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Du finanzierst. Und nichts sonst.

Joni war, als er aufwachte, noch nicht wach. Sie lag so, daß er ihr ins Gesicht sehen konnte. Ihr schlafendes Gesicht sah persönlicher aus als ihr Tagesgesicht. Offenbar mußte dieses Joni-Gesicht weggeschminkt werden. Ihr ungeschminkter Mund war eine Landschaft. Eine Flußlandschaft. Zwei Ufer, die zueinander wollten.

Sie griff, ohne die Augen zu öffnen, herüber, kam herüber, umschlang ihn mit Armen und Beinen und sagte: Du hast ’ne Latte, woll.

Er hätte gern so getan, als verstehe er nicht, was sie meine. Aber er sagte: Tatsächlich! Er suchte ihren Mund, küßte sie und gab ihr durch Laute zu verstehen, daß er wahrscheinlich nie mehr von ihrem Mund loskomme. Diese Frau, und dann das. Das noch einmal!? Bergauf beschleunigen.

Seine Hände hatten sich schon ohne sein Zutun selbständig gemacht und behandelten ihre Brüste wie ein Kunstwerk, das sie selbst geschaffen hatten. Leider hatte er nur einen Mund und nur zwei Hände. Er konnte nur tun, was sich von selbst tat.

Sie sagte: Jaa. Fick mich ruhig. Jetzt bist du gut drauf, sagte sie.

Er stieß einfach zu, so gut er konnte. Er hoffte, sie jammere, bettle um Schonung, aber sie beantwortete jeden Stoß, ihm, wenn er schon landete, entgegenkommend. Immer genau diese Zehntelsekunde vor seiner Innenankunft nutzte sie, um ihn, seinen Stoß, zu unterlaufen! Sie schickte ihn dadurch jedesmal mindestens genauso stark zurück, wie er ankam. Und sprach dazu.

Bist du jetzt dabei, sagte sie.

Und er im Erstkläßlerton: Ich bin jetzt dabei.

Bist du drin in mir.

Ich bin drin in dir.

Fickst du mich richtig durch.

Ich ficke dich richtig durch.

Besorgst du’s mir wirklich.

Ich besorg es dir wirklich. Und übernahm: Spürst du’s, daß ich’s dir besorg.

Ich spür es, daß du’s mir besorgst.

Hast du den Steifen drin.

Ich habe den Steifen drin.

Ist deine Fotze scharf auf meinen Schwanz.

Meine Fotze ist scharf auf deinen Schwanz.

Bist du nichts als eine geile Fotze.

Ich bin nichts als eine geile Fotze.

Soll der Schwanz dir die Fotze vollspritzen.

Der Schwanz soll mir die Fotze vollspritzen.

Zuerst hatte er ihr nachgesprochen wie der Schüler, der der Lehrerin nachspricht. Dann hatte er der Lehrerin gezeigt, was er bei ihr gelernt hatte.

Aus ihrem halboffenen Mund drangen Laute, die in einem fast rasselnden Kehlton erstickten, begleitet von einem noch einmal heraufstoßenden Unterleib. Ihr Gesicht drückte einen nicht nur willkommenen Schmerz aus. Ihr Mund hatte die ganze Entwicklung erlebt, als finde alles nur seinetwegen statt. Die Lippen waren immer voller geworden. Der Mund bebte und schwankte wie ein Schiff bei immer höherem Wellengang und zerriß, verlor alle Form, war nur noch eine Verzerrung.

Sie lagen stumm.

Karl dachte an Helen. Wenn sie so gesprochen hätte, wäre er erschrocken. Wörter sind offenbar wie Kleider. Wenn sie passen, steigern sie die, die sie tragen. Wenn sie nicht passen, ruinieren sie die, die sie tragen.

Irgendwann sagte Joni, sie wisse nicht mehr, wie sie heute nacht eingeschlafen sei.

Er sagte, sie habe schlafend so schön ausgesehen, daß er sie nur anbeten, aber nicht mehr stören konnte.

Ach Karl von Kahn, sagte sie.

Karl sagte, er sei nicht der Schiedsrichter, aber er finde, das vorher sei ein gutes Spiel gewesen.

Deine Steilvorlagen, sagte sie.

Karl sagte, ohne sie sei er nicht.

Sie sagte, das sei der erste Orgasmus ihres Lebens gewesen.

Oh, sagte er.

In seinem Gesicht, sagte sie, habe sie gesehen, wie alles zunahm und daß nicht mehr lange alles so zunehmen könne, das habe sie mitgenommen.

Er sagte, sie habe den Zeitpunkt bestimmt.

Das nennt man Dialektik, sagte sie.

Der schönste Ringkampf der Welt, sagte er.

Die Gegner kämpfen füreinander statt gegeneinander, sagte sie. Und weinte. Richtig. Mit Tränen.

Er wußte nicht, was tun. Sie half sich selbst, griff aus dem Bett hinaus, hatte, ohne hinzuschauen, ihren schwarzen, fast aus nichts bestehenden Schlüpfer in der Hand. Mit dem trocknete sie ihre Tränen.

Ich bewundere dich, sagte er.

Das liegt an dir, sagte sie. Und weil er fragend schaute, sagte sie: Du bist ein Bewunderer.

Er sagte: Du, der reine Überfluß.

Und sie: Du, barfuß bis zum Schluß.

Und er: Du bist alles, was ich muß.

Und sie: Der liebe Gott liebt Zungenkuß.

Beide lachten. Karl sagte: Was war denn das?

Und Joni: Wenn mein Vater einen Satz hinsagte, der mir reimwürdig vorkam, habe ich weitergemacht.

Sie zog seinen Kopf zu sich hin und küßte ihn. Also küßte er auch. Dabei tat er, als küsse er sie zum ersten Mal. Sein Mund führte sich erkundigend auf. Sie machte mit. Die zwei Münder verselbständigten sich. Sie gerieten in einen Dialog, bei dem Joni und Karl Publikum wurden. Jonis Mund beendete den Dialog. Dann sagte sie: Du lernst es noch. So erfuhr er, daß sie mit seiner Art zu küssen nicht einverstanden sei, daß sie ihn aber für belehrbar halte.

Danke, sagte er. Und wollte wissen, wer ihr Kuß-Lehrer gewesen sei.

Der Dostojewskij, sagte sie.

Wie hat er das gemacht, fragte Karl.

Er war ein Künstler, sagte sie.

Wie hat er das gemacht, sagte Karl.

Laß es, sagte sie, du bist kein Künstler.

Als sie dann nebeneinander die Zähne putzten, beide in den zur Suite gehörenden hellstgrünen Morgenmänteln, sagte sie, am meisten Pech habe sie mit ihren kleinen Zähnen. Jetzt sei ihr doch wieder der Zahnarzt gestorben. Der vierte Zahnarzt stirbt ihr einfach weg. Autounfall, Herzinfarkt, Gehirntumor, Leberzirrhose. Sie traut sich nicht mehr, zu einem Zahnarzt zu gehen. Das ist für den doch das Todesurteil.

Karl sagte, ihre Zähne kämen ihr nur klein vor, weil sie einen so unanständig großen Mund habe. Es seien schlechterdings keine Zähne vorstellbar, die für diesen Mund groß genug wären. Und rannte aus dem Bad, um sich anzuziehen, bevor sie zuschauen konnte. Nie mehr mit ihr gleichzeitig ins Bad! Nie mehr mit ihr vor einen Spiegel! Er mußte damit rechnen, daß dieser Optik-Schock alles beendete, was gerade anzufangen schien. Noch nie hatte er so verwüstet ausgesehen wie gerade jetzt im Spiegel neben ihr. Sein Gesicht war kein Gesicht mehr, sondern eine Verschwörung.

Joni kam aus dem Bad mit hochgesteckten Haaren zurück.

Er sagte sofort: Oh!

Und sie: Theodor, zum Beispiel, merke das nie, wenn sie die Haare anders habe. Dann umschlang sie ihn und sagte, er habe ihr einen schönen Sumpf angerichtet da drunten.

In seiner Branche heiße, was am Ende herauskomme, die Ausschüttung, sagte er.

Daß sie vielleicht schwanger werde, sagte sie, interessiere ihn nicht.

Er habe ihr, sagte er, gestern vorsorglich mitgeteilt, daß er dafür sei, die Ausschüttung drin zu lassen, damit sie sich verzinse.

Sie gehe nicht mehr so schnell ins Bett mit einem, sagte sie.

Eigentlich wollte er fragen, ob das heiße, sonst sei sie immer ganz schnell wieder mit einem ins Bett gegangen. Und wagte es nicht.

Als sie bei geöffneten Fenstern den Ammersee begrüßt hatten, fragte er, wo Theodor sei.

In den Pyrenäen, sagte sie, angeln mit Rudi-Rudij. Aber Rudi-Rudij sei nur dabei, weil Theodor die Fische, die er gefangen habe, nicht töten könne. Dem Rudi-Rudij gönne sie ein paar ruhige Tage, der habe so viel an der Backe. Echt. Theodor spiele bei Rudi-Rudij immer die Diva. Wahrscheinlich ist er eine. Halbschwul sicher.