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Draußen schleppte man jetzt das ganze Material auf das Oberland. Slingman, Yenkins und vier Matrosen — die stärksten — schufteten wie die Ameisen. Sie kletterten hinauf und hinunter, und sie schleppten die Lasten über die Strickleiter den eisverhangenen Felsen hinauf. Der Wind wurde immer stärker. Der über die glatte Fläche gepeitschte Schnee ließ nur noch wenige Meter Sicht frei. Es war kaum möglich, zu atmen. Die Männer steckten die Gesichter in die Pelze, wenn sie Luft holen wollten und blieben so, mit dem Rük-ken gegen den Wind, stehen, bis sich die Lungen wieder vollgesaugt hatten. Erst dann konnten sie weiterarbeiten. Sechs Mann bauten in diesem höllischen Sturm das dritte Zelt auf, das von unten heraufgebracht worden war. Es war ein großes Zelt, in dem die restliche Mannschaft leicht Platz hatte. Auch das Schlauchboot und den Motor schleppten Slingman, Yenkins und die anderen über die Strickleiter nach oben. Dann suchten sie alle Höhlen und auch das Landeplateau nach Abfall oder vergessenen Dingen ab. Falls die Russen wirklich landen würden, sollte nichts verraten, daß hier bereits Menschen an Land gegangen waren.

«Alles okay!«meldete Slingman, der bis zuletzt unten geblieben war.»Alle Spuren sind weg, Sir! Ich habe auch den gefrorenen Urin abgeschabt und ins Meer geworfen. Da muß einer wie ein Pferd gepißt haben!«

«Bist ein guter Junge, Bill«, sagte Cornell ins Walkie-talkie.»Komm jetzt rauf. Ende.«

Damit war der Umzug beendet. Er hatte über drei Stunden gedauert, und Bernie Cornell atmete erleichtert auf. Er stand hinter der künstlichen Eismauer und blickte mit dem Nachtglas hinunter auf das hellerleuchtete sowjetische U-Boot. Irgend etwas mußte dort die Ruhe gestört haben. Die Russen wurden munter, das Turmluk klappte hoch, nacheinander kletterten sechs Männer in Pelzmänteln auf die Plattform. Bill Slingman hing noch in der Strickleiter am Felsen. Ihm fehlten vielleicht gerade noch zehn Meter bis zum Rand.

«Ihre Lauscher haben nicht geschlafen!«flüsterte Cornell hinüber zu Hendricks, der neben ihm stand.»Wer von uns hat da Krach gemacht?«

«Der verdammte Außenbordmotor! Die Jungs konnten nichts dafür. Er ist dreimal gegen die Felswand geschlagen. Schließlich transportiert man Motoren nicht Felswände empor.«

«Scheiße! Slingman ist noch in der Wand. «Auf dem russischen U-Boot flammten plötzlich drei starke Scheinwerfer auf. Sie stachen ihre grellen Lichtbündel aus dem Turm und begannen zunächst das Meer abzutasten. Stellen, welche von den Lichtstrahlen berührt wurden, waren taghell, so gleißend hell, daß nichts verborgen blieb. Slingman erkannte sofort die Gefahr. Er kletterte weiter mit der Geschwindigkeit eines Affen. Nur noch sieben Meter, sieben lächerliche Meter. Aber sieben Meter auf der Erde sind etwas anderes als sieben Meter auf einer Strickleiter an einem vereisten Felsen.

«Wenn die Russen die Scheinwerfer ein wenig höher stellen, ist alles aus!«sagte Hendricks.»Dann ist Slingman wie eine Zirkusnummer angestrahlt.«

«Sagen Sie ein Vaterunser, aber halten Sie die Schnauze!«brummte Cornell.»Vielleicht haben wir Glück.«

Sie verfolgten die Scheinwerferarme, die noch immer über das Meer glitten. Eisschollen leuchteten blauweiß auf, man sah sogar, daß dicht unter der Wasseroberfläche ein Fischschwarm sichtbar wurde. Wie glitzerten die kleinen schmalen Leiber im Licht!

«Die haben ja ein verteufeltes Licht, die Russen!«sagte Dr. Blandy. Er war zu den beiden Offizieren getreten, nachdem er seinen Seesack ausgepackt und seine Arzttasche griffbereit im Zelt aufgestellt hatte.»Aber sie kommen etliche Minuten zu spät.«

«Slingman hängt noch in der Leiter.«

«O Scheiße!«Blandy starrte auf den Felsrand.»Wie tief?«

«Keine Ahnung. «Cornell betrachtete durch das Nachtglas die sechs russischen Offiziere auf dem Turm.»Die Sowjets haben wahrscheinlich Ihr Lachen gehört, Doc«, sagte er giftig.

«Ich befürchte, ich muß Sie eines Tages doch noch k.o. schlagen!«brummte Blandy.»Himmel, warum kommt Slingman nicht! Ein Neger kann doch klettern wie ein Affe. Ich geh mal rüber und guck, wo er bleibt.«

«Sie bleiben hier, Doc!«Cornell hielt Blandy an Ärmel fest.»Es genügt, wenn die Russen einen Mann sehen.«

«Ob einen oder zwei, das ist doch dann scheißegal! Dann wird es hier lustig. Die Russen sind keine Hirnatrophiker! Wo eine Strickleiter hängt, gibt es mehr als einen Mann!«

Sie hielten kurz den Atem an, als die drei Scheinwerfer plötzlich erloschen, aber ebenso plötzlich wieder aufleuchteten. Sie standen jetzt höher und tasteten die Küste ab.

«Gleich sind wir dran«, sagte Dr. Blandy aufgeregt.»Noch ein biß-chen höher, und sie haben unsere Höhlen und die Strickleiter im Visier.«

In diesem Augenblick erschien Slingman auf dem Oberland. Er warf sich sofort auf das Eis und begann, die Strickleiter heraufzuziehen. Leutnant Hendricks lief zu ihm, warf sich neben ihn und half ihm. Meter um Meter tasteten die russischen Scheinwerfer die Felsen ab. Es war ein Wettlauf um Sekunden… als das Ende der Strickleiter über Hendricks und Slingman aufs Eis klatschte, hatten die hellen Strahlen auch die Stelle erfaßt, wo Slingman noch vor ein paar Minuten gebaumelt hatte. Cornell atmete pfeifend aus. Dr. Blandy wischte sich den Schweiß von der Stirn… er war zu Kügelchen gefroren. Auf dem Bauch krochen Hendricks und Slingman in Deckung. Erst hinter dem Eiswall wagten sie, sich aufzurichten.

«Dafür sollten Sie einen Orden bekommen, Bill«, sagte Cornell heiser vor Erregung.»Aber was es an Blechklamotten gibt, haben Sie ja schon! Achtung! Deckung!«

Sie duckten sich hinter die Eismauer. Die Scheinwerfer hatten den oberen Rand des Felsens erreicht, um Blandy, Slingman und Hendricks war es taghell geworden. Es war, als bräche das Licht durch das Eis wie Röntgenstrahlen. Alles wurde transparent. Dr. Blandy hob die Schultern.

«Wenn das eine neue russische Geheimwaffe ist, sind wir im Eimer, Jungs«, knurrte er.

Die Scheinwerfer blieben einen Augenblick auf den Eisbarrieren stehen, aber dann wanderten sie weiter und senkten sich wieder auf die Felswand. Dort oben war die absolute Einsamkeit, dachten wohl auch die Russen. Urzeit. Nur Eisschollen, von Froststürmen angeblasen. Das blendende Licht tastete wieder die Höhlenreihe ab.

«Denen haben wir's gezeigt«, sagte Blandy und richtete sich wieder auf.»Die Russen haben einen unheimlichen Respekt vor mir.«

Jetzt konnten auch die anderen wieder lachen. Sie lehnten sich gegen die Eismauer, zogen die Pelze ins Gesicht und lachten in die Felle hinein. Ein fast hysterisches Lachen, das befreite und den ungeheuren Druck aus dem Körper trieb.

«Das war der erste Streich«, sagte Cornell später, als sie im großen Zelt saßen.»Aber aus dem Mist sind wir erst heraus, wenn die Russen weggetaucht sind. Solange dürfen wir uns nicht rühren. Kein offenes Feuer, keinen Rauch — «

«Sie Witzbold!«sagte Dr. Blandy.»Womit denn? Ohne Holz!«

«Es könnte einer auf die Idee kommen, die Kisten als Brennmaterial zu nehmen.«

«So dämlich ist keiner. Außerdem haben wir genug Propangas bei uns… und in vier Tagen sind die Leute von VENUS XI hier.«

«Eben!«Cornell hielt seine klammen Finger über das Öfchen.»Wenn die mit ihren Motorschlitten herankommen, werden die Russen jubeln. Ein wahres Schauspiel, und der Iwan hat einen Logenplatz.«

«Sie werden so schnell nicht kommen!«Dr. Blandy nickte nach oben. Der Sturm riß an dem gepolsterten Zelt. Sein hohles Heulen wurde immer stärker, und die Leinen, mit denen das Zelt gespannt war, knirschten bedenklich. Als Blandy gegen den Stoff drückte, war es, als versinke seine Faust in dicker Watte.

«Man muß sich vorsehen«, sagte er.»Bei diesem Wind frieren den Eisbären sogar die Arschlöcher zu.«

Commander Jack Nicholson dachte nicht an das traurige Schicksal von Eisbären. Bewegungslos lag die POSEIDON I auf dem Meeresgrund, mit abgestellten Motoren, gedrosselten Entlüftungsfiltern und scharfgemachten Torpedos. Aber auch alle Stationen für eine Selbstversenkung waren besetzt, die Sprengladungen, die das Boot zerstören sollten, waren an die elektrischen Auslösekontakte angeschlossen, an jeden Mann waren die Tauchretter ausgegeben worden. Schwimmwesten mit druckausgleichenden Sauerstoffatmungsgeräten.