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»Welche?« unterbrach er mich.

»Mehrere. Ungefähr sechs im ganzen, Axminster nicht mitgerechnet. Und Kellar. Da muß ich auch hin.«

»Du hast vielleicht Nerven«, sagte Tick-Tock.

»Vielen Dank«, erwiderte ich. »Du bist so ungefähr der einzige Mensch, der das glaubt.«

»Verflucht noch mal, ich hab’ doch nicht gemeint ...« Ich lachte ins Telefon. »Laß nur. Wo ist der Wagen jetzt?«

»Draußen vor dem Fenster.«

»Ich fahr mit dem Zug nach Newbury und nehm ihn mit, wenn du mich am Bahnhof abholst.«

»Es hat doch gar keinen Sinn, heute zu den Ställen zu fahren«, mahnte er. »Die Trainer sind alle bei dem Rennen.«

»Ja, das hoffe ich schwer«, sagte ich.

»Was hast du denn vor?« fragte er argwöhnisch.

»Ich möchte das Geschick des Hauses Finn ändern. Ich nehme den Zug um neun Uhr zwanzig. Du bist am Bahnhof. Okay?«

Und ich legte auf, obwohl er protestierend: »Warte mal!« in die Muschel schrie.

Als ich in Newbury aus dem Zug stieg, wartete er auf mich, in einer eleganten, taillierten Reitjacke von einer Länge, wie man sie eigentlich nur im achtzehnten Jahrhundert gekannt hatte, dazu eine unglaublich enge Cordhose. Er grinste, während ich ihn von Kopf bis Fuß betrachtete.

»Wo sind Rüschenkragen und Schwert?« fragte ich.

»Du hast überhaupt keine Ahnung«, meinte er. »Ich bin der Mann von morgen. Mein Schwert wird ein Do-it-yourself-Antistrahlungskasten sein. Man muß seine Verteidigung auf die Gefahr einstellen, der man begegnet ...«:, sagte er lachend.

Nicht zum erstenmal dachte ich, daß Tick-Tock die Welt sah, wie sie wirklich war.

Er öffnete die Wagentür und setzte sich ans Steuer. »Wohin?« fragte er.

»Du kommst nicht mit«, erklärte ich.

»Und ob. Der Wagen gehört zur Hälfte mir. Wenn er fährt, dann mit mir.« Er schien entschlossen zu sein. »Wohin?«

»Na ja ...« Ich stieg neben ihm ein, holte aus der Tasche eine Liste, die ich im Zug angefertigt hatte, und zeigte sie ihm. »Diese Ställe möchte ich aufsuchen. Ich habe mich bemüht, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen, damit wir nicht jeden Weg zweimal machen müssen, aber es wird trotzdem ziemlich anstrengend werden.«

»Donnerwetter«, sagte er. »Das ist ja eine ganze Menge. Hampshire, Sussex, Kent, Oxford, Leicester und Yorkshire ... wie lange willst du denn in jedem Laden bleiben? Das schaffen wir nie an einem Tag. Du siehst sowieso schon recht müde aus.«

Ich warf ihm einen Blick zu, aber er starrte den Zettel an. Es stimmte, daß ich mich nicht sehr munter fühlte, aber es war mir nicht recht, daß das so deutlich zu sehen war.

»Du brauchst ja nicht mitzukommen«, begann ich.

»Das haben wir schon besprochen«, unterbrach er mich. »Wir fahren zuerst zu deinem Zimmer, dann zu meinem und holen uns die Sachen zum Übernachten. Dann fahren wir nach Kent. Unterwegs kannst du mir erzählen, worum es überhaupt geht.« Er legte den ersten Gang ein und fuhr los. Wenn ich ehrlich war, mußte ich zugeben, daß mir seine Gesellschaft sehr angenehm war.

Wir holten unsere Sachen, und Tick-Tock richtete die stumpfe Nase unseres Mini-Coopers auf den ersten Stall unserer Liste, Corin Kellars Unternehmen in Hampshire.

»Also los«, bat er. »Fang an.«

»Nein«, sagte ich. »Von mir erfährst du nicht, warum wir das machen. Hör und schau zu, dann sagst du mir Bescheid.«

»Du bist ein vorsichtiger Bursche«, meinte er, ohne zu protestieren. Er fügte hinzu: »Du bist dir doch im klaren darüber, daß man uns nicht gerade mit offenen Armen aufnehmen wird? Ich meine, milde ausgedrückt, gehören wir doch nicht zu den Leuten, für die man Begrüßungsteppiche entrollt. Wenn uns einer sieht, dann schließt er alle Türen ab.«

»Da hast du recht«, sagte ich lächelnd. Tick-Tock drehte den Kopf zur Seite und sah mich überrascht an.

»Schau lieber auf die Straße«, meinte ich.

»Aus dir werd’ einer schlau!« sagte er. »Ich hätte gedacht, daß du es sehr schwer nimmst ... was passiert ist ... aber seit ich dich am Bahnhof abgeholt habe, bin ich zum erstenmal seit Wochen wieder guter Laune.« Er trat auf den Gashebel und begann vor sich hin zu pfeifen.

Wir erreichten Corins große, gutgepflegte Stallungen, während die Pferdeburschen nach dem zweiten Ausritt ihre Schutzbefohlenen pflegten. Arthur, der erste Pferdepfleger, ging mit einem Eimer Hafer durch den Hof, als wir aus dem kleinen Wagen stiegen, und das freundliche Lächeln, mit dem er mich gewöhnlich bedachte, erreichte beinahe seine Augen, bevor er sich erinnerte. Ich sah, wie die Verlegenheit Platz ergriff und das Willkommen verscheuchte.

»Der Chef ist nicht da«, sagte er unsicher. »Er ist beim Rennen.«

»Ich weiß«, antwortete ich. »Kann ich Davey sprechen?«

Davey war der Bursche, der sich um Shantytown kümmerte.

»Ich glaub’ schon«, sagte Arthur zweifelnd. »Aber Sie machen uns keine Schwierigkeiten?«

»Nein, nein«, sagte ich. »Keine Schwierigkeiten. Wo ist er denn?«

»Die vierte Box von oben«, sagte er. Tick-Tock ging hinüber, wo Davey rings um einen großen Fuchs Stroh aufschüttete. Shantytown. Wir beugten uns über die untere Hälfte der Tür und sahen auch bei Davey, wie sich sein Gesichtsausdruck wandelte. Er war ein kleiner, zäher, sechzehn Jahre alter Bursche, mit langem, flammendrotem Haar und grimmigem Mund. Er drehte uns den Rücken zu und fuhr dem Pferd mit der Hand über den Hals. Dann spuckte er ins Stroh. Tick-Tock atmete heftig ein und ballte die Fäuste. Ich sagte hastig: »Davey, du kannst dir ein Pfund verdienen, wenn du dich ein bißchen mit uns unterhältst.«

»Worüber?« sagte er, ohne sich umzudrehen.

»Über den Tag, als ich in Dunstable Shantytown geritten habe«, flüsterte ich. »Vor drei Wochen. Erinnerst du dich?« »Und ob ich mich erinnere«, sagte er beleidigend.

Ich beachtete den Ton nicht. »Na schön, dann erzähl’ mir mal, was passiert ist, von dem Augenblick an, als du auf den Rennplatz kamst, bis ich Shantytown im Paradezirkel bestieg.«

»Was, zum Teufel, meinen Sie damit«, sagte er, drehte sich um und trat an die Tür. »Nichts war los. Was soll los gewesen sein?«

Ich nahm eine Pfundnote aus der Brieftasche und gab sie ihm. Er starrte sie ein paar Sekunden lang an, dann hob er die Schultern und steckte sie in die Tasche.

»Fang damit an, daß du von hier weggefahren bist. Laß aber nichts aus«, sagte ich.

»Sind Sie übergeschnappt?« wollte er wissen.

»Nein«, sagte ich, »und für das Geld will ich was hören.«

Er zuckte wieder die Achseln, sagte aber: »Wir sind mit dem Pferdewagen von hier nach Dunstable gefahren und .«

»Habt ihr unterwegs angehalten?« fragte ich.

»Ja. Bei Joes Cafe, wie immer, wenn wir nach Dunstable fahren.«

»Hast du dort jemand gesehen, den du kennst?«

»Tja ... Joe, und das Mädel, das dort bedient.«

»Aber niemand, mit dem du nicht gerechnet hast?«

»Nein, natürlich nicht. Wie gesagt, wir sind zur Rennbahn gekommen und haben die Pferde ausgeladen, zwei Stück. Dann gab’s eine Tasse Kaffee und eine Zigarette in der Kantine, und dann bin ich zu den Buchmachern gegangen und hab’ zehn Shilling auf Bloggs im ersten Rennen gesetzt, aber das war ein alter Hut, ich hab’s von der Tribüne aus gesehen, dann ging ich zum Stall zurück, hab’

Shantytown geholt, ihm die Decke aufgelegt und auf den Sattelplatz geführt ...« Seine Stimme klang gelangweilt.

»Könnte jemand Shantytown im Stall etwas zu fressen oder zu trinken gegeben haben? Sagen wir, einen Eimer Wasser kurz vor dem Rennen?«

»Machen Sie sich doch nicht lächerlich, natürlich nicht. Seit wann kriegt denn ein Pferd vor dem Rennen etwas zu fressen oder etwas zu trinken. Ein Maul voll Wasser vielleicht, zwei Stunden vorher, aber ein ganzer Eimer ...« Die Verachtung in seiner Stimme verwandelte sich plötzlich in Zorn. »Hören Sie, Sie wollen doch nicht behaupten, daß ich ihm etwas zu trinken gegeben hab’, oder? Nein, Freundchen, ich laß mir die Schuld nicht anhängen, nur weil Sie alles verpatzt haben.«