. «Er sah dabei Monika an. Sie erwiderte seinen Blick, und er erkannte, daß sie ihn verstand.»Ich tauche! Ob zwei Tote oder sieben, das spielt jetzt keine Rolle mehr!«Sie weiß genau, daß ich es nie tun werde, aber ich muß es sagen. Die anderen glauben es vielleicht. Er sah auf die Uhr und nickte.»Die fünf Minuten sind um. Verlassen Sie bitte den Turm.«

«Ich denke nicht daran!«sagte Lili Petersen laut. Sie ging weiter, lehnte sich gegen die Brüstung und blitzte Nicholson kampfesmu-tig an.»Ich bleibe hier! Tauchen Sie doch! Ein Killer als U-Boot-Kommandant. Ein Hey-hey-hey auf die US-Navy!«

«Ich lasse Sie mit Gewalt entfernen!«

«Oh, das wäre schön!«Dorette lächelte.»Ich möchte den Mann sehen, der mich mit Gewalt wieder einsperrt, wenn ich ihm richtig wohin packe.«

«Na los! Los! Schicken Sie ein paar von ihren kräftigen Jungs, Commander! Darauf warten wir ja!«Evelyn lachte laut. Ihr rotes Haar flatterte im Wind. Es war ein schneidender Wind, der vom ewigen Eis herkam. Auch die anderen Mädchen lachten, bis auf Monika, die Nicholson mit einem stummen Achselzucken ansah.»Wo sind sie denn, die harten Burschen? Wir werden ihnen zeigen, wo sie hingreifen müssen.«