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»Vielen Dank, Sir.« Mayas Stimme blieb beherrscht, aber ihr Gesicht leuchtete vor Freude. »Ich werde meine Sache gut machen, daß verspreche ich.«

»Nenn mich Forral.« Der Schwertkämpfer lächelte. »Ich habe nicht die geringsten Zweifel, daß du deine Sache gut machen wirst – wie ich schon sagte, ich möchte zuverlässige Leute um mich haben!« Er hielt inne. »Da ist noch etwas – ich hatte vor, zusammen mit Aurian einen Monat lang Urlaub zu machen, bevor ich das Kommando übernehme, und daran möchte ich, wenn möglich, trotz allem, was vorgefallen ist, festhalten. Die augenblickliche Krise habe ich natürlich nicht vorhersehen können, aber du solltest mit Vannors und Parrics Hilfe eigentlich in der Lage sein, damit fertig zu werden. Wenn es irgendwelche Schwierigkeiten gibt, stehe ich natürlich ganz zu deiner Verfügung – aber davon abgesehen bist du während meiner Abwesenheit amtierender Kommandant der Garnison und –«

»Wer hat es gewagt, die Vorräte der Magusch zu stehlen, die wir bereits gekauft und bezahlt haben? Und das offenbar nur, um den aufsässigen Pöbel der Stadt zu füttern?« Das Erscheinen des Erzmagusch war unerwartet und sein Zorn ehrfurchtgebietend. Er stand mit funkelnden Augen und gewittriger Miene hochaufgerichtet vor ihnen. Aurian hatte plötzlich Angst um Forral und Vannor. Sie hatte Miathan noch nie so wütend gesehen.

Der Kaufmann und der Schwertkämpfer tauschten einen Blick. »Ich habe das getan!« Beide sprachen sie gleichzeitig, und als Miathans Gesicht sich weiter verdunkelte, wußte Aurian, daß sie schnell handeln mußte, um ihren Freunden beizuspringen. Obwohl ihr bei dem Gedanken, Miathans gewaltiger Zorn könnte sich gegen sie richten, die Knie zitterten, stand sie auf und sah den Erzmagusch offen an.

»Das stimmt nicht«, sagte sie mit leiser, aber fester Stimme. »Keiner von den beiden hatte die Autorität, die Nahrungsmittel freizugeben, also habe ich es getan, zu Ehren des Maguschvolkes. Weißt du, die –«

»Du – hast – was – getan?« Miathan stieß die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Aurian zitterte vor Angst, und die gefährliche Drohung in seiner Stimme raubte ihr plötzlich die Sprache.

»Laßt sie ausreden, Erzmagusch.« Forrals Stimme war ruhig, aber sein Gesicht war wie aus Stein gemeißelt. Als der Schwertkämpfer sprach, spürte Aurian den festen Griff von Mayas Hand und wußte, daß die Kriegerin auf ihrer Seite war und sich nun für ihren Beistand Forral gegenüber revanchierte. Die unerwartete Unterstützung gab ihr den Mut, weiterzusprechen.

»Miathan, es ist nicht deine Schuld. Du kannst nicht gewußt haben, wie schlimm die Dinge in Nexis standen. Wenn du es gewußt hättest, dann hättest du etwas dagegen unternommen. Wenn du diese armen, hungernden Menschen gesehen hättest, hättest du die Waren gewiß selbst freigegeben! Denn wenn irgend jemand weiß, wie freundlich du bist, dann bin ich es! Bitte sei nicht böse – ich wußte, daß ich das tat, was du gewollt hättest!«

Wie Vannor später ziemlich respektlos bemerkte, nahmen ihre Worte ihm einfach den Wind aus den Segeln. Der Erzmagusch war zum ersten Mal in seinem Leben vollkommen sprachlos.

»Erzmagusch, die Stadt weiß die Großzügigkeit der Magusch sehr zu schätzen.« Vannors Stimme war sanft und schmeichelnd. »Diese Lady hat Euch heute eine Menge Dankbarkeit eingebracht – wegen ihres freundlichen Herzens und weil sie den Regen gebracht hat.«

Miathan stöhnte. »Das bist du gewesen?«

Aurian nickte nervös. »Ich – ich hoffe, ich habe es richtig gemacht«, stammelte sie.

»Richtig? Mein liebes Mädchen, Eliseth hat schon seit Tagen versucht, das fertigzubringen, was du jetzt geschafft hast. Höchst beeindruckend! Wirklich höchst beeindruckend! Aber was den Rest betrifft, mußt du noch lernen, nicht zu handeln, ohne vorher nachzudenken. Unsere Leute brauchen die Waren …«

Als Miathans Augenbrauen sich abermals zu runzeln begannen, ergriff Vannor erneut das Wort. »Macht Euch in dieser Hinsicht keine Gedanken, Erzmagusch. Kommandant Forral hat bereits Beschlagnahmungskommandos organisiert, und von morgen an werden neue Nahrungsmittel in die Stadt kommen. Ihr habt mein Wort, daß wir uns vorrangig darum kümmern werden. Eure Vorräte zu ersetzen. Seid nicht böse auf die Lady Aurian – sie hat aus den besten Motiven heraus gehandelt.«

»Dem kann ich nur beistimmen,« fügte Forral hinzu. »Sie hat heute großes Blutvergießen verhindert.«

Miathan, der sah, daß er überstimmt war, zuckte die Achseln und brachte eine Grimasse zustande, die für ein Lächeln durchgehen konnte. »Na schön«, sagte er steif. »Es scheint, daß ich nachgeben muß – diesmal.« Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging. Aurian, die sich wegen ihres Anteils an seinem Zorn schuldig fühlte und sich sorgte, ob er ihr wirklich verziehen hatte, wäre beinahe auf der Stelle hinter ihm hergelaufen. Beinahe.

»Puh«, sagte Vannor, »das war knapp! Aurian, du bist eine Heldin! Dank deines Eingreifens sind wir noch mal mit heiler Haut davongekommen.«

Aurian, die bei diesem Kompliment strahlte, nahm einen tiefen Zug von ihrem Bier, um ihre zitternden Glieder zu beruhigen. Schließlich war Forral endlich bei ihr, und sie hatte eigentlich Ferien …

»Bei den Göttern, Mädchen, das war von alledem, das du heute vollbracht hast, bei weitem das Mutigste!« sagte der Schwertkämpfer zu ihr, und sein Gesicht strahlte vor Stolz. Maya fing ihren Blick auf und lächelte. Aurian wußte in diesem Augenblick, daß zwischen ihr und der kleinen, dunkelhaarigen Kriegerin die Saat der Freundschaft gelegt war, und der Gedanke erfreute sie außerordentlich. Sie hatte noch nie zuvor eine Freundin gehabt. Scheu erwiderte sie Mayas Lächeln, um das wortlose Verständnis zwischen ihnen zu bestätigen. Sie beschloß, daß nichts, nicht einmal der Erzmagusch, sie von diesen neuen, ganz besonderen Freunden würde trennen können.

Es war schon lange nach Einbruch der Dämmerung, als Vannor zurück nach Hause ritt. Obwohl Aurians Regen noch immer in Strömen auf die Erde niederging und er, wie es schien, bis auf die Knochen durchnäßt war, lächelte der Kaufmann still vor sich hin, als er die weiße Brücke in der Nähe der Akademie überquerte und die mit Bäumen gesäumte, mit Lampen erleuchtete Straße zu seiner Villa auf dem südlichen Flußufer hinaufritt. Zum ersten Mal in mehr als einem Jahr, nämlich seit dem Tod seiner geliebten Frau, hatte Vannor das Gefühl, mit sich selbst eins zu sein. Er freute sich natürlich darüber, daß er nun in so gutem Einvernehmen mit dem neuen Garnisonskommandanten stand; und die Tatsache, daß er ausnahmsweise einmal eine Magusch auf seiner Seite hatte, ließ für die Zukunft Gutes ahnen – und was für ein tapferes, freundliches Mädchen sie war! Aber der wahre Grund für die stille Freude des Kaufmanns war Sara, das Mädchen, das er aus dem Aufruhr gerettet hatte.

Während seiner Sitzung mit den anderen Führern hatte Vannor das Mädchen der Obhut der Gastwirtsfrau überlassen. Als er sie wiedersah, hatte sie schon etwas zu essen bekommen, und jemand hatte sich um ihre Verletzungen gekümmert. Die Gastwirtin hatte ihr ein Gewand geliehen, um ihre eigene, ruinierte Kleidung zu ersetzen, und ihre Haar war frisch gewaschen und gekämmt worden, Die Veränderung setzte den Kaufmann in Erstaunen. Er hatte mit offenem Munde dagestanden wie der unerfahrenste Lehrjunge, so sehr hatte ihn ihre zerbrechliche, ätherische Schönheit betört. Götter, wie sehr sie ihn an seine geliebte, verlorene, wunderschöne Frau erinnerte!

Nun war Vannor auf dem Heimweg, nachdem er sie zuvor bei ihrer besorgen Familie abgeliefert hatte. Sein Herz schlug schneller bei der Erinnerung an ihre schmale Gestalt, die vor ihm im Sattel gehockt hatte, während seine Arme fest um ihre Taille lagen. Es würde eine Weile dauern, bevor er sie wiedersah, das wußte er. Nach der Dürre gab es viel zu tun in Nexis, und er wußte, welche Arbeit in den nächsten Tagen vor ihm liegen würde, aber danach … seine Kinder brauchten wieder eine Mutter, redete Vannor sich ein, wobei er den unbequemen Gedanken, daß Sara nicht viel älter als seine älteste Tochter sein konnte, beiseite schob. Wenn es um Liebe ging, spielte das Alter niemals eine Rolle. Ihre Familie hatte sich eindeutig beeindruckt gezeigt von dem neuen Freund ihrer Tochter, und Sara selbst war alles andere als entmutigend gewesen …