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»Wissen die Mojos es schon?«

»Ich hab's Orrie noch nicht gesagt, und Noe ist in Washing­ton.«

»Oh.« Chester zögerte. »Was macht er da?«

»Er wollte sich nicht hier in die Schlange stellen; er schämt sich so, weil er Japaner ist. Deshalb ist er nach Washington gefahren, um unseren Kongreßabgeordneten zu bitten, ihn zu rekrutieren. Noe hat viel für seine Wahlkampagne getan, wie Sie wissen.«

»Herrgott noch mal!« Chester fluchte selten in Gegenwart ei­ner Dame. »Hups - Verzeihung, Fannie.«

»Ich sage noch viel schlimmere Sachen.«

»Er hat Pearl Harbor nicht bombardiert. Warum soll er sich schämen? Hätte ich das nur gewußt. Ich wäre nie auf so einen Gedanken gekommen.«

»Jemand anders schon.« Sie blickte zu dem zerstörten Betrieb hinüber.

»Wer könnte so etwas tun?«

»Wer weiß schon, was die Leute denken? Noe ist gebürtiger Japaner, das genügt scheinbar.«

»Er ist einer von uns.« Chester verschränkte die Arme vor der muskulösen Brust.

»Einer von uns< heißt weiß, angelsächsisch und protestan­tisch, mit ein paar eingestreuten Katholiken zur Verzierung.«

»Ah, so denke ich nicht.«

»Ich auch nicht, Chessy, aber viele denken so. Er ist eine Ziel­scheibe. Die haben uns bombardiert, also verbrennen wir einen von denen. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen - so ähn­lich. Das Lagerhaus gehört den Rifes. Noe hat es nur gemietet.«

Stumm beobachtete er die Gestalten mit ihren großen Feuer­wehrhelmen. »Wie geht es weiter?«

»Das weiß nur Gott - falls es ihn kümmert.« Sie streichelte den weichen Kopf der Katze. »Wenigstens ist Matilda in Si­cherheit.«

»Und Sie auch.« Er seufzte. »Ich war auf dem Weg nach Hau­se und habe den Feuerschein gesehen.« Er sah auf die Uhr. »Juts fragt sich bestimmt schon, wo ich bleibe.«

»Sie wird Verständnis haben.« Fannie seufzte schwer. Ein kal­ter Atemhauch schlug sich in der schneidenden Luft auf der Windschutzscheibe nieder. »Ich sollte jetzt wohl lieber Orrie informieren. Sie ist sowieso schon völlig außer sich, weil Noe sich zum Militär meldet. Das hier wird ihr den Rest geben.«

»Er spricht Japanisch. Das macht ihn unentbehrlich.«

»Ich flitze mal zum P. T. - was meinen Sie?« Sie hatte Juts' Bezeichnung für Louises Haus aufgeschnappt. »Orrie wird Louise brauchen.«

»Gute Idee«, stimmte Chester zu.

»Wissen Sie, ich hatte ein komisches Gefühl, daß so etwas passieren würde. Seit Fairy Thatcher siebenunddreißig in Deutschland verschollen ist, ist mir die Welt suspekt. Fairy ist natürlich tot. Ich weiß ganz genau, daß sie tot ist. So eine reiche Frau, und fliegt auf diesen sozialistischen Quatsch - armes Ding. Sie hatte noch nie einen Funken Verstand besessen. Wahrscheinlich hat die SS sie erschossen, oder jemand in einer blitzsauberen Uniform hat sie kaltgestellt. Ich weiß es nicht, Chester. Ich bin eine alte Frau. Mir scheint, die Welt ist aus den Fugen geraten.«

Ritterlich widersprach er: »Fannie Jump, kein Mensch würde Sie alt nennen - und die Welt ist aus den Fugen geraten. Ich glaube, Fairy hat das früher erkannt als wir.«

»Sie ist dafür gestorben. Wenn die Deutschen nicht auf ihres­gleichen hören wollten, dann hörten sie auch nicht auf eine Amerikanerin, die ihnen sagte, daß die Nazis Unheil bringen.« Tränen traten ihr in die Augen. »Celeste und ich sitzen manch­mal zusammen und unterhalten uns. Die Menschen haben sich verändert.Dieses Land hat sich verändert. Nicht nur, daß wir alt und verschroben werden, man kann die Gewalt riechen.« Sie hielt inne, dann brummte sie: »Da kommt Popeye, der ver­dammte Schnüffler. Können Sie sich eine Frau vorstellen, die den heiraten würde? Sie wird.«

Ein Klopfen am Fenster unterbrach sie. Sie kurbelte es herun­ter.

»Mrs. Creighton, ich habe vergessen, Sie zu fragen, wann ge­nau Sie den Brandgeruch bemerkt haben.«

»Gegen halb neun.«

»Danke. Hallo, Chester. Wissen Sie irgend etwas?«

»Ich bin dümmer, als die Polizei erlaubt, Popeye, das wissen Sie doch.«

Er linste über seine Brille hinweg. »Wie haben Sie denn dann von dem Brand erfahren?«

»Ich habe auf dem Heimweg den roten Schein gesehen, und da bin ich hierher gefahren.« Er streichelte die verschreckte Katze. »Hab auch die Sirenen gehört.«

Popeye blätterte in seinem Stenoblock. »Lassen Sie mich das überprüfen.« Er lächelte Fannie an. »Sie haben zu der Zeit, als Sie das Feuer rochen, ein Auto wegfahren sehen?«

»Popeye, das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ich habe ei­nen alten Ford gesehen, einen Model A, und das Nummern­schild war übermalt.«

»Hmmm.«

»Warum sind Sie nicht eingezogen worden?« Ein Anflug von Boshaftigkeit färbte ihre Stimme.

Er erwiderte gleichmütig: »Plattfüße.«

»Wie praktisch«, bemerkte sie bissig.

»Sie könnten zum Zivilen Luftschutz gehen«, schlug Chessy freundlich vor.

»Ein Reporter ist vierundzwanzig Stunden im Einsatz. Die freie Presse ist das Rückgrat einer Demokratie, also leiste ich meinen Beitrag.«

»Darauf möchte ich wetten.« Fannie funkelte ihn böse an.

Popeye wandte sich an Chessy: »Irgendeine Ahnung, wer so etwas tun könnte?«

»Ein Arschloch.«

»Aber, aber«, schalt er. »Das können wir nicht drucken.«

»Dann lassen Sie's bleiben.« Wut ballte sich in Chessys Kehle zusammen. »Wer das getan hat, sollte auf dem Runnymede Square ausgepeitscht werden. Noe Mojo kann ebenso wenig dafür, daß er gebürtiger Japaner ist, wie ich dafür kann, daß meine Familie aus England stammt. Er ist ein guter Mensch. Wie Sie wissen, Popeye, ist Noe kein reicher Mann. Er kann diesen Verlust nicht abdecken.«

»Das Gebäude gehört den Rifes.« Popeye kritzelte noch et­was.

»Es gehört ihnen zwar, aber wir kennen den Vertrag nicht. Wenn Noe nun haftbar gemacht wird? Dann ist er ruiniert.«

»Ich rufe Zeb Vance an. Danke für den Hinweis.«

Zeb Vance betrieb eine Versicherungsgesellschaft in der Stadt.

»Machen Sie, was Sie wollen«, sagte Fannie. »Popeye, ich kürze hiermit das Interview ab. Orrie braucht mich.«

In seinen Augen ging ein Licht an. »Oh.«

»Ja, und wenn Sie mir folgen und versuchen, Aufnahmen zu machen, schlag ich Ihnen die Fresse ein. Könnte sogar eine Verbesserung sein.« Sie startete ihren Motor, brachte ihn auf Touren und ließ Popeye auf dem Parkplatz stehen.

29

ImCurl 'n' Twirl herrschte am nächsten Morgen gedrückte Stimmung.

Juts und Louise hatten nicht die Kraft, aufeinander herumzu­hacken, geschweige denn, auf anderen.

Freundinnen, die zu ihrem verabredeten Termin kamen, be­klagten die jüngsten Ereignisse. Wer würde in einem Ort wie Runnymede absichtlich Feuer legen?

Mutmaßungen kursierten reichlich; einige Frauen waren über­zeugt, daß der Missetäter ein Jugendlicher sei, der ein bißchen Aufregung suchte. Die beunruhigendste Ansicht vertrat Celeste Chalfonte. Sie war der Meinung, ein Vorfall wie der in Pearl Harbor biete faulen Menschen einen Vorwand, Rache zu üben. Die Tat habe nur scheinbar einen politischen Hintergrund.

»Was meinen Sie genau damit?« Juts hielt die Polierbürste über Celestes langen, aristokratischen Fingernägeln in der Luft.

»Noe ist erfolgreich. Der Brandstifter nicht. Der Brandstifter ist der getretene Wurm.«

»Sie glauben also, es ist jemand von uns.«

»Nicht jemand von uns in diesem Raum, aber - ja.«

Julia schauderte. »Ein entsetzlicher Gedanke.«

Louise rührte eine Bleichlösung für Ev Most an, die dies ab­streiten würde, wenn man sie fragte. Ev, Juts' beste Freundin, hatte gerade sechs schwere Monate in Clarksburg, West Virgi­nia, hinter sich, wo sie die todkranke Mutter ihres Mannes ge­pflegt hatte. Die leidende Seele war endlich erlöst worden. »Als der alte Brutus noch lebte, konnten wir ihn für jede Tragödie verantwortlich machen.«