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»Ich werde nicht die Hände in den Schoß legen, nach dem, was in Pearl Harbor passiert ist.«

»Du sollst nicht töten. Du kannst die Zehn Gebote nicht än­dern. Es sind die Zehn Gebote, nicht die Zehn Empfehlungen.« Da sie keinen Sinn für Humor hatte, merkte Josephine Smith nicht, daß sie komisch war. »Was schmunzelst du so?«

»Nichts, Mutter.«

»Deine Brüder waren so vernünftig, sich nicht freiwillig zu melden.«

»Bulova wird für den Krieg produzieren, somit trägt Joseph zu den Kriegsanstrengungen bei.« Kaum waren die Worte aus seinem Mund, wünschte er, sie zurückrufen zu können. Nie­mand ging aus einer Auseinandersetzung mit Mutter Smith als Sieger hervor.

»Versuch nicht, dich hinter Joseph zu verstecken«, fauchte sie.

»Mutter, ich habe eine Verabredung.«

»Ich kann mich nicht erinnern, daß du dienstags abends Ter­mine hast.«

»Nun, jetzt habe ich einen.«

»Ich nehme an, deine Frau hat dich angestiftet, dich freiwillig zu melden.« »Nein. Sie wollte nicht, daß ich hingehe. Ausnahmsweise seid du und Juts euch einig.«

Ihr Räuspern war ein Zeichen der Mißbilligung.

»Grüß Dad von mir.«

Sie folgte ihm zur Tür. »Was macht Julias Vater? Nutzlos he­rumsitzen wie ein Klotz im Wald?«

»Er macht dies und das am Haus. Er kann kaum atmen.«

»Wird's nicht mehr lange machen«, sagte sie genüßlich. »Der Lohn der Sünde, möchte ich meinen.«

»Der Lohn von zu vielen Zigaretten und dem Staub, den er in den Minen von Nevada eingeatmet hat, Mutter.« Chessy zählte bis zehn. »Als er hier wegging, ist er in die Minen gegangen. Er versucht, etwas gutzumachen.«

»Er wäre besser unter der Erde geblieben.« Sie schürzte die Lippen. »Deiner Frau kleben die Zigaretten am Mund fest. Wenn Lungenleiden in der Familie liegen, wird es sie auch erwischen.«

Seine Mutter redete noch, als er den Motor seines Wagens an­ließ. Schließlich schloß sie die Tür, damit die Kälte draußen blieb.

Er parkte hinter der Tanzschule. Hinter allen Straßen von Runnymede lagen Gassen, was Anlieferungen erleichterte und es den Fahrern auch ermöglichte, starkem Verkehr auszuwei­chen.

Er lief die Treppe hinauf und öffnete die Tür.

»Hallo, tut mir Leid, daß ich etwas zu spät komme. Meine Mutter redet wie ein Wasserfall.«

Ihr Blick war getrübt, obwohl sie lächelte. »Ist nicht weiter schlimm. Ich hatte eine Stunde, die länger gedauert hat. Ich habe vorige Woche ein paar neue Platten gekauft.« Sie hielt inne. »Wie ich höre, haben Sie sich freiwillig gemeldet.« Sie setzte die Nadel auf die Schallplatte, und es erklang>I Don 't Want to Set the World on Fire<.

»Ach, nein.« Er nahm sie in die Arme, bereit, loszulegen. »So tapfer bin ich nicht.«

»Ich habe Sie in der Schlange gesehen.«

»Wo waren Sie?« Er wirbelte sie herum.

»Bei Yosts. Ich bin kurz vorbei, um mir einen Doughnut zu holen und einfach mit jemandem zu sprechen. Alles ist so schrecklich, und es macht mir solche Angst. Jedenfalls, ich habe Sie da mit Pearlie gesehen. Die Yosts waren so aufgeregt, daß sie den Laden für heute zugemacht haben, als ich draußen war.«

»Alle sind erschüttert.«

Sie senkte die Stimme. »Haben Sie sich rekrutieren lassen?«

»Ted nimmt mich nicht. Er sagte, ich sei ein alter Mann.«

»Sie sind überhaupt nicht alt.« Sie sah ihn an.

»Hm - wie auch immer, Ted hat mich zum stellvertretenden Chef des Zivilen Luftschutzes ernannt. Wenigstens tu ich was.«

»Ich bin froh, daß Sie nicht fortgehen.«

Seine Augen strahlten belustigt. »Es gefällt Ihnen wohl, jeden Dienstag auf die Zehen getreten zu bekommen.«

Sie erwiderte nichts. Im Laufe der Unterrichtsstunde fügte sie Drehungen und Wendungen in den Walzer ein, einen Tanz, den sie beide genossen. Chessy verlor allmählich seine Hemmungen und entwickelte sich zu einem guten Tänzer.

Nach jeder Stunde setzten sie sich gewöhnlich für ein paar Minuten hin und plauderten.

»Geht es Ihnen gut? Sie wirken etwas bedrückt.«

Sie faltete die Hände und beugte sich vor. »Was, wenn die Ja­paner mit ihren Flugzeugträgern an die Westküste fahren? Sie könnten San Francisco und Seattle bombardieren. Es wird lange dauern, unsere Flotte wiederaufzubauen.«

»Ich nehme an, uns sind noch ein paar Schiffe in San Diego und Newport News geblieben. Es würde zu einer Seeschlacht kommen, bevor so etwas wie in Pearl Harbor noch einmal pas­sieren könnte. Die Marine führt täglich Aufklärungsflüge durch. Das hoffe ich zumindest.«

»Und wenn die Deutschen nach dem Erfolg der Japaner nun denken, sie könnten uns angreifen? Vor dem Hafen von Balti­more sollen U-Boote gesichtet worden sein.«

»Die Engländer konnten Baltimore nicht einnehmen, und die Deutschen werden es auch nicht können. Der Staat Maryland mag ja winzig sein, aber wir sind zäh.« Er lächelte. »Also meine Mutter, die kann sich ängstigen, und Julias Schwester Wheezie - das ist auch so eine. Sie ängstigen sich genug für uns alle. Seien Sie unbesorgt - denn Josephine Smith und Louise Trum­bull ängstigen sich für Sie mit.«

Das brachte sie zum Lachen, was ihre hübschen Züge noch reizender machte. »Sie haben Recht. Ich wünschte, ich wäre so geistreich wie Sie.«

Jetzt lachte er. »Trudy, Sie sind die erste Frau, die mich je­mals geistreich genannt hat.« Er stand auf. »Ich muß nach Hau­se. Bis nächsten Dienstag.« Er zögerte einen Moment. »Die Tanzerei macht mir richtig Spaß. Sie sind eine gute Lehrerin. Ich hätte nie gedacht, daß ich tanzen lernen könnte.«

»Danke.« Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ich weiß, Sie wollten in den Krieg ziehen, aber ich bin so froh, daß Sie uns hier beschützen werden.« Sie küßte ihn auf die Wange.

Auf dem ganzen Weg die Hanover Street hinunter spürte er ihre Lippen wie Feuer auf seiner Wange.

28

»Was meinen Sie?«, fragte Harper Wheeler, der Sheriff von Süd-Runnymede, den Bäcker Millard Yost, Chef der freiwilli­gen Feuerwehr.

»Brandstiftung. Hat nicht mal versucht, die Spuren zu beseiti­gen.« Millard zeigte auf herumliegende Lappen und Benzinka­nister.

»Ein verteufelter Hinweis.« Harper spuckte auf die wasserge­tränkte Erde, wo sich in der bitterkalten Nachtluft schon Eis bildete.

»Ja.« Millard sah seinen Männern beim Aufrollen der Schläu­che zu.

Chessy fuhr mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz von Sans Souci, Fannie Jump Creightons Nachtclub, der neben dem Fleischlagerhaus stand, welches das Ziel des Brandstifters ge­wesen war. Die Autos der freiwilligen Feuerwehren von Nord- und Süd-Runnymede nahmen fast den ganzen Parkplatz ein. Der Brand war zwar auf der Südseite, aber die Feuerwehren standen einander bei und pfiffen auf die Staatsgrenze.

Chessy eilte hinzu, um Pearlie zu helfen, der mit rotem Ge­sicht Schläuche schleppte. »Mist, das muß ausgerechnet in der Woche passieren, wo ich frei habe.«

Pearlie grunzte. »Ich konnte verdammt noch mal nichts tun.«

»Du hast verhindert, daß es auf Fannies Club übergreift. Das ist schon eine Menge.« Er bemerkte Fannie, die in ihren teuren Bibermantel gehüllt in ihrem Buick saß. »Hat sie Alarm ge­schlagen?«

»Ja, zuerst hat sie ihren Club geräumt und dann den Strom ab­gestellt. Das hat sie hier drüben auch versucht, aber es war schon zu spät.«

»Du brauchst mich hier ja nicht. Ich sehe nach Fannie.«

Er klopfte ans Autofenster. Sie kurbelte es herunter. »Fannie, alles in Ordnung?«

Sie nickte grimmig.

Als er sich auf den Beifahrersitz setzte, kurbelte sie das Fen­ster wieder hoch. Matilda, die Katze vom Lagerhaus, hatte sich voller Panik, aber unversehrt, in Fannies voluminösem Mantel vergraben.