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»Ich soll das zweifelhafte Vergnügen haben, der Hinrichtung beizuwohnen?« Lydia lächelte sarkastisch.

Wamsler zuckte mit seinen breiten Schultern.

»Ich hätte es Ihnen gern erspart, Lydia«, sagte er etwas versöhnlicher. »Aber ich kann ebensowenig aus meinen Befugnissen ausbrechen wie Sie.«

Nach einigen Sekunden Pause sagte Lydia van Dyke: »Darf ich auch eine persönliche Meinung äußern?«

Wamsler machte eine einladende Geste.

»Bitte, General«, sagte er kurz.

»Ich halte diese Strafversetzung«, meinte Lydia van Dyke, »für den größten und überflüssigsten Skandal in der gesamten Raumflotte Terras.«

Wamslers Stimme schwoll um mindestens zehn Phon an.

»So!« sagte er mit Nachdruck. »Und Cliff McLanes Eskapaden - seine ständigen Husarenritte auf eigene Faust?«

»Dieser verrückte Flug zum zweiten Mond des Jupiter - damals?« warf Spring-Brauner ein.

Wamsler fuhr in der Aufzählung von McLanes Eigenmächtigkeiten fort.

»Der Durchbruch zur Saturnbasis im zweiten interplanetarischen Krieg? Das eigenmächtige Eingreifen auf den Planeten Alpha Centauris? Und so weiter, und so weiter. Waren dies keine Skandale?«

Lydia lächelte geduldig und sagte Wamsler etwas, das er selbst schon wußte, das er aber nicht laut sagen durfte.

»Ohne Männer wie McLane - einschließlich seiner ausgezeichneten Crew - hätten wir beide interplanetarischen Kriege vermutlich verloren.«

Leise und nachdenklich sagte der Marschall, während er die Raumkarten neben der Barriere betrachtete: »Möglich, Lydia ...«

Dann wurde er plötzlich wieder heftig und rief, die Augen auf Spring-Brauner gerichtet: »Aber, bei den Satelliten von Chroma, wir sind hier nicht versammelt, um den Mann nachträglich reinzuwaschen!«

General van Dyke unterbrach den Marschall.

»McLane und Patrouillendienst? Es wäre vernünftiger, wenn man ihn gleich ganz hinausgefeuert hätte!«

Spring-Brauner hob eine Hand und machte, wie er glaubte, ein Bonmot.

»Sie dramatisieren die Sache, General. Kein Mensch ist unersetzlich, nicht einmal McLane! In einigen Jahren werden wir in unseren Raumschiffen Robotanlagen eingebaut haben.«

Van Dyke fuhr herum.

»Ich hoffe«, sagte sie scharf, »daß ich jene Roboter auch in den Vorzimmern der Stäbe anzutreffen das Vergnügen haben werde, Adjutant Spring-Brauner. Ich weiß auch schon, wen ich als ersten ersetzt haben möchte.«

Das Videophonsignal unterbrach das Duell. Ein Mädchen, Kadett im Raumdienst, erschien auf dem Schirm neben der Barriere. Wamsler blickte an Spring-Brauner vorbei auf den Schirm und hob die dichten Brauen.

»Marschall - die ORION-Besatzung wartet bei mir.«

Wamsler sagte kurz: »Einen Moment noch. Ja?«

Die Frage hatte Spring-Brauner gegolten. Der Adjutant sagte etwas ruhiger: »Sollten wir nicht zuerst diese Beamtin des Sicherheitsdienstes anhören, Marschall?«

»Ja. Bitte.«

Spring-Brauner machte eine Drehung, ging bis zur Barriere und wartete eine halbe Sekunde, bis der Öffnungsmechanismus auf das Muster seines Identitätsschildes angesprochen hatte und die Barriere verschwinden ließ.

In die regungslos dastehende Frau kam plötzlich eine unerwartete Bewegung. Sie stützte sich mit einer Hand auf die Schreibtischplatte und stemmte die Linke in die Hüfte.

»Soll das heißen«, fragte Lydia van Dyke und zwinkerte, »daß McLane auch noch einen Schnüffler an Bord bekommt?«

Wamsler sagte resignierend: »Anordnung von der Obersten Raumbehörde. Ich kann es nicht ändern, Lydia.«

Van Dyke schüttelte fassungslos den Kopf.

Wieder fiel die Barriere zusammen, und durch den viereckigen Rahmen der Anlage kamen SpringBrauner und eine Frau in der dunkelgrauen Uniform des Galaktischen Sicherheitsdienstes. Sekundenlang waren nur die Schritte des Adjutanten und das Stakkato der Stiefelabsätze zu hören. Langsam drehte sich Lydia van Dyke um und musterte die Beamtin.

Der Marschall machte keine Anstalten aufzustehen. Er betrachtete nachdenklich und irgendwie beunruhigt das S in dem scharfumrissenen Kreis, das die Frau über der rechten Brust trug.

Sie winkelte den rechten Arm ab und berührte kurz mit dem Zeigefinger ihre linke Schulter. Ihre Stimme war angenehm leise, als sie sagte: »Leutnant Erster Klasse Tamara Jagellovsk vom Galaktischen Sicherheitsdienst.«

Wamsler deutete knapp auf Lydia van Dyke, die abwartend neben dem Tisch stehengeblieben war.

»Das ist General van Dyke, Chef der Schnellen Raumverbände. Ihr unterstand bis jetzt die ORIONBesatzung. Sie kennen die Berichte, die Akten und die einzelnen Disziplinarverfahren gegen die ORION VII und ihre Mannschaft, Leutnant Jagellovsk?«

Knapp erwiderte Tamara: »Jawohl, Marschall.«

Ungerührt fuhr W. W. Wamsler fort: »Sie kennen Ihre Aufgaben und wissen über Ihren Dienst auf der ORION Bescheid, Leutnant?«

Mit gutgespielter Bescheidenheit erwiderte Tamara: »Man hat mich in der Zentrale des Galaktischen Sicherheitsdienstes darüber eingehend informiert.«

Nicht ohne Ironie sprach Wamsler weiter.

»Sie sind als Sicherheitsoffizier auf die ORION abkommandiert, um Befehlsüberschreitungen, Verstöße gegen die Raumdienstvorschriften und Verletzungen des Flottengesetzes disziplinarisch zu unterbinden beziehungsweise anschließend zur Meldung zu bringen!«

»So etwa lautet meine Order, Marschall.«

Vorsichtig warf Wamsler ein, als habe er Mitleid mit der jungen Frau, die etwas aufgeregt, aber dennoch beherrscht vor ihm stand: »Sie werden es mit McLane und seiner Mannschaft alles andere als leicht haben, Leutnant Jagellovsk.«

Unbewegt antwortete Tamara: »Damit habe ich zu rechnen.«

Lydia van Dyke lachte. Ohne darauf zu achten, sagte Wamsler zu Tamara: »Hm. Sie sind noch ziemlich jung für eine derartige Aufgabe ...«

»Danke, Marschall«, sagte Tamara lächelnd.

»Sie haben noch nicht viel Erfahrung im galaktischen Dienst.«

Mit jenem Grad von Sarkasmus, der angesichts von Vorgesetzten zulässig war, sagte Tamara selbstsicher: »Man schlug ausgerechnet mich vor, Marschall!«

General van Dyke schien die Musterung des weiblichen Leutnants zu ihrer Zufriedenheit abgeschlossen zu haben. Sie sah eine blonde Frau mit grünen Augen und einem herben, aber keineswegs unweiblichen Gesicht. Die dunkelgraue Uniform schien ein Meisterstück eines Flottenschneiders gewesen zu sein; sie entsprach dem, was sie umschloß. In den kniehohen Stiefeln steckten, soweit erkennbar, geradezu klassische Beine. Das Haar war, wie es zur Zeit Mode war, von den Ohren in zwei schwungvollen Spitzen zum Kinn hin frisiert. Lydia van Dyke kannte wesentlich häßlichere Beamte des Sicherheitsdienstes und wußte, daß McLane ein großer Verehrer alles Schönen war. Wamsler brachte den Gedankenzug auf seine Art zu einem Schluß.

»Nun schön ...« sagte er gedehnt. »Dann kann es ja losgehen.«

Sein Finger drückte einen Kontakt nieder; der Videophonschirm erhellte sich. Der weibliche Vorzimmerkadett blickte Wamsler an.

»Herein mit McLanes Bande!« sagte Wamsler laut.

Die vier Personen warteten auf McLanes entscheidenden Auftritt.

Was innerhalb der Flotte an McLane - der einen mehr als zweifelhaften Ruf besaß - uneingeschränkt bewundert wurde, war seine Selbstsicherheit. Sie stellte das Ergebnis einer langen und schwierigen Karriere dar, die McLane durch zahllose Gefahren und tollkühne Einsätze bis zum Kommandanten eines Raumkreuzers gebracht hatte. Seine Leute schätzten seine Kameradschaft und die Tatsache, daß er keine Sekunde lang nur Chef war. Die Kameraden in der Flotte schätzten seine Trinkfestigkeit und seine Verachtung für lästige Konventionen wie Anordnungen und dergleichen. Und die Mädchen und Frauen, die seinen Weg durchs All säumten, schätzten seine übrigen Qualitäten, die, wie jedermann wußte, seinem Mut in nichts nachstanden.