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In Dutzenden von Filialen, bis San Franzisko hinunter, saßen seine Angestellten und besorgten nach telegraphischen Orders seine großen Geschäfte.

Früher hatte Hunger immer wieder die Menschen vertrieben, die ins Land kamen, jetzt aber war Jacob Welse da mit seinen Proviantläden. So konnten sie auch den Winter über trotz aller Kälte bleiben und im gefrorenen Schlamm nach Gold suchen. Er ermutigte, versorgte sie, gab ihnen Kredit. Aus einem Speicher und einem Laden, die er irgendwo in die Wildnis gelegt hatte, wurde in wenigen Jahren eine Stadt. Unermüdlich, unbezwinglich, war er überall zugleich und tat alles, erschloß neue Flußläufe und mit den neuen Flußläufen neue Provinzen. Die großen Speditionsfirmen mußten ihm Frachtermäßigung gewähren; mit allen Mammutunternehmen der Welt stand er in Verbindung. Er verkaufte pfundweise Mehl und Tabak, einzelne Decken, einzelne Tabakspfeifen, zugleich erbaute er Industrieanlagen, ließ Bauplätze in Hunderten von Hektaren vermessen, eroberte Kupfer-, Eisen-und Kohlengruben.

Er trug das Land auf seinen Schultern, er allein leistete alle öffentliche Arbeit dieses Landes. Jede Unze Goldstaub ging durch seine Hände, jede Postkarte, jeder Kreditbrief. Er besorgte alle Bank- und Börsentransaktionen, den Postverkehr, die Postverteilung. Er jagte die Konkurrenz aus dem Lande, ein Schrecken der Raubbau treibenden Kapitalisten; er bluffte kampfbereite Trusts. Es war manchmal ein hartnäckiges Ringen, aber immer fand er den Bluff, der seine Gegner vernichtete. Bei alledem fand er Zeit, an seine mutterlose Tochter zu denken, sie zu lieben und für eine Erziehung zu sorgen, die seiner Stellung entsprach.

Jacob Welse half seinem Gast in den Pelz und sprach beim Abschiednehmen:

»Dann sind wir uns also einig, Hauptmann, daß wir den Ernst der Situation energisch übertreiben wollen! Sie ist ernst genug; wir zwei wollen verhindern, daß alles noch schlimmer wird. Sie und ich, wir sind beide schon mit Hungersnöten fertiggeworden; man muß der Gefahr nur rechtzeitig ins Auge sehen. Die Leute sollen Angst kriegen, jetzt schon, nicht erst, wenn es zu spät ist. Sorgen Sie dafür, daß fünftausend Mann Dawson verlassen, lassen Sie diese Fünftausend weit und breit von der drohenden Hungersnot erzählen, damit verhindern wir, daß andere Fünftausend über das Eis zu uns herüberkommen.«

»Sie können mit der Hilfe der Polizei rechnen, Herr Welse.« Der Hauptmann war ein untersetzter Mann mit ergrauenden Haaren und militärischer Haltung.

»Sie haben es ja schon so weit gebracht, daß die Chechaquos ihre Ausrüstung verkaufen und sich nach Hunden umsehen. Sobald das Eis trägt, haben wir eine richtige Auswanderung! Wer jetzt seinen Proviant verkauft und fortzieht, macht uns das Leben um einen leeren Magen leichter und füttert zugleich einen Mann, der hierbleibt. Wann geht die >Laura< ab?«

»Heute morgen mit dreihundert Mann an Bord! Ich wollte, es wären dreitausend!«

»Gott erhöre Ihr Gebet! Im übrigen, wann kommt Ihre Tochter an?«

Bei diesem Thema wurden Jacob Welses Augen warm.

»Sie kann jede Stunde eintreffen. Wenn sie erst da ist, müssen Sie oft zum Essen zu uns kommen und ein paar nette Jungen aus den Baracken mitbringen. Ich kenne nicht all die Namen, aber sagen Sie jedem, den Sie einführen wollen, daß die Einladung von mir persönlich komme. Ich hatte ja nie viel Zeit für Gesellschaft, aber sorgen Sie ein bißchen dafür, daß das Mädel sich amüsiert. Sie kommt geradewegs aus den Staaten und aus London und soll sich hier nicht ganz vereinsamt fühlen.«

Die Tür ging auf.

»Herr Foster läßt fragen, ob er weiter Lieferscheine ausfüllen soll?« »Jawohl, Herr Smith. Aber er soll alles auf die Hälfte herabsetzen. Wer einen Schein auf tausend Pfund hat, bekommt nur für fünfhundert Ware.«

»Jawohl, Herr Welse.«

Dann kam ein anderer Angestellter.

»Kapitän McGregor möchte mit Ihnen sprechen.«

»Herein mit ihm!«

Man sah es dem Schiffskapitän an, daß er von Kind an die rauhe Hand der Neuen Welt gespürt hatte. Sie hatte ihn hart geknetet, aber sein grimmiges Gesicht sprach von unbestechlicher Ehrlichkeit, und zugleich sah man ihm an, daß mit ihm nicht gut Kirschen essen war. Sein breit vorstehendes Boxerkinn, die gebrochene schiefe Nase und eine große Narbe, die quer über seine Stirn lief, bewiesen, wie oft er seinen Mann gestanden hatte.

»In einer Stunde werfen wir los, Herr Welse. Bitte Ihre letzten Orders.«

»Schön, Kapitän. Ich habe diesen Winter eine andere Verwendung für Sie im Auge, aber leider müssen Sie jetzt doch mit der >Laura< fahren. Können Sie raten, warum?«

»Es wird Krach geben«, sagte Kapitän McGregor, und um die Runzeln seiner Schläfen spielte so etwas wie ein Lächeln.

»Jedenfalls eine Aufgabe, für die es keinen besseren Mann gibt als Sie. Bally wird Ihnen noch genaue Instruktionen geben. Aber soviel kann ich Ihnen gleich sagen: Wir müssen den Leuten solche Angst machen, daß sie aus dem Lande verschwinden, sonst wird in Fort Yukon bald jedes Pfund Proviant mit Gold aufgewogen. Verstanden?«

»Jawohl!«

»Also keine Verschwendung dulden! Zunächst nehmen Sie dreihundert Mann mit flußabwärts, wahrscheinlich kommen doppelt so viele nach, sobald das Eis trägt. Sie werden den Winter über tausend Mäuler durchzufüttern haben. Setzen Sie alle auf Rationen und sorgen Sie dafür, daß gearbeitet wird. Brennholz sechs Dollar den Klafter. Lassen Sie es am Ufer aufstapeln, wo der Dampfer anlegen kann. Wer nicht arbeitet, bekommt nichts zu essen. Verstanden?«

»Jawohl!«

»Tausend Mann können unangenehm werden, wenn sie müßig gehen. Können sogar sehr unangenehm werden. Passen Sie auf, daß sie die Depots nicht stürmen! Geschieht etwas dergleichen, dann kennen Sie Ihre Pflicht.«

Der Kapitän nickte grimmig.

»Fünf Dampfer stecken im Eis. Sie haben dafür zu sorgen, daß sie in Ordnung sind, wenn der Frühling das Eis aufbricht. Aber zuerst schaffen Sie alle Ladungen in ein großes Depot! Das können Sie leichter verteidigen. Machen Sie das Depot wasserdicht! Suchen Sie sich die rechten Leute heraus, die mit einem Gewehr umgehen können! Vergessen Sie nicht: Wenn es hart auf hart geht, hat der gewonnen, der zuerst schießt!«

Als der Kapitän wegtrat, wurde Herr John Melton gemeldet, er folgte dem Kontoristen auf den Fersen, um nicht abgewiesen zu werden. Er schnaufte wie ein zorniges Nashorn und hielt dem Chef der Kompanie ein Papier vor die Nase.

»Lesen Sie das! Was soll das bedeuten, zum Henker?«

Jacob Welse warf einen Blick auf das Papier.

»Tausend Pfund Proviant.«

»Na also! Sagt mir der Kerl im Speicher, es gilt nur für fünfhundert!«

»Das stimmt.«

»Aber.«

»Es lautet auf tausend Pfund, aber wir können nur fünfhundert liefern.«

»Ist das Ihre Unterschrift hier? Ist das, schwarz auf weiß, Ihr Name?«

»Ja.« »Also, was werden Sie tun?«

»Ihnen fünfhundert geben. Und was werden Sie tun?«

»Die Annahme verweigern.«

»Gut, dann brauchen wir nicht weiter zu reden.«

»Doch! Dann will ich Ihnen noch sagen, daß wir beide geschiedene Leute sind. Ich bin reich genug, um mein Gepäck selbst über die Pässe zu verfrachten, und das werde ich nächstes Jahr tun. Schluß mit Ihnen.«

»Dagegen kann ich nichts machen. Sie haben dreihunderttausend Dollar in Goldstaub bei mir stehen. Gehen Sie an die Kasse, und lassen Sie sich diese auszahlen.«

Melton ging in ohnmächtiger Wut auf und ab.

»Herrgott, Mann! Ich hab’ doch das Ganze bezahlt. Wollen Sie mich etwa verhungern lassen?«

»Hören Sie zu, Melton!« Jacob Welse machte eine Pause. Dann fragte er langsam: »Worum handelt es sich in diesem Augenblick? Was verlangen Sie?«