Fanny schleppte eine schwere Einkaufstasche herein, ließ sie mit einem dumpfenPlumps auf den Boden fallen und sagte: »Ich wäre fast überfahren worden. Kaputt. Ins Jenseits befördert ohne Hoffnung auf sofortige Auferstehung, ich kann euch sagen. Platt gedrückt, mir nichts, dir nichts platt gedrückt von dem gottverdammten Extra Billy Bitters, den man ins Gefängnis stecken sollte.«
Celeste unterbrach sie: »Das wird man. Zur rechten Zeit.«
»Hm, die rechte Zeit dürfte gekommen sein; er hat Mary im Auto, Louise jagt hinterher, und sie sitzt am Steuer, mögen alle Heiligen uns beschützen. Louise findet bekanntlich nicht mal aus einem brennenden Stall heraus. Ihr folgt Chester Smith mit Juts, Maizie und Paul im Wagen, und Paul hängt aus dem Fenster, glaubt's oder nicht, und brüllt aus Leibeskräften, daß seine verrückte Frau langsamer fahren soll. Ich finde, wir sollten den Sheriff rufen. Schließlich liegt hier eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vor, und das sollte man schon den Behörden melden. Aber von welcher Seite? Ich meine, ihr wißt, wie sich Harmon Nordness aufblähen kann, sollte Billy die Grenze nach Pennsylvania überqueren. Aber das Schlimmste ist, Mary hat einen Revolver und schießt aus dem Fenster, ballert einfach drauflos wie Cowboys und Indianer!« »Was?«, riefen beide Zuhörerinnen wie aus einem Munde.
11
Auf zwei linken Rädern flüchtete Extra Billy durch die Frederick Road und hielt auf den Emmitsburg Pike zu, aber er bekam das alte Zweisitzer-Coupe nicht unter Kontrolle. Als er den Ford endlich auf den rechten Weg gebracht hatte, scherte er über die Mason-Dixon-Grenze. Er schwenkte um den Platz, kam vor dem Bon-Ton-Kaufhaus ins Schleudern, geriet auf den Bordstein, steuerte zu stark gegen und fuhr geradewegs in den schönen Platz hinein. Mary fuchtelte mit dem Revolver. Als sie auf den Bordstein knallten, schoß sie in das Verdeck des Coupes, worauf sie beide erschraken. Billy paßte nicht auf, wo er hinfuhr, und krachte in den Sockel des Yankee-Generals George Gordon Meade. Die Statue neigte sich ein kleines bißchen, doch am schlimmsten lädiert war das Zweisitzer-Coupe.
Verdattert wankte Billy aus dem Auto, plumpste auf seinen Allerwertesten und kroch dann auf allen Vieren vorwärts, um die kreischende Mary herauszuziehen.
Just in diesem Moment rammte auch Louise, furiengleich, den Bordstein und kam neben Billys Auto abrupt zum Stehen. Chessy, weitaus besonnener, hielt an der Kreuzung bei St. Rose of Lima, stellte den Motor ab und lief zur Unfallstelle, dicht gefolgt von Juts und Pearlie. Ihnen auf den Fersen waren Celeste, Ramelle und Fannie Jump, die schwer keuchten, weil sie von Celestes Haus, nahe dem Platz, hergerannt waren.
Extra Billy riß Mary den Revolver aus der Hand. »Ich hab nicht gewußt, daß sie ihn hat, ehrlich nicht.«
Louise zerrte Mary auf die Füße, die gegen das Coupe gesunken war. »Was ist bloß in dich gefahren?«
»Rühr mich nicht an! Ich hasse dich!«, winselte Mary und schlang ihre Arme um Extra Billys schlanke Taille.
»Von wegen anrühren. Ich werde dich prügeln, daß dir Hören und Sehen vergeht!«
»Nein!«, kreischte Mary.
Pearlie, der unterdessen am Schauplatz angelangt war, ballte eine Faust, um den jungen Mann zu schlagen, doch Chessy trat rasch hinter ihn und fiel ihm in den Arm.
»Pearlie, damit ist nichts gewonnen.«
Extra Billy warf Chester einen dankbaren Blick zu und gewahrte dann hinter ihm das Frauentrio, das über den Platz getrabt kam. Die beiden Autos hatten die Blumen zu Brei gefahren, über den Celeste behutsam hinwegstieg.
»Ich will nicht nach Hause, ich will nicht nach Hause!«, zeterte Mary.
»Du wirst tun, was ich dir sage.« Louise wollte sie packen, aber Mary entwand sich ihr, die ganze Zeit über an Billy geklammert, der den Revolver noch in der Hand hielt.
Celeste nahm ihn Billy behutsam aus der Hand. »Den brauchst du nicht.«
»Ah - nein, Miss Chalfonte.«
»Ist das dein Revolver?«
»Nein, Ma'am.«
Mary weinte. »Es ist Daddy s.«
Pearlies Stimme zitterte. »Du kommst besser sofort nach Hause. Wir werden das klären.«
Maizie beobachtete alles mit großen Augen; ihre Schwester beschwor sie mit Blicken, da Maizie stets ihre Verbündete war, außer wenn sie sich in der Wolle hatten.
Eine Sirene im Hintergrund kündete neue Unannehmlichkeiten an.
»Scheiße«, brummte Extra Billy.
»Du sollst in meiner Gegenwart nicht fluchen!«, fuhr Louise ihn an.
»Verzeihung, Mrs. Trumbull, mir tut das alles sehr Leid. Es war alles anders geplant. Wir wollten nach Baltimore fahren und gleich zurückkommen, aber.«
»Lüg mich nicht an, Billy. Du wolltest meine Tochter entführen.« Louises Ton war unerbittlich.
»Entführen! Teufel, Wheezie, sie hat sich die Beine aus dem Leib gerannt, um das Auto zu erreichen - das im Übrigen ziemlich übel aussieht«, sagte Juts.
»Halt du dich da raus, Julia! Du bist keine Mutter.«
»Louise, wirst du dich wohl beruhigen? Billy verhaften zu lassen ist keine Lösung.«
»Schlag dich nicht auf ihre Seite!« »Tu ich gar nicht, ich.«
Alle hielten inne, um zu beobachten, wie Harmon Nordness vorfuhr, sich aus dem Streifenwagen wälzte, die Katastrophe in Augenschein nahm und dann gesenkten Hauptes über die Trümmer schritt.
»Hallo, Sheriff.« Chester versuchte, die Wogen zu glätten. »Wir haben hier ein kleines Mißgeschick, aber nichts, das wir nicht bereinigen könnten.«
»Danke, Chester, eben das beabsichtige ich zu tun.« Sheriff Nordness leckte sich die fleischigen Lippen. »Wer hat den Ford gefahren?«
»Ich«, erklärte Billy.
»Machst du das öfter, Statuen rammen, Billy? Ich habe dich bei Hahnenkämpfen erwischt. Ich habe deinen betrunkenen Vater mit dir auf dem Rücksitz überholt. Aber ich glaube, dies ist das erste Mal, daß du oder sonst irgend jemand vorsätzlich öffentliches Eigentum beschädigt hast.«
»Es war ein Unfall, Sheriff.«
»Ah-ha.« Harmon sah direkt in Marys tränenüberströmtes Gesicht. »Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen, Mädchen? Mir liegt eine Meldung vor, daß du mit einem Revolver aus diesem Auto geschossen hast.«
Mary heulte.
»Ach, Harmon, die Leute reden allerhand.« Fannie Jump frisierte die Geschichte ein wenig. »Der fragliche Revolver lag zufällig auf dem Rücksitz, und als Extra Billy beim Lenken seines Wagens ein bißchen ins Schleudern geriet, ist die Waffe vom Sitz gehüpft und losgegangen.«
»Donnerwetter.« Harmon spuckte eine Salve Tabaksaft auf die Erde.
»Es geschehen die verrücktesten Dinge.« Juts lächelte übers ganze Gesicht.
»Ja, weil Verrückte sie geschehen lassen.« Er wandte sich Juts zu, die einen Schritt näher zu Chessy trat. »So, Leute, ich muß euch alle festnehmen. Extra Billy und Mary und den, der den Model A gefahren hat.«
»Ich.« Pearlie trat vor.
»Pearlie, warum sollten Sie so eine Dummheit tun? Das paßt nicht zu Ihnen.«
»Er war's nicht, ich war's.« Louise schubste ihren galanten Ehemann rigoros aus dem Weg.
»Das paßt schon eher.«
»Sie können Wheezie nicht ohne mich mitnehmen.« Paul legte seiner Frau den Arm um die Schultern.
»Trumbull, hier kann ich tun und lassen, was ich will. In diesem Teil von Pennsylvania bin ich das Gesetz.«
»Das sind Sie allerdings, und ich weiß gar nicht, wie Sie das alles schaffen. Ihre Dienststelle ist kläglich unterbesetzt, Harmon.« Celestes Stimme war silberhell. »Aber morgen ist Ostern. Warum gehen wir nicht alle nach Hause und bitten morgen in der Kirche um Vergebung. Es liegt kein Verbrechen vor, nur an George hier müssen Reparaturarbeiten vorgenommen werden, und ich nehme an, für die Statue werden Extra Billy und Mary aufkommen müssen.«