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»Mit welcher Begründung?«, wollte Mogens wissen.

Graves machte ein abfälliges Geräusch. »Unsere verehrten Kollegen«, antwortete er, mit einer Betonung, als spräche er über etwas ausnehmend Ekelhaftes, »sind der Meinung, dass unsere Ausgrabungen ihre Messungen beeinträchtigen. Und man könne nicht ausschließen, dass von ihnen auch eine erhebliche Gefahr für die Stadt und Leib und Leben ihrer Bewohner ausginge. Idioten!«

Irgendwie machte Graves nicht den Eindruck, dass ihn das wirklich beeindruckte, oder gar ärgerte, und Mogens sagte das auch.

»Damit hast du ausnahmsweise einmal Recht, mein lieber Professor«, antwortete Graves fröhlich. »Papier ist bekanntlich geduldig. Bevor Wyatt Earp Wilson auch nur begreift, was ich mit seinem Gerichtsbeschluss anzufangen gedenke, ist schon alles vorbei. Heute ist der entscheidende Tag, vergiss das nicht. Wir brauchen nur noch eine einzige Nacht.«

Es gefiel Mogens nicht, wie er wir sagte, aber er sparte es sich, irgendetwas dazu anzumerken, sondern wandte sich wieder zu Miss Preussler um. Sie war Graves und seinen Worten zwar schweigend, aber offenbar sehr aufmerksam gefolgt, und ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Mogens wusste nur zu gut, was sie von Kraftausdrücken jener Art hielt, wie Graves sie gerade benutzt hatte, und ein Gerichtsbeschluss Tangierte bei ihr nur unwesentlich unter Moses' Gesetzestafeln.

»Das spielt jetzt alles keine Rolle mehr, Miss Preussler«, sagte er. »Alles, was im Moment zählt ist, dass Sie am Leben und wieder zurück sind. Wir alle haben uns die größten Sorgen um Sie gemacht. Um ehrlich zu sein, habe ich schon das Schlimmste befürchtet, als ich gesehen habe, wie diese... diese Ungeheuer Sie verschleppt haben.«

Dem Ausdruck nach zu schließen, den er in ihren Augen las, war das, was ihr zugestoßen war, schlimm genug gewesen, und er war nicht sicher, ob er wirklich wissen wollte, was es gewesen war. Einen Moment lang verlor sich ihr Blick in eine Ferne, die von erschreckenden und fremdartigen Dingen erfüllt war - vielleicht ihre Welt zwischen Tag und Nacht -, doch sie fand ihre Beherrschung erstaunlich schnell wieder und zwang sich sogar zu einem matten Lächeln, auch wenn ihre Augen von diesem Lächeln auf sonderbare Weise unberührt blieben. Ihre Hand schloss sich ein wenig fester um seine Finger.

»Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen sich nicht mit diesen gottlosen Menschen einlassen, Professor«, sagte sie. »Ich wusste, dass es ein böses Ende nehmen würde.«

»Immerhin leben Sie ja noch, meine Liebe«, sagte Graves kühl. »Was haben Sie dort unten gesehen, Miss Preussler?«

Mogens war nicht sicher, ob sie ihm überhaupt antworten würde, und es verging auch eine geraume Weile, bevor sie es tat. »Meinen Sie nicht, dass Sie zuallererst mir ein paar Fragen beantworten sollten, Doktor Graves?«, fragte sie.

»Nein«, antwortete Graves gelassen. »Glauben Sie mir, meine Liebe, es ist besser, wenn Sie nichts über all diese Dinge wissen. Besser für uns, aber auch besser für Sie. Sie haben schon viel zu viel gesehen. Wir hatten unsere guten Gründe, Sie eindringlich davor zu warnen, dort hinunter zu kommen.« Er wartete einen Moment lang vergebens auf eine Reaktion und fuhr dann fort: »Umso wichtiger ist es für uns, dass Sie uns erzählen, was Sie hinter dieser Tür gesehen haben - das verstehen Sie doch, oder?«

»Jonathan, hör endlich auf«, sagte Mogens müde. »Sie will nicht darüber reden, begreifst du das nicht?«

»Lassen Sie ihn ruhig, Professor«, sagte Miss Preussler. »Doktor Graves ist ein schlechter Mensch. Das habe ich vom ersten Moment an gespürt. Vielleicht bin ich ja selbst schuld. Ich hätte nicht herkommen sollen.«

»Nein, das hätten Sie nicht«, antwortete Mogens ernst. »Aber ich bin trotzdem froh, dass Sie es getan haben.«

»Miss Preussler«, sagte Graves. »Was haben Sie gesehen?«

Miss Preussler ignorierte ihn. Der Griff um Mogens' Hand wurde noch fester. »Diese Kreaturen, Professor«, sagte sie leise. »Diese schrecklichen Kreaturen... sagen Sie mir, dass Sie hergekommen sind, um sie zu vernichten.«

»Nein«, antwortete Mogens bedauernd. »Ich wusste nicht, dass es sie gibt, jedenfalls nicht hier.«

»Aber nachdem Sie es wussten?«

»Ich fürchte, das liegt außerhalb unserer Möglichkeiten, liebe Miss Preussler«, sagte Graves, bevor Mogens Gelegenheit fand, zu antworten. Ausnahmsweise war Mogens ihm sogar dankbar dafür, ihm ins Wort gefallen zu sein. »Jedenfalls, solange Sie sich weigern, uns zu verraten, was Sie gesehen haben.«

Mogens musste sich beherrschen, um nicht einfach aufzuspringen und Graves zu ohrfeigen, nur damit er endlich den Mund hielt. Hätte Miss Preussler seine Hand nicht so fest gehalten, hätte er es vielleicht wirklich getan. Selbst Tom starrte Graves einen Moment lang mit einem Ausdruck kaum noch verhohlener Wut in den Augen an.

»Aber Sie werden sie vernichten?«, vergewisserte sich Miss Preussler. »Das sind gottlose Kreaturen, Doktor Graves. Sie haben kein Recht, unter den Augen des HERRN ZU wandeln.«

»Was haben Sie hinter dieser Tür gesehen?«, beharrte Graves.

»Mehr als ich wollte«, antwortete sie. »Mehr als irgendein Mensch sehen sollte. Diese Ungeheuer... es... es waren so viele. So unglaublich viele.«

Mogens tauschte einen raschen, beunruhigten Blick mit Tom. Er hatte gewusst, dass sie es mit mehr als nur einer dieser unheimlichen Kreaturen zu tun hatten - seit gestern Nacht wenigsten wussten sie, dass es mindestens drei waren -, aber viele?

»Viele?«, fragte er.

»Dutzende«, antwortete Miss Preussler. Ihre Stimme wurde leiser, und etwas von der Dunkelheit kehrte zurück, die Mogens vorhin in ihren Augen gesehen hatte. »Wenn nicht Hunderte. Ich konnte nicht alles sehen. Sie hatten mich gepackt und... und ich hatte auch Angst. Es war alles so schrecklich.«

»Sie müssen nicht darüber reden, wenn Sie nicht wollen, Miss Preussler«, sagte Mogens leise.

Graves bedachte ihn mit einem Blick, den er fast körperlich zwischen den Schulterblättern spüren konnte, aber Miss Preussler schüttelte nur den Kopf, warf ihm einen raschen, dankbaren Blick zu und fuhr dann, an Graves gewandt, fort: »Ich kann Ihnen nicht viel mehr sagen, Doktor. Ich hatte große Angst, und es war sehr dunkel dort unten. Aber es gibt viele von diesen Kreaturen. Sehr viele. Sagen Sie mir, dass Sie sie vernichten werden.«

Graves schwieg.

»Wie sind Sie ihnen entkommen?«, fragte Tom fast hastig.

»Ich bin ihnen nicht entkommen«, antwortete Miss Preussler.

»Nicht entkommen?«, fragte Graves. »Was meinen Sie damit?«

Die Dunkelheit in ihren Augen war nicht nur wieder da, sie nahm zu. »Sie... sie haben mich an diesen schrecklichen Ort geschleift«, sagte sie leise. »Ich glaube, ich muss kurz in Ohnmacht gefallen sein. Es ging eine Treppe hinunter, eine sehr lange Treppe, das weiß ich noch. Dann war da ein Haus, und...« Ihre Stimme versagte. Ihr Griff war mit einem Mal so fest, dass es wehtat, aber Mogens gab keinen Laut der Klage von sich, und er unternahm auch keinen Versuch, seine Hand zu befreien. Er konnte spüren, wie unendlich schwer es Miss Preussler fiel, weiter zu sprechen. Aber vielleicht musste sie es zugleich auch, um nicht an den schrecklichen Bildern zu zerbrechen, die die Frage aus ihrer Erinnerung heraufbeschworen hatte.

»Überall waren diese Kreaturen«, fuhr sie mit leiser, zitternder Stimme fort. »Sie... sie haben mir die... die Kleider vom Leib gerissen. Alle Kleider. Ich meine... ich... ich war sicher, sie würden mich töten. Ich war ganz sicher. Aber sie haben mich nur... nur angefasst und beschnüffelt.«

»Beschnüffelt?«, vergewisserte sich Graves. Er klang interessiert, fand Mogens - aber eigentlich nicht sonderlich überrascht.