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»Uns glauben? Uns glauben, dass ein einzelner Mann die Post durchsieht und umleitet, an alle Leute in der Stadt gefälschte Briefe schreibt, dazu noch gut recherchierte Briefe? Dass er für zwei Selbstmorde und Gott weiß was sonst noch verantwortlich ist? Ich weiß nicht einmal selbst, ob ich das glaube! Ich denke, dass dieser Postbote irgendwie in diese Sachen verwickelt ist, aber ich weiß nicht, wie die Verbindung aussieht.«

»Sie meinen, ich sollte der Polizei erzählen, was ich weiß?«

»Sie wissen doch gar nichts.«

»Dann also, was ich denke.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob das zu diesem Zeitpunkt gut wäre, ohne jeden Beweis ...«

»Ich habe die Briefe vom Clear Creek.«

»Das stimmt.« Der Herausgeber lehnte sich in seinen Sessel zurück. »Ja. Vielleicht sollten Sie wirklich mit der Polizei sprechen. Ich komme allerdings nicht mit Ihnen, weil meine Glaubwürdigkeit an die Zeitung gebunden ist, und ich will sie nicht gefährden. Sie kennen Mike Trenton?«

»Er war vor ein paar Jahren ein Schüler von mir.«

»Er ist ein guter Junge und ein guter Cop. Reden Sie mit ihm. Er ist offen für alles. Vielleicht hört er Ihnen zu. Und halten Sie sich fern von Catfield.«

»Kann ich Mike Trenton von Ihren Briefen erzählen?«

Stockley nickte. »Erzählen Sie es ihm.« Er seufzte, beugte sich vor und holte einen weiteren Glückskeks aus seiner Schublade. »Ich sollte mich aus dieser Sache heraushalten. Man erwartet von mir, Storys zu berichten, und nicht, Teil von ihnen zu sein. Aber um ehrlich zu sein, Sie haben mir verdammte Angst gemacht.«

Doug lächelte schwach. »Ich habe schon seit einer Woche eine Heidenangst.«

»Dann wird es Zeit, etwas zu unternehmen«, sagte der Herausgeber und biss in seinen Glückskeks.

Doug saß auf dem niedrigen Kunstledersofa im Warteraum der Polizeiwache. Hinter der Theke telefonierten uniformierte Angestellte und Officers und füllten Formulare aus. Doug kam sich alt vor. Drei der fünf Angestellten in dem Büro waren irgendwann einmal seine Schüler gewesen. Das war nicht ungewöhnlich. In einer so kleinen Stadt wie Willis lief Doug ständig ehemaligen Schülern über den Weg. Doch als er jetzt Ex-Schüler, deren junge Gesichter mit dem Erwachsenwerden härtere Züge angenommen hatten, auf verantwortlichen Posten sah, kam er sich hoffnungslos alt vor.

Mike Trenton kam aus einem der hinteren Räume und lächelte breit. Sein Haar war kürzer, als es in der Highschool gewesen war, aber davon abgesehen hatte er sich kaum verändert. Sein Gesicht war immer noch offen und ehrlich, fast naiv, und selbst in seiner dunkelblauen Uniform wirkte er jung. »Lange nicht gesehen, Mister Albin.«

»Sagen Sie Doug zu mir.«

»Doug.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist ein komisches Gefühl, einen Lehrer beim Vornamen zu nennen.« Er kicherte. »Nun, Doug, was kann ich für Sie tun?«

Doug ließ den Blick durch das belebte Büro schweifen. »Es ist ziemlich geschäftig hier. Könnten wie uns irgendwo ungestört unterhalten?«

»Wenn es um Ihren Fall geht, müssten Sie mit Lieutenant Shipley sprechen. Er versucht, diese Briefe zurückzuverfolgen ...«

»Na ja, es hat damit zu tun, aber nicht direkt.« Doug deutete in Richtung Flur. »Können wir in Ihrem Büro sprechen?«

»Ich hab kein eigenes Büro, aber wir können den Verhörraum benutzen.« Mike winkte einem der Angestellten. »Ich bin im Verhörraum.«

Der Angestellte nickte, und die beiden gingen durch eine Sicherheitsschranke in den Flur. Doug folgte Mike in ein kleines Zimmer, in dem es kaum genug Platz für zwei Stühle und einen Tisch gab.

Nun, da er hier war, wusste Doug nicht recht, wo er anfangen sollte. Der Zeitplan, den er entwickelt hatte, die Argumente, die er sich zurechtgelegt hatte, verwelkten in der nüchternen Umgebung der Polizeiwache. Er hatte keine Beweise, nur einige merkwürdige Ereignisse und mögliche Zusammenhänge, an die zu glauben einiges an Fantasie erforderte. Die Zuversicht, die Doug beim Gespräch mit Stockley verspürt hatte, war verschwunden. Er hatte zwar nicht damit gerechnet, dass die Polizei seine Ideen so bereitwillig aufnehmen würde wie Stockley, doch er war nicht auf die mangelnde Bereitschaft der Beamten vorbereitet, seine Geschichte zu glauben. Es war dumm gewesen, überhaupt hierherzukommen.

Dennoch: Als er nun über den kahlen Tisch hinweg Mike Trenton anschaute, sah er nicht Zynismus oder Desinteresse in den Augen des jungen Officer, sondern offene Bereitschaft, ihn anzuhören.

Doug fing ganz von vorn an, mit Rondas unwahrscheinlichem Selbstmord und seinem ersten Eindruck von dem neuen Postboten bei der Beerdigung. Es drängte ihn, seine Geschichte kurz zu fassen, doch er zwang sich, sich Zeit zu nehmen, jedes noch so kleine Detail und jeden Gefühlseindruck sorgfältig zu beschreiben, weil er der Meinung war, dies würde seiner Theorie Glaubwürdigkeit verleihen.

Mike stoppte seinen Redefluss, ehe er halb fertig war. »Es tut mir leid, Mister Albin. Nehmen Sie es nicht persönlich, aber wir hatten eine ziemlich hektische Woche hier. Dies ist keine Großstadt-Polizeiwache. Wir haben hier zwölf Cops, die in zwei Schichten arbeiten. Es gab mehrere vergiftete Hunde, einen Selbstmord, den wir noch untersuchen, und die üblichen Schlägereien in den Cowboy-Kneipen. Wir sind im Moment schwer unterbesetzt. Ich weiß, dass wir eine Menge Schwierigkeiten mit der Post haben, aber um ehrlich zu sein, sollten Sie darüber mit Howard Crowell sprechen ...«

»Sie halten mich vielleicht für verrückt ...«

»Ich halte Sie keineswegs für verrückt, Mister Albin.«

»Doug.«

»Doug.«

»Ich weiß nicht genau, was hier los ist, aber es scheint mir, dass John Smith, falls das sein richtiger Name ist, die Fähigkeit hat, die Post ... die Post irgendwie so zu kanalisieren, wie er es will. Er kann persönliche Briefe von Rechnungen trennen, gute Briefe von schlechten. Er kann einen Brief von seinem beabsichtigten Empfänger zu der Person umleiten, um die es in dem Brief geht. Wir haben kürzlich einen Brief von Howard bekommen, der eigentlich für Ellen Ronda gedacht war. Aber der Umschlag war an uns adressiert. Und dasselbe ist auch anderen Leuten passiert.«

»Sie wollen damit sagen, dass Mister Smith irgendwie all diese Umschläge öffnet, die Briefe liest und sie als eine Art schlechten Scherz umleitet?«

»Ich weiß nicht, was ich damit sagen will.«

»Einmal angenommen, dass er das wollte, wissen Sie, wie lange ein einzelner Mann dafür brauchen würde, selbst in einer so kleinen Stadt wie dieser?«

»Ja. Aber ich weiß nicht, ob der Mann jemals schläft. Verdammt, ich bin mir nicht mal sicher, ob er überhaupt ein Mensch ist.«

»Sie haben mich falsch verstanden, Mister Albin. Ich habe großen Respekt vor Ihnen, und ich gebe zu, dass in letzter Zeit merkwürdige Dinge mit der Post passiert sind, aber das klingt jetzt doch ein bisschen weit hergeholt.«

Doug lächelte gequält. »Sie haben noch nicht alles gehört. Ich glaube außerdem, dass dieser Smith mit Bernie Rogers' und Bob Rondas Tod zu tun hat.«

»Das ist ein Witz, oder?«

»Kein Witz. Hören Sie mir einfach nur zu.« Doug berichtete von seiner Entdeckung am Creek und von der zunehmend bizarren Post, die sowohl er als auch die Zeitung bekommen hatten.

Mike runzelte die Stirn. »Wie kommt es, dass Ben mir das nicht selbst gesagt hat?«

»Er wollte nicht mal, dass ich es Ihnen erzähle.«

»Und was ist mit Bob Ronda und Rogers?«

Doug erklärte ihm, wie beide mit dem Postamt zu tun hatten und warum ihre Selbstmorde so unwahrscheinlich waren.

»Wir haben uns gefragt, wie er das Seil festgemacht hat«, gab Mike zu.

»Was stand denn auf dem Zettel, der an Bernies Brust befestigt war?«

Der Polizist schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Vertraulich.«

»Aber Sie glauben nicht, dass ich total verrückt bin?«

Mike schaute ihn einen Augenblick schweigend an. »Nein, das glaube ich nicht«, sagte er schließlich. »Gott weiß warum, aber ich glaube es nicht. Ich glaube Ihnen nicht alles, aber es ist auch nicht so, dass ich Ihnen nichts glaube.«