Выбрать главу

»Momma, was sind Eierstöcke?«

»Ich habe nicht die leiseste Ahnung.« Sie warf Wheezie den Mundhalten-Blick zu.

»Julia, sie muß diese Dinge lernen, früher oder später.«

»Später.« Juts schnippelte mit der Schere an dem schwarzen Satin herum.

»Ich will es jetzt wissen. Wenn die Schuld sind, daß ich nicht beim Seifenkistenrennen mitfahren kann, will ich sie nicht ha­ben.«

»Ha!«, platzte Louise heraus.

»Bist du wohl still«, warnte Juts.

»Ich will sie nicht, wenn ich nicht beim Seifenkistenrennen mitmachen kann.«

Juts knallte die Schere auf den Tisch, kleine Satinfetzen flo­gen durch die Luft. »Schönen Dank, Dr. Trumbull. Jetzt wird sie mich den ganzen Tag mit Eierstöcken löchern.«

»Was sind Eierstöcke?«

Louise räusperte sich. »Das sind kleine Teile in dir drin, damit du Kinder kriegen kannst. Eierstöcke sind eine Gabe Gottes.«

»Gott kann sie jemand anders geben. Ich will keine Kinder.«

Louises Mund zuckte. »Eines Tages wirst du froh sein, sie zu haben.«

»Ich schenke meine Eierstöcke jemand, der Kinder will. Ehr­lich. Ich brauch keine Eierstöcke.« Nicky schob ihre Schulhefte beiseite.

»Jetzt reicht's.« Juts klapperte mit der Schere wie mit einer potentiellen Waffe.

»Sie kann nicht einfach daherreden, sie will keine Eierstöcke oder keine Kinder.«

»Halt endlich die Klappe.«

Ein Ausdruck von globalem Überdruß, gefolgt von einem lei­sen Ausatmen, begleitete Louises Worte. »Aber woher solltest du das auch wissen.«

Juts fegte Schnittmuster, Stoff und Schaumgummieinlage zu Boden. »Halt die Klappe, hab ich gesagt!«

Louise hob ihren>Hut< auf und schrie: »Du klärst sie nicht an­ständig über die weibliche Natur auf. Aber was habe ich erwar­tet?«

Juts machte einen Satz auf sie zu, doch Louise suchte hinter Nicky Schutz. »Du hast eine böse Ader.« »Böse Ader! Ich sollte dir den Hals umdrehen. Du mußt im­mer die Schlaue sein, du weißt immer mehr als ich.« Juts schäumte dermaßen, daß sie nicht weitersprechen konnte.

»Ich glaube, ich bin hier überflüssig.« Louise marschierte rasch zum Windfang, um hinauszugehen.

»Andere Leute werden mit Reichtum, mit Schönheit, mit Grips gesegnet. Ich wurde mit einer Schwester gesegnet«, knirschte Juts mit zusammengebissenen Zähnen.

Als Louise sah, daß Julia die Schere auf den Küchentisch leg­te, spähte sie vom Windfang wieder herein. »Einer Schwester, die mit dir durch dick und dünn gegangen ist.«

»Und ich mit dir.«

»Du kannst dem Kind keine Flausen in den Kopf setzen.«

Juts erwiderte süffisant: »Ich versuche ja nicht, eine Chalfonte zu sein.«

Nicky legte den Kopf auf die verschränkten Arme. Sie war ei­ne Chalfonte; zumindest war ihr Vater einer. In diesem Augen­blick erkannte sie, daß sie Juts überlegen war, weil Juts nichts von Francis wußte. Sie beschloß, wenn die Erwachsenen Ge­heimnisse vor ihr hatten, auch welche vor ihnen zu haben. Die­ses Spiel konnten beide spielen.

»Sie kann nicht beim Seifenkistenrennen mitfahren. Das ist gegen alle Regeln.«

»Blöde Regel.«

»Blöd oder nicht, das Rennen ist nur für Jungen.«

»Warum ist alles, was Spaß macht, für Jungs?« Nicky schlug mit der Hand auf den Tisch. »Ich kann alles, was Jungs machen, und ich kann's besser.«

»Vorerst ja«, sagte Louise. »Aber die Jungen werden größer und stärker.«

»Tante Wheezie, ich mach sie fertig, egal wie groß sie wer­den.«

»Viele Wege führen nach Rom«, sagte Wheezie. »Warum kämpfen, wenn du mit einem bloßen Lächeln gewinnen kannst?«

»Deine Tante Wheezie will dir damit sagen, daß Männer leicht um den Finger zu wickeln sind.«

»Ist das dasselbe wie nicht alle Tassen im Schrank haben?« »Nein, es ist etwas anderes, obwohl du oft genug feststellen wirst, daß sie nicht alle Tassen im Schrank haben.« Louise, die begeistert die Expertin gab, fuhr fort: »Ich erteile dir deine erste Lektion, wie man sich Männer gefügig macht.« Sie hob den Kopf, legte die Hand unters Kinn und berührte beim Sprechen mit dieser Hand ihren Ohrring. »Du bist klug, Paul, das wäre mir nie eingefallen.« Ihre Stimme trillerte, jede Bewegung kün­dete von Entzücken und Ehrfurcht.

»Zweite Lektion.« Juts lachte. »Du bist so stark. Ich hätte das nicht mal hochheben können.«

Die Schwestern lachten.

Nicky lachte nicht. »So was mach ich nicht.«

»Dann, Herzchen, laß mich die Erste sein, die es dir sagt: Du wirst mit den Männern einen Reinfall erleben.«

Louise fügte eifrig hinzu: »Wenn du die Tricks erst be­herrschst, hast du leichtes Spiel mit ihnen - sogar mit den Schwulen.«

»Was ist ein Schwuler?«

»Ein Weichling«, antwortete Louise.

»Wie Peepbean Huffstetler?«

»So ähnlich«, erklärte Juts. »Wheezie will sagen, daß alle Männer gern von den Frauen beachtet werden, auch wenn sie keine heiraten wollen. Du neigst dich ein wenig zu ihnen hin, tust, als sei jedes Wort aus ihrem Mund ja sooo interessant, und schwups, ist es um sie geschehen.« Sie schnippte mit den Fin­gern.

»Sie merken bestimmt, daß man nur so tut.« Nicky konnte nicht glauben, daß diese albernen Tricks funktionierten.

»Nix da«, sagte Juts.

»Du bist noch zu klein«, ergänzte Louise. »Den kleinen Jungs ist es egal, aber wenn sie erst, na, vielleicht sechzehn sind.«

Julia unterbrach sie. »Wenn ihre Stimme sich verändert, das ist das Zeichen. Dann gib's ihnen.«

Nicky sah ihre Mutter und ihre Tante ernst an. »Kann ich nicht sein, wie ich bin?«

Louise lachte ungehemmt, was sie selten tat, ein Lachen tief aus dem Bauch heraus. »Nicky, von einem Mann geliebt zu werden, ist nicht dasselbe, wie von einem Mann erkannt zu werden. Sie brauchen dich überhaupt nicht zu kennen. Ach, sie wissen ja nicht mal, wie sie es anstellen sollen.«

Nicky mochte nicht glauben, daß Menschen jahrelang zu­sammenleben konnten, ohne sich zu kennen. Sie dachte, Whee­zie würde sie veräppeln. »Momma, kennt Daddy dich nicht?«

Juts verschränkte die Arme. »Doch, ich glaube schon, aber Louise und ich sind uns beim Thema Männer eben nicht einig. Er weiß vielleicht nicht, warum ich etwas tue, aber er kann dir ganz genau sagen, was ich in einer bestimmten Situation tun werde.«

»Julia« - Louise senkte die Stimme - »du weißt ja selbst oft nicht, warum du etwas tust.«

»Doch, um mit dir abzurechnen.«

»Das ist allerdings die reine Wahrheit, und ich habe eine Zeu­gin.« Louise zeigte auf Nicky.

»He, sollen wir dir beibringen, wie man flirtet?« Juts amüsier­te sich bestens.

»Momma, ich mach mir nichts aus dem Zeug. Ich will beim Seifenkistenrennen mitfahren.« Nicky schob ihre Stifte zurück und sprang vom Stuhl. »Ich geh nach oben. Darf ich?«

»Klar, Mike.«

Als sie gegangen war, sagte Juts zu Louise: »Ich werde nicht schlau aus ihr.« Ein ratloser Ausdruck erschien in Juts' Gesicht, das trotz ihrer siebenundvierzig Jahre noch jugendlich wirkte. »Sie will keine Kleider anziehen, ich kann sie nicht für Nähen oder Kochen erwärmen. Ich muß sie praktisch zu den Partys ihrer Freundinnen schleifen. Hast du schon mal ein Kind gese­hen, das sich nichts aus Partys macht?«

»Nicht, daß ich wüßte, aber sie sind nun mal nicht wie wir. Diese Lektion hat mir Mary sehr bald erteilt, und dann hat Mai­zie es unmißverständlich vorgeführt. Die Sache mit Vaughn macht mich nervös. Er ist schwer hinter ihr her.«

»Du solltest dich freuen, Louise, was willst du denn? Sie er­obert die Welt nicht als Pianistin, und sie hat keine Unterrichts­zulassung - was soll sie denn machen?«