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»Was ist, wenn – was ist, wenn!« hatte Yanis gespottet. »Was soll’s, Vannor hat die beiden ja selbst mitgeschickt.«

»Und was ist mit dem Mädchen?« fuhr Gevan ungerührt fort. »Ich habe immer gesagt, daß ein Schiff kein Platz für eine Frau ist.«

»Das läßt du besser nicht meine Mutter hören«, grinste Yanis. »Sie macht sonst aus deinen Därmen ein Rigg.«

»Deine Mama ist für mich keine Frau. Sie ist durch und durch ein Seemann, deine Mutter, und das ist das kleine Mädchen da unten nicht.« Immer noch düster vor sich hinmurmelnd, stapfte der Maat davon.

In Wahrheit hatte auch Yanis Vorbehalte, aber es waren andere als die seiner Mannschaft, die Zanna bisher nur als eine zarte, dick in Mäntel vermummte Gestalt kannte. Seine Leute dachten, sie wäre noch ein Kind – aber er hatte sie oben im Haus gesehen, im Streit mit Vannors Frau, und er wußte, daß sie älter war, als es den Anschein hatte.

Während der langen und mühsamen Fahrt flußabwärts hatte Yanis zwei und zwei zusammengezählt, und das Resultat hatte ihn durchaus nicht froh gestimmt. Warum hatte Vannor plötzlich beschlossen, seine Kinder zu den Schmugglern zu schicken? Warum hatte er nicht eher davon gesprochen? Warum war Tante Dulsina so plötzlich mit ihnen aufgetaucht und hatte sich so rasch verabschiedet? Es konnte nur eine Antwort geben. »Dieser gerissene Bastard«, murmelte Yanis. »Er schickt mir seine Tochter, damit sie mir nachspioniert.«

Es war alles zu offensichtlich. Vannor hatte, verärgert, weil sich Yanis von den Südländern hatte betrügen lassen, seine verflixte Tochter zu ihnen geschickt, um hinter ihre Geheimnisse zu kommen. Und dann – Yanis fluchte. Wer war der Anführer? Vannor hatte vor, ihn loszuwerden und den Schmuggel in die eigenen Hände zu nehmen.

»Oh – wir segeln!«

Die Stimme war so dicht neben ihm, daß Yanis vor Schreck einen Sprung machte. Die elende Göre war so geräuschlos herangeschlichen, während er am Ruder stand, daß sie ihn völlig überrascht hatte. Aufgebracht und ohne nachzudenken, sprach er seine Verdächtigungen aus. »Spionierst schon, was? Na gut, ich weiß, was du vorhast, Mädchen, und es wird nicht hinhauen, verstehst du?«

Yanis war während ihrer Fahrt flußabwärts so freundlich zu Antor und ihr selbst gewesen, daß Zanna seine plötzliche Feindschaft wie ein Schock traf. Sie biß sich auf die Lippen und kämpfte ihre Tränen nieder. Der Rest der Mannschaft hatte so unfreundlich gewirkt, als sie an Bord gekommen waren, daß sie glaubte, auf die Unterstützung des Anführers angewiesen zu sein. Womit hatte sie seinen Ärger heraufbeschworen? Der ernsten, würdevollen Art eingedenk, mit der Dulsina Vannors heftigen Zornesausbrüchen entgegenzutreten pflegte, richtete sich Zanna zu ihrer vollen Größe auf, auch wenn das nicht viel war. »Wenn du weißt, was ich vorhabe«, sagte sie kalt, »dann hoffe ich, daß du es mit mitteilst, denn ich weiß es bestimmt nicht.«

»Nein, du weißt es bestimmt nicht«, höhnte Yanis. »Du und Vannor, ihr habt nicht geglaubt, daß ich so schlau wäre, darauf zu kommen, nicht wahr? Yanis, dieser arme Tölpel – er wird niemals darauf kommen, daß man ihm nachspioniert. Er ist so ein Holzkopf, daß er sich von den Südländern betrügen läßt!«

Der größte Teil seines Ausbruches war Zanna ein Rätsel, aber sie bemerkte die Bitterkeit in seiner Stimme und schnappte den Namen Vannor auf. »Papa? Aber er weiß überhaupt nicht, daß ich hier bin.«

Entsetzt fuhr sie sich selbst mit der Hand über den Mund, aber es war schon zu spät. Yanis blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Was?« schrie er auf. »Er weiß nicht, daß ihr hier seid?«

Bei den Göttern, sah der jetzt wild aus! Zanna wich ein paar Schritte zurück, während die Worte, mit denen sie alles zu erklären versuchte, nur so aus ihr heraussprudelten. »Nun ja, er muß es jetzt wissen, natürlich, denn Dulsina wird es ihm erzählt haben, aber er wußte nichts davon, als wir aufbrachen.« Ihr gingen die Worte aus. Yanis sah sie mit versteinertem Gesicht an – das war auch nicht gerade hilfreich.

»Ich mußte fort von Sara«, protestierte sie. »Sie hatte vor, mich mit irgendeinem von diesen mondgesichtigen Kaufmannssöhnen zu verheiraten.«

»Vannor hat euch nicht geschickt?« Yanis starrte sie an. Zanna seufzte. Kein Wunder, daß die Südländer ihn betrogen hatten, dachte sie.

»Nein«, wiederholte sie. »Dulsina meinte, daß du uns nicht mitnehmen würdest, wenn du es wüßtest – also …« Sie zuckte die Achseln. »Ich fürchte, was sie dir gesagt hat, entsprach nicht ganz der Wahrheit.«

»Bei den Zähnen der Götter! Ich muß euch wieder zurückbringen, bevor er selbst herausfindet, wo ihr seid.« Yanis wirbelte das Steuerrad herum, ein Ruck und ein Beben gingen durch das Schiff, und es legte sich auf die Seite, während die Segel im Wind killten. Überall auf Deck erschollen Flüche und Protestschreie der Mannschaft, die ordentlich durcheinandergeworfen wurde.

»Nein«, schrie Zanna. »Das darfst du nicht!« Ohne nachzudenken, versuchte sie, das Steuerrad gegen seinen festen Griff wieder zurückzudrehen und das Schiff wieder auf seinen alten Kurs zu bringen. Einen gefährlichen Moment lang kämpften sie, während das Schiff rollte und sich langsam krängte.

»Du Schafskopf!« bellte Yanis. »Du bringst uns zum Kentern!« Er gab ihr nach, ließ das Schiff durch den Wind gehen und seufzte erleichtert auf, als es sich wieder aufrichtete und der Wind erneut seine dunkelgrauen Segel schwellte. »Nach unten!« raunzte er Zanna an. »Ich sollte dich über Bord werfen!«

»Nicht, bevor du nicht gehört hast, was ich zu sagen habe.« Zanna ließ sich nicht unterkriegen. »Du kannst uns nicht zurückbringen.« Verstand dieser Dummkopf eigentlich, daß sie versuchte, ihm Schwierigkeiten zu ersparen? Niemand konnte Yanis die Schuld für das Verschwinden von Vannors Kindern geben – aber ihr Vater würde das in ganz anderem Licht sehen. Verzweifelt suchte sie nach einer Möglichkeit, den Sinn des jungen Schmugglers zu ändern. »Oder willst du, daß deine Mannschaft sieht, wie du hereingelegt worden bist? Du wirst dich zum Hanswurst machen!«

»Was im Namen aller Götter wird hier gespielt, Yanis? Versuchst du, uns zu versenken?« Gevan stürzte auf sie zu, sein wettergegerbtes Gesicht bleich vor Ärger.

»Es war meine Schuld«, sagte Zanna schnell und versuchte, lammfromm auszuschauen. »Ich – ich dachte, ich könnte das Schiff steuern, aber …«

»Du hast diesem Kind das Steuerrad überlassen?« Gevan wandte sich an Yanis. »Hast du den Verstand verloren?« Die Mannschaft kam von allen Seiten herangehumpelt. Die Männer rieben sich ihre Blessuren und warteten gespannt, wie dieser Streit wohl ausgehen würde.

»Du darfst Yanis nicht die Schuld geben. Ich habe ihm erzählt, ich wüßte, wie es geht«, hakte Zanna nach.

»Was?« Yanis wirkte erstaunt. »Aber …«

Zanna trat ihm mit aller Kraft gegen das Schienbein. »Es tut mir wirklich leid, Herr – ich wollte es ganz einfach einmal ausprobieren.« Sie zeigte dem Maat ihr gewinnendstes Lächeln und war sofort bereit mitzumachen, als Yanis ihr ins Ohr flüsterte: »Nimm das Steuerrad eine Minute. Halt das Schiff einfach weiter auf Kurs.« Bevor sie sich versah, hing Zanna starr vor Angst und mit zitternden Händen am Steuerrad.

»Bei Tharas Titten!« Gevan spuckte angewidert aus. »Ich weiß nicht, wer von euch der größere Dummkopf ist …« Seine Worte endeten in einem erstickten Gurgeln, als Yanis ihn am Hemd packte, hochhob und ihn mit dem Kopf nach unten über die Reling hielt, so daß er die Wellen sehen konnte, die an der Bordwand vorbeirauschten und -schäumten.

»Und jetzt«, sagte Yanis, »wirst du dich erst bei der Lady für deine gemeine Ausdrucksweise entschuldigen und dann bei mir!«

Er lockerte seinen Griff um den Kragen des glotzäugigen Maates ein wenig, hielt ihn aber weiter in seiner gefährlichen Lage fest, während Gevan seine Entschuldigungen stammelte. Dann stellte Yanis den erschreckten Mann wieder auf die Planken des Decks und wandte sich seiner erstaunten Mannschaft zu. »Ich weiß, daß ihr nicht viel von mir haltet, verglichen mit meinem Vater. Oh, ja – ich habe euer Gemurmel und Geflüster wohl gehört. Aber es kann nur einen Kapitän auf diesem Schiff geben, und es kann nur einen Anführer der Schmuggler geben, ist das klar? Wenn irgend jemand das Kommando übernehmen will, dann kann er sich jetzt melden. Aber er wird mit mir darum kämpfen müssen – und das Kommando nur über meine Leiche bekommen.« Für einen langen grimmigen Moment sah er ihnen in die Augen, bis sich die Männer einer nach dem anderen abwandten und davonschlichen.