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«Nein. Das verträgt sich nicht mit deiner Arznei.«

«Dann einen für John.«

Ich schüttelte den Kopf.

«Entführ Aschenbrödel zum Ball«, sagte er.

«Was?«

«Fiona zu Tremaynes Party. Sie gehen doch hin, oder etwa nicht?«

Ich nickte.

«Ich lasse dich nicht allein«, protestierte Fiona.

«Aber klar, mein Schatz. Tremayne würde etwas fehlen, wenn du nicht kommst. Er zählt auf dich. John nimmt dich mit. Und außerdem«, seine Augen glitzerten boshaft vor wiedererwachter Energie,»weiß ich, wer nur zu gern meine Einladung verwerten würde.«

«Wer denn?«wollte seine Frau wissen.

«Erica. Meine heiliggesprochene Tante.«

Kapitel 14

Die Auszeichnung für Tremaynes Lebenswerk kam auf Betreiben einer neu übernommenen Hotelkette, die den Besitzer gewechselt hatte, zustande, welche sich mit einem Paukenschlag in der Rennszene einführen und als zukünftiger Sponsor standesgemäß empfehlen wollte. Die Kette Castle Houses hatte den Preis für ein Hindernisrennen gestiftet und außerdem ein renommiertes AusgleichsHürdenrennen übernommen, das schon für den Samstag auf dem Programm stand.

Das Preisgeld für das Hürdenrennen hatte für großes Aufsehen in der Rennwelt gesorgt. Aufgeregte Pferdebesitzer hatten den Trainern die Pistole auf die Brust gesetzt, so daß es (laut Dee-Dee) Anmeldungen geradezu gehagelt hatte. Im Feld liefen so viele Pferde, wie es die Sicherheitsvorschriften gerade noch zuließen, einige Leichtgewichte mußten sogar per Los wieder ausscheiden.

Als Vorspiel zu diesem Knüller hatte Castle Houses das Gala-Dinner für Tremayne arrangiert und den Eintrittspreis so bezuschußt, daß ihn sich praktisch jeder leisten konnte. Der Empfang wurde auf der Haupttribüne mit ihren nahezu grenzenlosen Kapazitäten gegeben, und die ganze Angelegenheit, so hatte mir Mackie erzählt, sei im Grunde nur eine gigantische Werbeveranstaltung. Aber warum solle man sich dort nicht trotzdem gut amüsieren?

Vor der Abfahrt kamen wir alle im Familienzimmer zusammen. Tremayne spielte den Nonchalant und sah in seinem Smoking unerwartet weltmännisch aus: sein graues Haar war in Wellen gelegt, die ausgeprägten Gesichtszüge wirkten gesetzt, sein massiger Körper geradezu schlank, ein Verdienst der rundum untadeligen Künste seines Schneiders. Im Kontrast dazu sah Perkins Jackett so aus, als sei es eine Idee zu klein für ihn geraten. Da der Schnitt seine Speckpölsterchen umschmeichelte, wurde der Unterschied zwischen Vater und Sohn noch geringer.

Gareth überraschte alle mit seinem Auftritt, ganz besonders seinen Vater: um seine Verlegenheit zu überspielen, kam er übertrieben großspurig in einem Smoking hereinstolziert, den niemand in seinem Kleiderschrank vermutet hätte. Er sah schick aus, stattlich und viel älter als fünfzehn.

«Wo hast du den her?«fragte ihn sein Vater staunend.

«Die wachsen bei uns hinten im Garten«, sagte Gareth mit einem breiten Grinsen.»Nein, eigentlich ist Sam schuld. Er meinte, da ich jetzt so groß bin wie er, und er zwei Anzüge hat, könnte er mir einen leihen. In Ordnung?«

«Ganz toll«, sagte Mackie herzlich, sie selbst wohlgeformt in einem schimmernden schwarzen Kleid mit Samtborten.»Und wie ich sehe, hat Johns Smoking den Sturz in den Graben überstanden.«

Der Graben lag für mich schon in unendlich weiter Ferne: Zwei Wochen und drei Tage trennten mich von dem einsamen, lautlosen, verzweifelten Kampf in der Dachstube, dem Leben, an das ich mich jetzt wie an einen Traum erinnerte, wenn Shellerton denn die Wirklichkeit sein sollte. Shellerton war die hellerleuchtete Bühne, Chiswick hingegen das abgedunkelte Amphitheater, wo man wie vom Götterhimmel herab zuschaute.

«Schlagen Sie heute abend nicht allzu sehr zu, John«, sagte Tremayne.»Ich habe morgen früh etwas für Sie zu tun.«

«Wissen Sie, wie man für alle Zeiten einen Kater vermeidet?«fragte mich Gareth.

«Wie denn?«

«Immer betrunken bleiben.«

«Danke für den Hinweis«, sagte ich lachend.

Tremayne, mit sich und der Welt zufrieden, sagte:»Sie fühlen sich inzwischen sicher auf Drifter, oder nicht?«

«Mehr oder weniger«, sagte ich zustimmend.

«Morgen können Sie Fringe reiten. Er gehört mir zur Hälfte. Es ist der Fünfjährige in der Eckbox. Sie können ihm beibringen, über Hürden zu springen.«

Ich muß so verblüfft ausgesehen haben, wie ich mich fühlte. Ich blickte Mackie an und sah ihr Lächeln; sie und Tremayne mußten die Sache schon länger besprochen haben.

«Zweite Gruppe«, sagte Tremayne.»Reiten Sie Drifter mit der ersten Gruppe, wie gehabt.«

«Wenn Sie meinen«, sagte ich etwas unsicher.

«Wenn Sie noch eine Zeitlang hierbleiben«, sagte Tre-mayne,»und wenn Sie das Training ordentlich absolvieren, dann wüßte ich nicht, warum Sie nicht einmal bei einem Amateurrennen starten sollten, falls Sie Spaß daran hätten.«

«Geil«, platzte Gareth heraus.

«Ich habe den Eindruck, er will nicht«, bemerkte Perkin, nachdem ich nicht sofort geantwortet hatte.»Ihr könnt ihn nicht zwingen.«

Ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können, hatte Dee-Dee gesagt; und ich hatte nur an Geld gedacht. Statt des-sen hielt er mir — wie eine Karotte — einen atemberaubenden Kopfsprung in eine neue Dimension der Existenz vor.

«Sagen Sie ja«, bettelte Gareth.

Da waren sie wieder, meine guten alten Eingebungen. Zum Teufel mit dem Heliumballon, er konnte getrost noch eine Weile länger warten.

«Ich sage ja. «Ich schaute Tremayne an:»Vielen Dank.«

Er nickte strahlend und zufrieden und sagte:»Wir kümmern uns gleich nächste Woche um Ihre Zulassung.«

Wir kletterten alle in den Volvo und fuhren zu Shellerton Manor, wo die ganze Truppe Harry einen kurzen Besuch abstattete. Müde, aber gutgelaunt hielt er von seinem Sessel aus Audienz und ließ sich Mackies herzlichen Kuß mit genießerischer Miene gefallen.

«Ich bin so froh, daß du lebst«, sagte sie mit einer versteckten Träne, und er streichelte ihren Arm und sagte frohen Herzens, daß er alles in allem auch ganz froh darüber sei.

«Wie hat sich das angefühlt«, fragte Perkin neugierig mit einem Seitenblick auf das bandagierte Bein.

«Es passierte viel zu schnell, als daß ich viel gespürt hätte.«

Harry grinste betreten.»Ohne John wäre ich wahrscheinlich gestorben, ohne es richtig mitzukriegen.«

«Harry, hör auf!«rief Fiona.»Ich darf nicht einmal daran denken. Tremayne, los jetzt, sonst kommt ihr zu spät. John und ich holen Erica ab und treffen euch dort. «Sie scheuchte alle hinaus und schloß sich ihnen an, als fürchtete sie, der Besuch könne ihn zu sehr ermüden. Als der Raum mit einem Mal leergefegt war, trafen sich seine und meine Blicke in einer gemeinsamen, fundamentalen Erkenntnis.

«Wissen Sie, wer es getan hat?«fragte er. Erschöpfung, vielleicht sogar Verzweiflung kehrte zurück, die Anstrengung war deutlich sichtbar.

Ich schüttelte den Kopf.

«Es kann niemand sein, den ich kenne. «Er meinte, daß er das nicht wollte.»Sie wollten mich umbringen, verdammt noch mal!«

«Trauriger Gedanke.«

«Ich will keine Vermutungen anstellen. Ich versuche es. Es ist schrecklich zu wissen, daß mich jemand so sehr haßt, daß er…«

Er schluckte.»Das tut mehr weh als mein Bein.«

«Ja. «Ich zögerte.»Vielleicht war es nicht Haß. Eher so etwas wie ein Zug beim Schachspiel. Und es ist schiefgegangen, vergessen Sie das nicht. Die starken Verdächtigungen gegen Sie haben sich in die Überzeugung verwandelt, daß Sie unschuldig sind.

Ganz und gar das entgegengesetzte Resultat. Das kann nicht schlecht für uns sein.«