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Abseits von der Flußmitte wurde die Strömung wesentlich schwächer. Es schien ewig zu dauern, bis wir zur Schleuseneinfahrt gelangten; endlich wurde die Fahrrinne schmaler, hohe, dunkle Bäume standen auf der linken Seite.

Dann, Gott sei Dank, kamen auf der rechten Seite Anlegestellen für Boote, die die Schleuse zum tiefer gelegenen Teil des Flusses passieren wollten.

Natürlich lag dort kein einziges Boot. Keine hilfreich ausgestreckte Hand. Egal.

Ich ließ die Jolle so weit wie möglich treiben, direkt bis vor das Schleusentor. Dann legte ich die Fangleine um einen der Anlegepfosten und stieg aus dem Boot.

«Dauert nicht lang«, sagte ich zu Harry.

Er nickte schwach. Die Anstrengung wurde zu viel für ihn.

Ich stieg die Stufen zur Schleuse hinauf, klopfte an die Tür des Schleusenwärterhäuschens, und zu unserem großen Glück war der gute Mann zu Hause: ein gebeugter Herr mit freundlichen Augen.

«Wohl in den Fluß gefallen, was?«fragte er gutgelaunt und betrachtete meinen nassen Zustand ausgiebig.»Möchten Sie telefonieren?«

Kapitel 13

Ich fuhr mit Harry im Rettungswagen zum Krankenhaus nach Maidenhead. Wir waren beide in Decken eingewickelt, Harry zusätzlich in einen mit Folie beschichteten, gefütterten Spezialumhang für Patienten mit Unterkühlung. Im Krankenhaus machte ich mich dann daran, Fiona anzurufen und sie fürs erste zu beruhigen, dann mußte ich warten, bis Harrys Verletzungen untersucht waren. Es stellte sich heraus, daß seine Wade glatt durchbohrt war. Die Ein- und Austrittswunde war sauber und von geronnenem Blut gut versiegelt. Dazwischen war nicht allzuviel Schaden angerichtet worden.

Während Fiona unterwegs zum Krankenhaus war, stopften die Ärzte Harry mit Antibiotika und schmerzstillenden Mitteln voll und brachten die notwendigen Stiche und Nähte an; bis Fiona sich kurz an meiner Schulter ausgeweint hatte, saß Harry bereits mollig warm und ansprechbar in einem Ruheraum.

«Aber warum?«fragte Fiona halb verärgert, halb verwundert.

«Warum ist er überhaupt zu Sams Bootshaus gefahren?«Wie eine Mutter, die ihr verloren geglaubtes Kind ausschimpft, sobald es wieder da ist; genau wie es Perkin mit Mackie getan hatte.

«Er wird Ihnen alles erzählen«, beruhigte ich sie.»Die Ärzte sagen, es gehe ihm gut.«

«Sie sind ja naß!«Sie schob mich auf Armeslänge von sich.

«Sind Sie auch durch den Fußboden gefallen?«

«So in etwa. «Die Heizung des Krankenhauses hatte das Ihrige getan und mir die Kleider auf dem Leib getrocknet; ich kam mir vor wie einer dieser alten dampfenden Wäscheständer. Immer noch keine Schuhe oder Stiefel; war nicht zu ändern.

Fiona schaute zweifelnd auf meine Füße.

«Ich wollte Sie bitten, Harrys Wagen zurückzufahren«, sagte sie,»aber ich denke, das geht wohl nicht.«

Ich erklärte ihr, daß man Harrys Wagen schon weggefahren hatte.

«Aber wo ist er dann?«Jetzt war sie völlig durcheinander.

«Wer hat ihn abgeholt?«

«Vielleicht findet das Doone heraus.«

«Dieser Kerl!«Sie schüttelte sich.»Ich hasse ihn.«

Bevor ich darauf eingehen konnte, erschien eine Krankenschwester, um Fiona abzuholen. Sie durfte Harry jetzt sehen. Ängstlich ging sie mit, drehte sich aber noch einmal um und rief mir zu, ich solle auf sie warten; als sie eine halbe Stunde später zurückkam, sah sie sehr mitgenommen aus.

«Harry ist schläfrig«, sagte sie.»Er hielt sich wach und erzählte mir lauter wirre Geschichten… Wie seid ihr denn mit einem Boot ins Krankenhaus gekommen?«

«Das erzähle ich Ihnen auf dem Heimweg. Soll ich fahren?«

«Aber.«

«Das geht sehr gut mit nackten Füßen. Ich ziehe die Socken aus.«

Sie schloß den Wagen selbst auf und übergab mir die Schlüssel ohne weiteren Kommentar. Wir setzten uns hinein, und auf dem Weg nach Shellerton, in die einsetzende Dunkelheit hinein, erzählte ich ihr bedächtig, in groben Zügen und ohne sie noch mehr zu erschrecken, was uns auf Sams Grundstück zugestoßen war.

Sie hörte mit gerunzelter Stirn zu und äußerte sich besorgt.

«Biegen Sie hier nach rechts ab«, sagte sie einmal automatisch, und kurz darauf:»Entschuldigung, wir hätten dort nach links abbiegen müssen, wir müssen umdrehen. «Schließlich sagte sie:

«Fahren Sie direkt nach Shellerton House. Von dort fahre ich weiter. Ich fühle mich schon besser, wirklich. Es ist nur alles so beunruhigend. Es hat mich ganz aus der Fassung gebracht, Harry dort so benebelt, mit Drogen vollgepumpt zu sehen.«

«Ich weiß.«

Ich hielt vor Tremaynes Haus an, und während ich mir die Socken wieder anzog, sagte sie, sie gehe noch mit hinein, um in Gesellschaft» das Zittern zu kurieren«.

Im Familienzimmer waren Tremayne, Mackie und Perkin versammelt, um wie gewohnt den Abendtrunk zu sich zu nehmen. Tremayne schäkerte noch mehr als sonst mit Fiona, er spürte wohl, daß es Ärger gegeben hatte. Er überfiel sie sofort mit einem Bericht über das Ascot Rennen, von dem er und Mackie gerade zurückgekehrt waren und wo er Pferde zum Anfängerrennen hingeschickt hatte, doch das alles sei die reinste Zeitverschwendung gewesen.

Die Nachricht, die ich für Tremayne hinterlassen hatte, BIN MIT HARRY WEG, ZUM FUTTERN WIEDER DA, hing noch immer an der Pinnwand. Er hielt es nicht für nötig, meine Ankunft mit Fiona zu kommentieren.

«Ich glaube, jemand wollte Harry umbringen«, sagte Fiona steif und unterbrach damit Tremaynes endlose As-cotplaudereien.»Was?«

Sofort herrschte Stille. Die Gesichter der Anwesenden, auch das von Fiona, waren starr vor Schreck.

«Er war in Sams Bootshaus, ist durch die Bodenbretter gebrochen und beinahe ertrunken. «Sie erzählte es ihnen ungefähr so, wie ich es ihr erzählt hatte.»Wenn John ihm nicht zu Hilfe gekommen wäre.«

«Mein liebes Mädchen«, sagte Tremayne dröhnend,»es muß sich hier um einen furchtbaren Unfall handeln. Wer will denn schon Harry umbringen?«

«Niemand«, sagte Perkin. Seine Stimme klang wie Tremaynes entferntes Echo.»Ich meine, weshalb denn?«

«Harry ist ein Schatz«, sagte Mackie nickend.

«Wenn man in letzter Zeit die Zeitung las, konnte man einen anderen Eindruck bekommen«, bedeutete Fiona mit in Falten gelegter Stirn.»Die Menschen können unglaublich boshaft sein. Sogar die Leute aus unserem Dorf. Als ich heute vormittag in den Laden kam, hörten alle sofort zu reden auf und starrten mich an. Leute, die ich schon seit Jahren kenne. Ich habe es Harry erzählt. Er war wütend, aber was sollen wir dagegen tun? Und j etzt das. «

«Hat Harry gesagt, daß ihn jemand umbringen wollte?«fragte Perkin.

Fiona schüttelte den Kopf.»Er war zu sehr mit Beruhigungsmitteln vollgeknallt.«

«Ist John dieser Ansicht?«

Fiona schaute mich an.»John hat es nicht direkt behauptet. Mir selbst kommt es so vor. Ich habe Angst davor. Ich habe Angst, darüber nachzudenken.«

«Dann hör auf damit, Liebes. «Mackie legte ihr den Arm um die Schulter und küßte sie auf die Wange.»Es ist schrecklich, was da geschehen ist, aber Harry ist nichts Schlimmes passiert.«

«Jemand hat sein Auto mitgenommen«, sagte Fiona hohläugig.

«Vielleicht hat er den Schlüssel steckenlassen, und jemand kam zufällig vorbei und hat die Gelegenheit ausgenutzt«, vermutete Tremayne.

Fiona stimmte ihm widerstrebend zu:»Ja, er läßt seine Schlüssel immer stecken. Er ist zu vertrauensselig. Ich habe es ihm immer wieder gesagt, daß man heutzutage niemandem trauen darf.«

Alle bemühten sich sehr, Fiona zu trösten, bis sie sich die größte Unruhe von der Seele geredet hatte. Ich beobachtete die Bewegungen ihres silberblonden Haares im weichen Licht und unternahm nichts, um neue Zweifel in die Runde zu werfen, denn damit hätte ich niemandem einen Dienst erwiesen.