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Coronach schrie sein Todeslied hinaus, während es die Luft durchschnitt; Aurian frohlockte mit der Klinge – sie wurde zur Klinge mit ihrem sauberen scharfen Aufblitzen, dem ein gellender Stoß folgte, der sich durch ihre Arme fortpflanzte, wenn die beiden Schwerter wieder und wieder aneinanderklirrten. Sie registrierte die warmen Rinnsale von Blut aus einem Dutzend kleinerer Wunden und vergaß sie. Forral blutete auch an verschiedenen Stellen. Sein Gesicht war gerötet, und sein Atem ging stoßweise. Seine Bewegungen waren nicht mehr so flüssig wie ihre. Mit einem plötzlichen Schrecken begriff Aurian, daß sie ihn tatsächlich schlagen konnte. Diese winzige Unaufmerksamkeit kostete sie fast den Sieg. Sie sah Forrals von oben geführten Hieb gerade noch rechtzeitig, duckte ihren Kopf weg und ließ sich abrollen, kam wieder hoch, das Schwert noch in der Hand zum Gegenangriff. Dann begann sie, ihn Schritt für Schritt zurückzuzwingen.

Das Wissen darum, daß er verlieren würde, begann auf Forrals Gesicht zu dämmern, und damit änderte sich die Atmosphäre des Kampfes. Er war stolz auf sie – Aurian wußte das, als ob sie seine Gedanken gelesen hätte. Während sie kämpften, war die Luft um sie spannungsgeladen; zwischen ihnen war ein Band, so eng, daß sie fast wie eine einzige Person kämpften, und Aurian wußte, daß sie nicht länger gegeneinander fochten – sie fochten miteinander, obwohl jeder das Äußerste gab, um zu gewinnen. Trotz der Wunden und der Müdigkeit, die sie langsam überkam, fühlte sie sich wie von Wein berauscht. Langsam breitete sich ein Lächeln auf Forrals Zügen aus, und sie merkte, daß sie selbst mit einem Grinsen antwortete. Niemals zuvor waren sie so sehr eins gewesen wie jetzt.

Der Kampf ging in die Geschichte der Garnison ein. Diejenigen, die das Glück hatten, dabei zugegen zu sein, erzählten später, daß die Bewegungen so schnell waren, daß kaum jemand ihnen mit den Augen folgen konnte. Keiner wußte, wie lang der Kampf schon andauerte – Aurian verlor im Hochgefühl des Kampfes jedes Zeitgefühl. Dann, ganz plötzlich, war es vorbei. Forral lag lang ausgestreckt im Sand zu ihren Füßen, die Spitze ihres Schwertes an seiner Kehle.

Das Publikum saß noch in Schweigen gebannt, als Aurian ihre Klinge hob, um Forral ihre Reverenz zu erweisen, und dann erschöpft zusammensank, während die Anspannung des Kampfes ihre müden Glieder freigab. Auf ihr Schwert gestützt, streckte sie die Hand aus, um Forral aufzuhelfen. Als er aufstand, trafen sich ihre Blicke, und in diesem Augenblick offenbarten sie sich gegenseitig all die Worte, all die Gefühle, die sich so lange in ihren Herzen verborgen hatten. Jetzt gab es kein Verstecken mehr. Aufeinander gestützt, verließen sie die Arena. Die Menge sprang wie von einem Zauber erlöst auf die Füße und brach in tumultartigen Jubel aus. Aurian tauschte einen verwirrten Blick mit Forral. Sie hatten das Publikum völlig vergessen.

Wortlos humpelten sie zurück zu Forrals Quartier. Sie hatten die Tür noch nicht ganz hinter sich geschlossen, da lagen sie sich auch schon in den Armen. Sie liebten sich sofort und auf der Stelle – auf dem Boden, mit Blut, Schweiß, Sand und allem. Die Berührung von Forrals Hand sandte köstliche Schauer über Aurians Haut, während er ihr und sich die blutbefleckten Kleider auszog. Sie erinnerte sich später, daß sie einmal aufschrie, als er zum ersten Mal in sie eindrang, und fand auch die blauen Flecken auf seinen Schultern, wo ihre Finger sich in diesem Augenblick des Schmerzes eingegraben hatten. Forral schrie auf, während sich sein Körper aufbäumte und Schauer der Lust ihn überliefen; er hatte sich nach diesem Augenblick so viele Jahre lang gesehnt, daß er nicht länger warten konnte. Dann entspannte er sich, küßte ihre Augen, ihren Hals, ihren Mund. Aurian stöhnte, immer noch angespannt, immer noch in Erwartung … Sie spürte seine Hand, die ihre Brüste streichelte, ihre Schenkel, dann zwischen ihre Schenkeln glitt, und während er sie zu ihrem Höhepunkt brachte, nahm sie ihn noch einmal in sich auf, und als diesmal der Moment kam, erlebten sie ihn beide gleichzeitig; ihre Leidenschaft war fest und langanhaltend und stark vor Freundschaft, Respekt und der tiefen, tiefen Freude einer alten, neugewonnenen Liebe.

Sie lagen einander in den Armen und ließen die Welt ganz langsam wieder an sich herankommen. Aurian war von einer Art Ehrfurcht erfüllt. Sie hatte jetzt das wichtigste Ereignis im Leben einer Frau durchlebt – und Forral liebte sie. Nicht als das junge Mädchen, das er gekannt hatte, sondern als Frau. Sie fühlte sich verwandelt, und in gewissem Sinne war sie das auch. Aurian kam sich in Gegenwart dieses muskulösen, behaarten Mannes – ihres Liebhabers – unaussprechlich schüchtern vor. Dann drehte er sich zu ihr um, Zartheit prägte sein Gesicht, und er war wieder Forral, den sie schon immer geliebt und dem sie schon immer vertraut hatte.

»Ah, Liebste«, murmelte er, »wenn du nur wüßtest …«

Aurian streckte die Hand aus, um sein Gesicht zu berühren. »Ich habe es schon gewußt, seit ich ein kleines Mädchen war. Ich habe es dir damals erzählt, erinnerst du dich noch?«

»Ja, das hast du. Ich habe gedacht, es wäre nur eine kindliche Leidenschaft gewesen. Ich habe nicht berücksichtigt, wie stur du sein kannst. Und was für ein Kämpfer! Bei den Göttern, war ich heute stolz auf dich!«

»Du hast es mir beigebracht, Forral – und jetzt hast du mir noch etwas beigebracht.« Aurians Augen tanzten. »Was meinst du denn, wer diesmal gewonnen hat?«

»Du Schlingel!« Forral lachte. »Was glaubst denn du, wer gewonnen hat?«

»Ich denke«, sagte Aurian glücklich, »daß es ein Unentschieden war.« Und dann küßte sie ihn.

Sie badeten und versorgten einander die Wunden, die sie sich beim Duell zugefügt hatten. Von magischer Heilung wollte Aurian heute nichts wissen. Sie hatte jetzt Magie von einer anderen Art, und jede dieser Schrammen und Wunden war wertvoll für sie. Es waren keine ernsten Verletzungen, aber jetzt, da Aurian sich mit ihnen beschäftigte, schmerzten sie. Sie fing langsam an, zu erstarren, nachdem sie zuerst im Kampf ihr Äußerstes gegeben und sich dann noch auf dem zugigen Boden verausgabt hatte. Aber das war ihr gleichgültig. Sie und Forral kamen beide aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie konnten kaum innehalten, einander zu berühren und einander tief in die Augen zu sehen. Für Aurian war es wie eine Rückkehr nach Hause, und es fügte sich alles so vollkommen zueinander, wie sie es zuvor niemals für möglich gehalten hatte.

Die Körperpflege, die sie einander angedeihen ließen, hätte sich wohl noch zu etwas anderem entwickelt, wenn sie nicht von einem vorsichtigen Klopfen an der Tür gestört worden wären. Forral fluchte und ging dann, um die Tür zu öffnen. Dort war niemand, aber vor der Tür stand ein großes, mit Speisen und Getränken vollbeladenes Tablett auf dem Boden. Als Forral es auf den Tisch stellte, entdeckte Aurian ein zusammengefaltetes Blatt Papier, das unter einer Flasche Wein steckte. Forral entfaltete es und brach in Gelächter aus. »Ich hätte es wissen müssen!«

Er gab Aurian die Notiz, die sofort Mayas saubere, kompakte Handschrift erkannt hatte. »Wurde verdammt noch mal auch Zeit!« las sie.

Nachdem sie gegessen hatten, beschlossen sie, auszuprobieren, ob die Liebe in einem sauberen Bett genausoviel Spaß machte. Es war sogar noch besser. Bei Anbruch der Abenddämmerung saßen sie im Bett und tranken Pfirsichschnaps; vom Übungsplatz her schallte der Klang von Mayas Stimme herüber, die die unglücklichen frischgebackenen Rekruten drillte. Schlückchenweise trank Aurian des weiche Getränk. Das warme Glühen, mit dem es ihr die Kehle hinablief, vereinte sich mit der Glut, die sie in ihrem Inneren spürte. Aber das erinnerte sie auch an ernste Dinge, und sie wandte sich Forral zu. Es war am besten, die Dinge sofort klarzustellen. »Warum trinkst du soviel?« fragte sie ihn.

Forral ließ beinahe sein Glas fallen. Sein Gesicht rötete sich schuldbewußt. »Wer hat dir das erzählt?«