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Na, vielen Dank, dachte die Magusch säuerlich. »Ich danke Euch sehr«, sagte sie laut. »Ihr dürft mich Aurian nennen.«

Harihn hob eine Augenbraue. »Aber natürlich.«

Mit Mühe gelang es Aurian, ihm nicht ihr Frühstück in sein selbstgefälliges, dümmliches Gesicht zu werfen. Und das war auch gut so, denn sie brauchte das Essen dringend. Statt dessen sah sie ihn mit einem sehr direkten Blick an. »Harihn, warum habt Ihr mich gerettet?«

Der Prinz lächelte. »Lady, du hast nichts von mir zu befürchten. Du bist für mich lebendig viel wertvoller als tot. Verstehst du, ich brauche dich – und deinen Dämon, wenn er bereit ist, uns zu helfen. Ich habe dich in der Arena kämpfen sehen, und ich brauche deine Fähigkeiten, um mich zu schützen. Mein Leben ist bedroht – von seiten meines königlichen Vaters und erst recht von seiten seiner neuen Frau. Falls sie ihm einen weiteren Erben schenkt …« Er fuhr sich mit einer eindeutigen Handbewegung über die Kehle.

Nach einem Augenblick bemerkte Aurian, daß ihr der Mund offenstand, und hastig schob sie sich etwas zu essen zwischen die Zähne, um sich Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. Sie hätte um ein Haar begonnen, ihm zu erzählen, warum sie unmöglich bleiben konnte, begriff jetzt aber, daß der ganz mit sich selbst beschäftigte junge Prinz ihre Probleme kaum beachten würde. Außerdem konnte sie nicht gehen, bevor sie Anvar gefunden und, was noch wichtiger war, eine Möglichkeit entdeckt hatte, diese Armreifen, die ihre magischen Kräfte lähmten, zu entfernen.

Der Prinz runzelte die Stirn und war offensichtlich verwundert darüber, daß sie nicht außer sich vor Freude war, zu seiner Leibwächterin auserkoren zu sein. »Entschuldigt mich, Euer Hoheit«, sagte Aurian hastig und brachte es gerade rechtzeitig fertig, von irgendwoher noch ein Lächeln hervorzuzaubern. »Ich bin beinahe sprachlos angesichts der Ehre, die Ihr mir erweist, aber … Der Arzt muß Euch doch sicher von meinem Zustand erzählt haben. Wie kann ich Euch angemessen verteidigen, wenn ich wegen des Kindes, das ich erwarte, dick und rund geworden bin?«

Harihn zuckte mit den Schultern. »Ich weiß die Offenheit, mit der Ihr über diese delikate Angelegenheit sprecht, natürlich sehr zu schätzen.« Die abschätzige Art, wie er seine Lippen verzog, strafte seine Worte jedoch Lügen. »Das sollte kaum ein Problem sein. Du hast deinen Dämon, der dir hilft, und außerdem würde dein Zustand jeden, der es auf mich abgesehen hat, in einem falschen Gefühl der Sicherheit wiegen. Wer würde schließlich erwarten, daß eine schwangere Konkubine die Fähigkeiten eines Kriegers besitzt?«

Wieder mußte Aurian würgen. Als sie endlich wieder Luft bekam, schob sie das Tablett von sich; ihr Appetit war plötzlich verschwunden. »Habt Ihr Konkubine gesagt?«

Harihns Augen weiteten sich. »Aber du hast doch gewiß nicht von mir erwartet, daß ich dich heiraten würde? Mein Volk würde niemals eine ausländische Zauberin als seine Khisihn dulden!«

»Natürlich habe ich das nicht erwartet! Ich dachte, Ihr wolltet mich als Leibwächterin und nicht …« Aurian begann vor Zorn zu stottern, und alle Zurückhaltung, die sie sich auferlegt hatte, war dahin. »Ihr müßt vollkommen von Sinnen sein!«

Harihn nahm eine solche Pose geduldiger Nachsicht ein, daß Aurian ihn am liebsten erwürgt hätte. »Der Arzt hat mich gewarnt, daß du vielleicht so reagieren würdest«, sagte er. »Da du schwanger bist, hast du im Augenblick keine Kontrolle über dich, und von den Gebietern habe ich deine Geschichte erfahren. Ich weiß, daß deine Gefühle, da du gerade erst verwitwet bist, wahrscheinlich noch sehr leicht verletzbar sind – aber es ist einer Frau nicht gestattet, ohne einen Mann zu sein, der sie beherrscht und bewacht. Wie könnte es auch anders sein. Du brauchst den Schutz eines Mannes, ein Zuhause und eine Zukunft für dein Kind. Wenn du von hier weggehst, bist du der Gnade des Gesetzes ausgeliefert, und das Beste, was du hoffen kannst, ist Sklaverei – oder eine Rückkehr in die Arena. Würde dein Kind einen zweiten Kampf dieser Art überleben? Würdest du es überleben? Ich glaube nicht. Ich habe keine Ahnung, wie die Dinge in deinem eigenen Land geregelt werden, aber hier würde der Bruder deines Mannes oder irgendein Verwandter, ja, vielleicht sogar sein engster Freund dich als Konkubine in seine Familie aufnehmen, nachdem du verwitwet bist – oder vielleicht sogar als Ehefrau, wenn er das wünschen sollte. Du bist hier eine Fremde und hast niemanden, der dir diesen Dienst erweisen könnte. Du kannst doch gewiß nicht unempfänglich für die Ehre sein, die ich dir erweise?«

Große Götter! Er bildete sich auch noch etwas darauf ein! Aurian verfluchte ihre Phantasie, die ihr diese idiotische Geschichte über einen verlorengegangenen Ehemann eingegeben hatte. Sie verfluchte die lächerlichen Gesetze dieses Landes, die Frauen wie Besitztümer herumschubsten, und sie verfluchte diesen arroganten jungen Narren, der glaubte, ihr einen solchen Gefallen zu tun. Was für eine Frechheit! Dann riß sie sich jedoch wieder zusammen und begann mit verzweifelter Hast nachzudenken. Vielleicht würde sich ihre Behauptung, Anvar sei ihr Mann, doch noch als hilfreich erweisen, wenn man ihn fand … Sie holte tief Luft und verkreuzte unter der Decke ihre Finger. »Aber Euer Hoheit«, stieß sie hervor, »was ist mit meinem Mann?«

Harihn runzelte die Stirn. »Aurian, dein Mann ist tot.«

»Und was ist, wenn er nicht tot ist? Wir wissen es doch nicht genau.« Bei ihren Worten stieg das Bild von Forrals Gesicht vor ihrem inneren Auge auf – mit einer so schmerzhaften Klarheit, daß sie ein Schluchzen unterdrücken mußte. O Forral, vergib mir, dachte sie. »Was geschieht, wenn er hierherkommt, nur um herauszufinden, daß ich die Konkubine eines anderes Mannes geworden bin?« Sie war unfähig, ein Schaudern in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Bitte, Euer Hoheit, Ihr könnt doch gewiß eine Suche veranlassen? Ich bitte Euch … Als eine Frau und allein in diesem fremden Land werfe ich mich Euch zu Füßen.« Nun, ein wenig Mitleidheischen hatte ihr bei den Gebietern gute Dienste geleistet. Wenn der Prinz doch nur auf denselben Köder hereinfiele … Aber während Aurian die Tränen in ihre Augen zwang, sah sie, wie sich Harihns Gesichtsausdruck verhärtete.

»Lady«, sagte er ausdruckslos. »Es ist unmöglich, denjenigen zu finden, den du suchst.«

Ich habe mich selbst überlistet. Er hat nicht die geringste Absicht, Anvar zu finden, dachte Aurian, denn er will mich für sich. Sie hatte keine andere Wahl, als hartnäckig zu bleiben. »Was, bei dieser hellen Haut und diesem hellen Haar und den blauen Augen? Ich hätte gedacht, er würde jedem in der Stadt sofort auffallen. Wenn er zusammen mit Sara hierhergebracht worden ist, muß sich doch bestimmt jemand daran erinnern, ihn gesehen zu haben?«

»Genau! Und in dieser ganzen Zeit war nicht ein einziges Mal die Rede von einem solchen Mann … Was hast du gesagt? Er war mit Sara zusammen? Der Khisihn? Warum?« Harihn beugte sich vor, und seine Augen blickten plötzlich interessiert. Was war nur in diesen Mann gefahren, fragte Aurian sich. Konnte sie sein plötzliches Interesse irgendwie zu ihrem Vorteil nutzen?

»Hat Sara ihn nicht erwähnt?«

»Nein, das hat sie bestimmt nicht. Hätte sie es denn tun sollen? Waren sie zusammen? Warum hat sie nichts von ihm gesagt? Ist das etwas, das ich benutzen könnte, um meinen Vater zu blamieren?« Harihns Fragen überstürzten sich in seinem Eifer.

Also das war’s! Aurian mußte sich anstrengen, ihre Erleichterung zu unterdrücken. Wenn sie diese Sache richtig handhabte … Sie versuchte, ein schockiertes Gesicht zu machen. »Es überrascht mich nicht, daß sie Anvar dem Khisu gegenüber nicht erwähnt hat. Sie ist seine Konkubine. Das ist auch der Grund, warum sie mich tot sehen will, Harihn – damit ich ihr Geheimnis nicht verraten kann. Wenn der arme Anvar tot ist, spielt es natürlich keine Rolle mehr, aber wenn er noch immer lebt, dann würde es Euren Vater in eine sehr peinliche Situation bringen …«