«Wenn Sie das Gitter raufziehen«, sagte ich,»werden wir es nie erfahren.«
«Aah. «Doone funkelte Sam verständig an. Wir standen alle drei noch vor der offenen Tür herum.»Das ist ein Fall für die Suchhaken. Gibt es da drinnen Licht?«
«Der Hauptschalter für hier ist oben im Schuppen«, sagte Sam automatisch, mit den Gedanken woanders.»Da ist nichts drin außer vielleicht ein paar Bierbüchsen und einem Radio, das einer schusseligen Tante hineingefallen ist, als sie mit hohen Absätzen aus einem Kahn aussteigen wollte. Ich frage Sie.«
«Harry hat sich nicht an einem Radio aufgespießt«, sagte ich.
Sam drehte sich abrupt um und ging den Pfad zu seiner Werkstatt hinauf. Doone machte Anstalten, ihm zu folgen, blieb dann aber unentschlossen stehen und kam wieder zurück.
«Es könnte sich sehr wohl um einen Unfall handeln, Sir«, sagte er verlegen.
Ich nickte.»Eine gute Falle sieht nie wie eine Falle aus.«
«Zitieren Sie gerade jemanden?«
«Ja. Mich. Ich habe eine ganze Menge über Fallen geschrieben. Wie man sie aufstellt. Wie man Wild darin fängt. Die Bücher liegen überall in Shellerton herum. Alle haben darin herumgeblättert. Man muß nur die Anleitungen befolgen, und schon hat man sein Opfer erledigt.«
«Sie machen sich nicht zufällig über uns lustig, Sir?«
«Nein, bestimmt nicht«, sagte ich bedauernd.
«Ich muß mir diese Bücher mal ansehen.«»Ja.«
Sam kam mit finsterem Gesichtsausdruck zurück, streckte sich in den Schuppen, ohne sich die Füße naß zu machen, und drückte auf die drei Schalter, die zwei Tage vorher nicht reagiert hatten. Die Deckenleuchten gingen anstandslos an und beleuchteten die uralten Backsteinwände und die verwitterten, alten, grauen Balken, die sich von einer Seite zur anderen erstreckten und die Planken des daraufliegenden Fußbodens stützten; mit Ausnahme der Stelle, wo das Loch war.
Doone warf einen kurzen Blick hinein und murmelte etwas von Zurückkommen und Unterstützung. Sam schaute etwas länger hin und fragte mich dann herausfordernd:»Und jetzt?«
«Da oben fehlt ein Stück vom Querbalken«, sagte ich,»oder sehe ich das falsch?«
Er nickte widerwillig.»Sieht so aus. Aber davon wußte ich nichts. Woher soll ich das wissen?«
Doone, auf seine sanfte Art ein richtiger Greifer, sagte bedeutungsvolclass="underline" »Sie selbst, Sir, sind im Besitz sowohl des Wissens als auch der Werkzeuge, um am Bootshaus etwas zu manipulieren.«
«Aber ich war’s nicht. «Sams Erwiderung kam kämpferisch, nicht ängstlich.»Jeder kennt diesen Ort. Alle sind hiergewesen. Einen so kleinen Balken kann jeder heraussägen, das ist ein Kinderspiel.«
«Könnten Sie etwas präziser sein?«fragte Doone.»Wer — außer Ihnen?«
«Nun… jeder. Perkin! Nolan… ich meine, fast jeder Mensch kann mit einer Säge umgehen! Sie etwa nicht?«
Doone schien ihm beizupflichten, aber er sagte nur:»Ich sehe mich oben noch mal um, wenn ich darf, Sir.«
Wir betraten den Schuppen äußerst behutsam, aber soweit man das erkennen konnte, war der Holzboden in solidem Zustand — bis auf die Stelle über dem fehlenden Balkenstück. Die Bodenbretter selbst waren grau vom Alter und staubig, aber weder wurmstichig noch vermodert.
«Die Bretter sind nicht überall fest angenagelt«, erklärte uns Sam.»Nur hier und da. Meistens sitzen sie richtig fest, wegen der Feuchtigkeit, aber wenn wir einen heißen, trok-kenen Sommer haben, dann ziehen sie sich zusammen, und man kann sie einfach hochheben. So kann man nachsehen, ob die Balken darunter verfault sind.«
«Warum ist das so?«wollte Doone wissen.
«Fragen Sie die Leute, die es gebaut haben«, sagte Sam achselzuckend.»Es war schon so, als ich es gekauft habe. Das letzte Mal, als ich die Bodenbretter hochgehoben habe, war anläßlich der Party, um die bunten Strahler und Lichtkugeln an der Decke anzubringen.«
«Wer wußte davon, daß Sie die Dielen hochgehoben haben?«fragte Doone.
Sam warf ihm einen Blick zu, als wäre er geistig behindert.
«Woher soll ich das wissen?«herrschte er ihn an.»Ich habe es jedem erzählt, der wissen wollte, wie ich die Beleuchtung angebracht habe.«
Ich ließ mich auf die Knie herab und robbte auf das Loch zu.
«Tun Sie das nicht «rief Doone.
«Ich will nur mal sehen.«
Ich erkannte gleich, daß so, wie die Bretter verlegt waren, der präparierte Balken die Hauptlast zu stützen hatte. Mehrere dieser Planken, inklusive derjenigen, die unter Harrys Gewicht nachgegeben hatten, ragten ohne den Halt dieses Balkens wie eine Wippe auf dem Balken davor frei über der Tiefe — sonst nur durch die feste Verbindung der Planken untereinander gehalten. Die Bretter waren nicht durchgebrochen, wie ich zuerst angenommen hatte, sondern zusammen mit Harry hinunter in das Becken gestürzt.
Ich testete einige Planken vorsichtig durch den Druck meiner Hand, zog mich dann zurück und richtete mich auf dem sicheren Boden auf.
«Na?«fragte Doone.
«Rings um das Loch herum ist es immer noch höchst gefährlich.«
«Genau. «Er drehte sich zu Sam um.»Ich muß wissen, Sir, wann diese Manipulationen hätten ausgeführt werden können.«
Sam sah aus, als hätte er von dieser Sache die Nase bereits mehr als voll.
«In welchem Zeitraum?«rief er ärgerlich.»Seit Weihnachten?«
Doone ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.»In den letzten zehn Tagen.«
Sam dachte eine Weile nach.»Mittwoch vor einer Woche habe ich hier auf dem Weg zum Windsor-Rennen eine Ladung Holz abgeladen. Donnerstag bin ich in Towcester geritten. Freitag bin ich eine Zeitlang hier draußen gewesen, einen halben Tag. Am Samstag bin ich in Chepstow geritten, dort gestürzt, und dann konnte ich bis Dienstag nicht reiten. Also habe ich mich am Sonntag gepflegt, bis Sie an meine Tür klopften, und Montag war ich auch hier, habe ein bißchen herumgewurstelt. Am Dienstag war ich wieder beim Rennen, in Warwick. Am Mittwoch in Ascot, gestern in Wincanton, heute in Newbury. «Er machte eine Pause.»Nachts bin ich nie hiergewesen.«»Welche Rennen haben Sie am Mittwoch nachmittag geritten?«fragte Doone.»In Ascot.«
«Welche Rennen?«
«Ja.«
«Das Zwei-Meilen-Hürdenrennen, das AnfängerHürden, das Anfänger-Jagdrennen.«
Ich konnte Doone am Gesicht ablesen, daß er nicht auf diese Antwort aus gewesen war, aber trotzdem zog er ein Notizbuch hervor und schrieb die Antworten so auf, wie er sie gehört hatte, fragte noch einmal nach, ob er auch alles richtig verstanden hatte.
Sam, dem allmählich etwas dämmerte, sagte:»Ich war nicht hier, um Harrys blöden Wagen wegzufahren, wenn Sie das denken.«
«Ich muß von einer Menge Leute feststellen, wo sie sich am Mittwoch nachmittag aufhielten«, entgegnete Doone sachlich mit einem eleganten Standardspruch.»Momentan können wir jedoch mit unseren Untersuchungen fortfahren, ohne Ihnen beiden noch mehr von Ihrer wertvollen Zeit zu stehlen, meine Herren; bis auf weiteres.«
«Kompanie entlassen?«sagte Sam bissig.
Doone beschied uns unbekümmert, daß wir noch von ihm hören würden.
Sam begleitete mich bis zu Tremaynes Wagen, den ich auf dem mit Steinen übersäten Gras geparkt hatte. Seinem Schritt haftete noch die natürliche Munterkeit an, doch seinen Gedanken schien es inzwischen an Selbstvertrauen zu mangeln.
«Ich mag Harry«, sagte er, als wir den Volvo erreicht hatten.
«Geht mir auch so.«
«Glauben Sie, daß ich ihm die Falle gestellt habe?«
«Sie könnten es jedenfalls gewesen sein.«
«Klar«, sagte er.»Kinderspiel. Aber ich war’s nicht.«
Er schaute mir direkt in die Augen; sein Blick drückte teils Angst, teils seine ungebrochene Kämpfernatur aus.
«Wenn Sie Angela Brickell nicht umgebracht haben«, sagte ich,»haben Sie auch keinen Grund, Harry zu ermorden. Das wäre unsinnig.«
«Ich habe der blöden kleinen Schnalle nichts getan. «Er schüttelte den Kopf, als wolle er sie aus seinem Gedächtnis vertreiben.