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Die Heimfahrt war ereignislos. Billy schlief auf dem Rücksitz, während Doug und Trish die vorbeiziehende Landschaft betrachteten und einer alten Kassette mit Musik von Emerson, Lake & Palmer lauschten. Kurz nach vier Uhr passierten sie das grüne Schild, das die Stadtgrenze von Willis markierte. Doug fuhr an Henrys Autowerkstatt und dem Maklerbüro Ponderosa Realty Office vorbei, doch gleich hinter der Texaco-Tankstelle wurde die Straße von zwei Streifenwagen mit flackerndem Blaulicht versperrt. Neben jedem Wagen stand ein einzelner Polizist, zusammen mit einer Gruppe von Autofahrern, denen es nicht erlaubt worden war, an der Sperre vorbeizufahren. In der Nähe lief eine Reihe von Anwohnern herum. Am Rand der Menschenmenge entdeckte Doug die braune Uniform eines Mitarbeiters des Sheriffs.

Er hielt hinter einem verbeulten Jeep und sagte zu Trish und Billy, dass sie im Wagen warten sollten, während er ausstieg, um nachzuforschen, was los war. Als er sich der improvisierten Barrikade näherte, bemerkte er, dass einer der Polizisten Mike Trenton war. Rasch ging er zu dem jungen Cop hinüber. »Mike, was ist passiert?«

»Bitte bleiben Sie zurück, Mr. Albin. Wir können Sie nicht durchlassen.«

»Aber was ist denn passiert?«

»Ben Stockley ist durchgedreht. Vor ungefähr einer Stunde hat er eine Pistole genommen, ist in die Bank gegangen und hat um sich geschossen.«

»Mein Gott.« Doug atmete schwer. »Wurde jemand verletzt?«

Das Gesicht des Officers war blass und angespannt. »Vierzehn Personen sind tot, Mr. Albin.«

23.

Die Morde machten im ganzen Land Schlagzeilen. Alle drei Fernsehsender aus Phoenix schickten Übertragungswagen und Reporter nach Willis, und ihre Berichte wurden von den landesweiten Nachrichtensendungen am Abend übernommen. Channel 12 schien die beste Berichterstattung zu haben, und bevor Doug zu Bett ging, sah er sich noch einmal an, wie das Teleobjektiv des Kameramanns den weißen Mündungsblitz von Stockleys Waffe hinter dem Rauchglasfenster der Bank einfing, genau in dem Augenblick, in dem der Herausgeber sich selbst tötete. Der Selbstmord hatte live während der Fünf-Uhr-Nachrichten stattgefunden, und sogar dem Reporter hatte es die Stimme verschlagen, als der Schuss mit grimmiger Endgültigkeit widerhallte. Doug hatte sofort gewusst, dass Stockley tot war. Nun beobachtete er mit immer verschwommenerem Blick, wie die verbliebenen Geiseln aus dem Gebäude liefen und die Polizei hineinstürmte.

Als die Werbung kam, weinte er hemmungslos.

Er und Stockley waren nicht gerade Freunde gewesen, aber sie waren mehr als nur Bekannte, und Stockleys Tod hatte Doug tief getroffen. Er hatte den Herausgeber respektiert. Und er hatte ihn gemocht. Es war merkwürdig, dies alles im Fernsehen zu beobachten - Orte, die er kannte, Menschen, die er kannte - und in solch distanzierter und unpersönlicher Form zu sehen. Es deprimierte ihn zutiefst.

Doug schaltete den Fernseher aus und ging durch den Flur zum Schlafzimmer, wo Trish bereits leise schnarchte.

In einem Update, in dem gezeigt wurde, wie Stockleys zugedeckter Leichnam über den Parkplatz der Bank zu einem Rettungswagen gerollt wurde, sagte der Nachrichtensprecher, dass im Schreibtisch des Herausgebers eine Reihe von Briefen gefunden worden sei, von denen die Polizei annahm, dass sie ihnen Hinweise geben würden, weshalb Stockley Amok gelaufen war.

Die Verbindung war so verdammt offensichtlich, dass sogar dieser Trottel von Polizeichef sie sehen musste. Aber nein, er erinnerte sich an Nachrichtensendungen über ähnliche Ereignisse, in denen Freunde und Nachbarn ausnahmslos wiederholten, dass sie nicht glauben konnten, dass die freundliche, normale Person, die sie kannten, solch schreckliche Taten vollbracht haben konnte. Der Mann, der plötzlich durchdrehte und unschuldige Passanten ermordete, wurde allmählich ein vertrauter Bestandteil der Abendnachrichten; es war nichts wirklich Ungewöhnliches mehr.

Natürlich. Doug war selbst einer von diesen Menschen, die sich nicht vorstellen konnten, wie Stockley so etwas Schreckliches hatte tun können. Er hatte keinen Zweifel, dass der Postbote dahintersteckte, aber so sehr er sich auch bemühte, er konnte sich nichts vorstellen, was in einem verdammten Brief stehen und einen offensichtlich geistig gesunden Mann dazu bringen konnte, Unschuldige umzubringen. So sehr es ihm widerstrebte, es zuzugeben, so sehr ihn der Gedanke schmerzte: Mit Stockley musste schon vorher etwas nicht gestimmt haben - irgendeine Schwachstelle, die der Postbote kannte.

Für Doug machte das die Sache nur noch Furcht erregender. Denn so, wie man sagte, dass jeder seinen Preis hatte, so hatte wahrscheinlich auch jeder einen Punkt, an dem er zusammenbrach.

Vielleicht hatte er sich geirrt. Vielleicht hatte der Postbote Bob Ronda und Bernie Rogers gar nicht umgebracht. Vielleicht hatten sie sich wirklich selbst getötet, weil der Postbote genau gewusst hatte, was er tun musste, um sie so weit zu bringen und in den Abgrund zu treiben. Vielleicht wusste der Postbote bei jedem von ihnen, wo dieser Punkt war, bei allen Leuten in Willis. Auch bei ihm, Doug.

Bei Trish.

Bei Billy.

Es war weit nach Mitternacht, als Doug endlich einschlief, und seine Träume waren voller weißer Gesichter und roter Haare und Briefumschläge.

Der nächste Tag war heißer als üblich, der Himmel klar und ohne die Spur einer Wolke, die der Erde zeitweiligen Schatten gegen die höllisch sengende Sonne bieten konnte. Hobie kam kurz vor dem Mittagessen hereingeschneit. Er trug seine Bademeister-Kleidung, obwohl es Mittwoch und das Schwimmbad wegen Reinigungsarbeiten geschlossen war. Er kam auf die Veranda und nahm dankend den Eistee, den Doug ihm anbot. Hobie schien zerstreut und unruhig zu sein und konnte sich nicht konzentrieren. Doug sprach mit ihm über die Morde, doch obwohl sein Freund an den richtigen Stellen nickte und gelegentlich einen Kommentar abgab, schien er nicht wirklich zuzuhören. Offenbar ging das Gespräch bei Hobie zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus.

Doug, der ihm gegenübersaß, bemerkte Essensflecken auf der schwarzen Badehose. Und auf die kurze Entfernung sah er, dass das T-Shirt seines Freundes zerknittert und nicht so weiß war, wie es hätte sein sollen, als hätte Hobie es seit Tagen getragen und würde sogar darin schlafen.

Selbst Trish musste etwas an Hobie aufgefallen sein, denn sie war ihm gegenüber nicht so feindselig wie sonst. Als die drei auf der Veranda italienische Sandwiches aßen, schien Trish tatsächlich Sympathie für Hobie zu empfinden, und versuchte, ihn in die Unterhaltung einzubeziehen. Zum ersten Mal an diesem Tag entspannte Hobie sich ein wenig, auch wenn er keineswegs so gesprächig und dominant war wie sonst.

Nach dem Essen kehrte Trish ins Haus zurück, während die beiden Männer auf der Veranda blieben.

»Was ist eigentlich aus deinen Büchern geworden? Hast du jemals ein offizielles Nein von der Schulbehörde gekriegt?«, fragte Hobie.

Doug nickte. »Ich habe ihnen allerdings einen Brief geschickt und mich beschwert.«

»Und was haben sie gesagt?«

»Nichts.« Doug lächelte gequält. »Ich wette, ihre Antwort ist in der Post verloren gegangen.«

»Willard Young. Der ist doch nichts anderes als ein Schwanz mit Füßen.«

»Falsche Körperseite. Ich würde ihn ein Arschloch nennen.«

»Das auch.«

Einen Augenblick lang schwiegen sie. Von drinnen war das gedämpfte Klirren von Porzellan zu hören, als Trish das Geschirr spülte.

»In dieser Stadt geht irgendwas vor sich«, sagte Hobie schließlich. Seine Stimme war leise und ernst, das völlige Gegenteil seiner üblichen lauten Polterei, und Doug wurde bewusst, dass er zum ersten Mal einen Unterton von Angst bei seinem Freund hörte.