«Schon unterwegs.«
«Wie man so hört, haben Sie gestern mit Gareth und Coconut quer durch die Berkshires Cowboy und Indianer gespielt.«
«Neuigkeiten reisen schnell«, entgegnete ich resigniert.
«Ich habe es ihm erzählt«, sagte Mackie lächelnd.»Haben Sie etwas dagegen?«
Ich schüttelte den Kopf und fragte, wie sie sich fühlte. Sie ritt nicht mehr mit der ersten Gruppe hinaus, da ihr nach dem Erwachen oft schlecht war, und Tremayne drängte sie nicht, wieder einzusteigen, im Gegenteil.
«Mir ist schlecht«, antwortete sie auf meine Nachfrage.»Gottseidank.«
«Leg dich ein bißchen hin«, schlug Tremayne vor.
«Ihr macht alle viel zu viel Aufhebens davon.«
Sam wandte sich an mich:»Doone war den ganzen Samstag nachmittag über draußen auf der Werft.«
«Ich dachte, er hätte dienstfrei.«
«Wie es aussieht, hat er von Ihnen eine Botschaft erhalten.«
«Mm. Ich habe eine für ihn hinterlassen.«
«Was für eine Botschaft?«wollte Tremayne wissen.
«Keine Ahnung«, sagte Sam.»Doone rief mich gestern an, um mir mitzuteilen, daß er draußen gewesen ist und ein paar Sachen mitgenommen hat, für die er mir einen Beleg ausstellen will.«
«Was für Sachen?«fragte Tremayne.
«Wollte er nicht sagen. «Sam schaute mich an.»Wissen Sie, um was es sich handelt? Sieht so aus, als hätten Sie ihn darauf gestoßen. Er machte einen ziemlich aufgeregten Eindruck.«
«Was war das für eine Botschaft?«fragte mich jetzt Mackie.
«Ähm… ich fragte ihn, warum die Fußbodenbretter nicht an der Oberfläche herumgeschwommen sind.«
Tremayne und Mackie waren eher verdutzt, doch Sam verstand sofort und war wie vom Donner gerührt.
«Teufel noch mal, wie sind Sie denn darauf gekommen?«
«Weiß nicht«, sagte ich.»Es fiel mir plötzlich ein.«
«Erklären Sie doch bitte«, bettelte Mackie.
Ich sagte ihr das gleiche, das ich schon Erica beim Dinner gesagt hatte, und auch, daß es uns womöglich nicht weiterbrachte.
«Aber es könnte immerhin weiterhelfen«, meinte Mac-kie.
«Wenn Sie mich nicht davon abgehalten hätten«, sagte Sam nachdenklich zu mir,»hätte ich das Gitter heraufgezogen, um mit dem Boot ins Dock zu paddeln, und das ganze Zeug unter Wasser hätte es hinausgespült, und niemand hätte mehr seine Schlüsse daraus ziehen können.«
«Fiona ist sicher, daß John schneller als Doone herauskriegt, wer Harry in die Falle gelockt hat«, sagte Mackie.
Ich schüttelte den Kopf.»Ich weiß nicht, wer es getan hat. Schön wär’s.«
«Nur eine Frage der Zeit«, sagte Tremayne zuversichtlich. Er schaute auf seine Armbanduhr.»Apropos Zeit: zweite Gruppe.«
Er stand auf.»Sam, ich will ein Testrennen zwischen dem neuen Pferd, Roydale, und Fringe. Du reitest Royda-le, und John reitet Fringe.«
«Okay«, sagte Sam einfach.
Tremayne drehte sich zu mir:»John, versuchen Sie nicht, Sam zu schlagen, wie bei einem richtigen Rennen. Ich möchte lediglich ein paar Dinge herausfinden. Ich will sehen, welches Pferd von Natur aus schneller ist. Reiten Sie so schnell wie möglich, aber sobald Sie spüren, daß Fringe nachläßt, halten Sie ihn zurück, treiben Sie ihn nicht weiter an.«
«In Ordnung.«
«Mackie, unterhalte dich ein bißchen mit Dee-Dee oder unternimm sonst was. Ich nehme dich nicht dafür mit, daß du mir dort oben in den Landrover reiherst.«
«Oh, Tremayne, als würde ich so etwas tun.«»Wir gehen kein Risiko ein«, sagte er mürrisch.»Ich will nicht, daß du auf diesem Holperweg durchgeschüttelt wirst.«
«Ich bin doch nicht invalide«, protestierte sie, aber sie hätte ebensogut mit einem Felsbrocken streiten können. Er ließ sie unnachgiebig zurück und fuhr Sam und mich auf die Galoppstrecke.
Unterwegs sagte Sam trocken zu mir:»Normalerweise reitet Nolan alle Testrennen; der wird schön sauer sein.«
«Oh, reizend.«
«Ich habe Nolan gesagt«, sagte Tremayne herrisch,»er werde so lange nicht im Training reiten, bis er sich abgeregt hat.«
Sam zog die Augenbrauen in gespieltem Schrecken nach oben:
«Möchten Sie, daß John erschossen wird? Nolan ist ein meisterhafter Schütze.«
«Red keinen Stuß«, sagte Tremayne leicht besorgt und rumpelte mit dem Landrover über die ausgefahrenen Spuren auf das weiche Hochlandgras, bevor er den Wagen anhielt.»Konzentrier dich auf Roydale. Er gehört einem neuen Besitzer. Ich möchte mich auf dein Urteil verlassen können. Roydale ist nicht in der allerbesten Verfassung, aber der Trainer, von dem er kommt, auch nicht. Ich will wissen, woran wir sind.«
«Sicher«, sagte Sam.
«Bleib so lange neben Fringe, wie du kannst.«
Sam nickte. Wir holten Fringe und Roydale bei den Stallburschen ab, und als Tremayne sich auf dem kleinen Hügel postiert hatte, legten wir auf der Ganzjahresbahn so schnell los, wie ich noch nie zuvor geritten war. Fringe, der sofort auf Renngeschwindigkeit ging, entwickelte eine Wildheit, die ich nicht so recht kontrollieren konnte; ich vermutete, daß er dieser Eigenschaft seine vielen Siege zu verdanken hatte. Immer wenn Roydale seine Nase nach vorne schob, legte Fringe noch einen Zahn zu, doch die beiden nahmen sich nicht viel, und als das Ende der Sägespäne in Sicht kam, war noch alles offen. Ich sah, wie Sam sich im Sattel vorbeugte, um den Druck zu verringern, und automatisch machte ich es ihm nach, fast schon zu spät für meine geplagten Muskeln und durchgewalkten Lungen. Am Ziel war ich buchstäblich außer Atem, während Sam ganz lässig bremste und zu Tremayne zurücktrottete, um ihm mit lauter Stimme Bericht zu erstatten.
«Ein unerfahrenes Früchtchen haben wir da«, verkündete er.
«Er hat ein Maul wie aus Elefantenhaut; er scheut vor seinem eigenen Schatten zurück, und er ist stur wie ein Esel. Abgesehen davon ist er schnell, wie Sie gesehen haben.«
Tremayne hörte ungerührt zu.»Hat er Mumm?«
«Kann man nicht genau sagen, solange er nicht auf der Bahn war.«
«Ich melde ihn für Samstag an. Dann wird sich’s herausstellen. Vielleicht gehst du morgen mit ihm mal über die Hürden.«
«Okay.«
Wir gaben die Pferde ihren Betreuern zurück und fuhren mit Tremayne den Hügel hinunter. Unten wartete Doone in seinem Auto auf uns.
«Bei dem Kerl läuft’s mir immer eiskalt den Buckel runter«, sagte Sam, als wir ausstiegen. Der graue, aber unnachgiebige Chefinspektor schälte sich bei unserer Ankunft aus dem Wagen wie eine Schildkröte aus ihrem Panzer. Er war erneut allein gekommen, kein schweigsamer Notizenmacher begleitete ihn.
«Wen von uns wollen Sie?«blaffte ihn Tremayne an.
«So gefragt, Sir…«Die Singsangstimme löste jede offene Bedrohung in Nichts auf, und doch lag etwas in der Luft, das einen denken ließ, jeden Augenblick könnten die Handschellen zuschnappen.»Ich brauche Sie alle, wenn es Ihnen nichts ausmacht, Sir. «Und wenn doch, dann ändert das auch nichts, wollte er damit sagen.
«Kommen Sie besser mit ins Haus«, bot ihm Tremayne achselzuckend an.
Doone begleitete uns in die Küche, zog seinen grauen Tweedmantel aus und setzte sich in seinem ziemlich strapazierten grauen Anzug an den Tisch. Er fühlt sich in Küchen wohl, dachte ich. Tremayne schlug halbherzig vor, einen Kaffee zu trinken, und ich machte für jeden eine große Tasse.
Mackie kam nach dem Frühstück mit Perkin herüber und wollte wissen, wie das Testrennen gelaufen war. Als sie Doone erblickte, reagierte sie weniger erstaunt als vielmehr schicksalsergeben. Ich machte ihr ebenfalls einen Kaffee, und sie setzte sich hin und schaute zu, während Doone ein Blatt Papier aus seiner Brusttasche zog und es Sam reichte.
«Eine Quittung, Sir«, sagte er,»für drei Stück Bodenbretter aus dem Dock in Ihrem Bootshaus.«
Sam faltete das Blatt auseinander und starrte es an.