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Er fragte sich, was Lane wohl machte.

Ihm fiel auf, dass er in letzter Zeit viel über Lane nachdachte und sich fragte, wie es zu dem Riss zwischen ihnen beiden gekommen war. Billy war bewusst, dass Freundschaften oft schnell und bitter endeten. Er erinnerte sich, wie er und Frank Freeman, sein bester Freund aus der vierten Klasse, sich nach einem belanglosen Streit getrennt hatten. Er und Frank waren Feinde geworden, hingen mit rivalisierenden Schülergruppen herum und ließen keine Gelegenheit aus, einander so tief wie möglich zu verletzen.

Und keiner wusste besser, wie man jemanden verletzen konnte, als ein Ex-Freund.

Doch Billy und Lane waren lange Zeit Kumpel gewesen, hatten kleine und größere Gefechte überstanden und waren trotzdem Freunde geblieben. Es war schwer zu glauben, dass so etwas passieren konnte.

Aber Lane hatte sich verändert.

Viele Leute hatten sich verändert.

Drei Mädchen und drei Jungen war zu Ende, und Billy schaltete auf den Sender aus Flagstaff, um sich Verliebt in eine Hexe anzuschauen.

Er aß sein restliches Sandwich und wischte sich die Hände an der Hose ab. Er hätte nie gedacht, dass es möglich wäre, aber zum ersten Mal in seinem Leben freute er sich auf das Ende des Sommers. Er konnte es kaum erwarten, dass die Schule wieder anfing.

Doug saß auf der Veranda und dachte über die Post nach. An diesem Morgen hatte er einen ganzen Packen Umschläge zurückerhalten, einige davon mit Schecks, die vor Wochen ausgestellt worden waren, und nun den Vermerk »Unzustellbar« trugen. Es war auch ein Brief an Trish dabei, geschrieben in blumiger Handschrift, nach Parfüm duftend, den er zerrissen und weggeworfen hatte, ohne ihn zu öffnen.

Ihm wurde bewusst, dass der Gang zum Briefkasten ihm wirklich Angst machte. So sehr er es auch zu verbergen und zu leugnen versuchte, er war nervös, wenn er die Auffahrt entlangging, und er achtete aufmerksam auf die Büsche und Bäume am Weg zum Briefkasten, denn ihm war klar, dass man sie als Versteck benutzen konnte.

Doug dachte daran, den Briefkasten an eine Stelle gleich neben der Tür zu versetzen, so wie die Briefkästen in der Stadt, aber diese Idee verwarf er gleich wieder. Er wollte nicht, dass der Postbote bis ans Haus kam, so nahe an Trish und Billy heran. Doug dachte auch daran, den Briefkasten ganz abzumontieren. Wenn sie keinen Briefkasten hatten, konnten sie auch keine Post bekommen. Aber das war nicht nur feige, es war verrückt. Warum zum Teufel sollte er sich vor der Post verstecken? Das Problem würde nicht verschwinden, wenn er es ignorierte oder ihm auszuweichen versuchte.

Trish fuhr in die Auffahrt. Doug blickte weg und schaute zu den Bäumen. Er hörte das gedämpfte Knarren, als die Handbremse angezogen wurde, das Schlagen der Wagentür, gefolgt von Trishs Schritten auf den Holzdielen der Veranda. »Ich bin wieder da«, verkündete sie.

Als er nicht reagierte, ging sie zu ihm. »Ich sagte, ich bin wieder da.«

Doug blickte zu ihr hoch. »Willst du eine Medaille?«

Trishs Miene wechselte von Wut über Kränkung zu Gleichgültigkeit. Doug bekam ein schlechtes Gewissen und sah weg. Er wusste nicht, warum er so gemein zu ihr war. Sie versuchte doch nur, freundlich zu sein. Doch ihre gute Laute und der Versuch, so zu tun, als wäre alles in Ordnung, machte ihn schier verrückt - so sehr, dass er sie verletzen wollte.

In letzter Zeit war er oft wütend auf sie gewesen, auch wenn er selbst nicht wusste, warum das so war.

»Heute Abend gibt's Fisch«, sagte Trish. »Gegrillte Forellen. Ich überlasse es dir, den Grill aufzubauen.«

»Hast du Holzkohle und Grillanzünder mitgebracht? Die sind alle.«

Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Na, dann brate ich sie eben in der Pfanne.«

Doug stand auf. »Nein. Ich kaufe Kohle. Ich will sowieso eine Weile vom Haus weg.«

Trish legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ist alles in Ordnung, Doug?«

Überrascht starrte er auf ihre Hand. Es war Tage her, dass sie sich berührt hatten. Er blickte ihr in die Augen, und seine Stimme wurde sanft. Doug spürte, wie sich ein Teil seiner Feindseligkeit und Anspannung verflüchtigte. Er wusste, dass Trish sich sehr bemühte, nicht mit ihm zu streiten. »Ja«, sagte er. »Es geht mir gut.«

»Okay.« Sie öffnete die Gittertür. »Du könntest auch tanken. Der Tank ist fast leer.«

»Ja.«

Während er von der Veranda und über den Kies zum Bronco ging, hörte er, wie der Fernseher ausgeschaltet wurde und Trish mit Billy sprach. Der Klang ihrer Stimme - nicht wütend, sondern besorgt - war auf vertraute Weise tröstlich, wie die Stimme eines alten Freundes, die er für eine Weile nicht gehört hatte, und plötzlich fühlte er sich besser.

Der Tank des Bronco war tatsächlich fast leer, wie die Anzeige zeigte, und so hielt er als Erstes beim Circle K und tankte.

Dann fuhr er zu Howards Haus.

Doug hielt direkt vor dem niedrigen Bungalow, der nun eindeutig verlassen aussah. Der Rasen war braun; selbst das Unkraut war vertrocknet und tot. Nebenan ging gerade ein Mann zu seinem Pick-up, und Doug stieg rasch aus und winkte ihm zu. »He«, rief er.

Der Mann warf ihm einen kurzen Blick zu und eilte ins Haus.

Doug blieb stehen. Die ganze verdammte Stadt verhielt sich so nervös wie ein Eichhörnchen, wenn die Katze kommt. Er überlegte, ob er bei Howards Nachbarn auf der anderen Seite klopfen und sie fragen sollte, ob sie den Chef des Postamts gesehen hatten. Doch er hatte das Gefühl, dass er von ihnen nicht viel Hilfsbereitschaft erwarten durfte. Oder von sonst jemandem im Viertel.

Ihm fiel auf, dass inzwischen auch mehrere andere Rasenflächen ungepflegt aussahen.

Obwohl Doug wusste, dass er wahrscheinlich keine Antwort bekommen würde, ging er Howards Auffahrt hinauf und klopfte an die Tür. Hämmerte gegen die Tür. Brüllte, dass Howard herauskommen sollte. Doch seine Bitten wurden nicht erhört. Wieder inspizierte er den Vordereingang, den Hintereingang, die Fenster, aber wieder war alles fest verschlossen. Hinter den ursprünglichen Vorhängen schien ein dunklerer, dickerer Stoff aufgehängt worden zu sein, weil jetzt überhaupt nichts mehr im Haus zu erkennen war, nicht einmal ein Schatten.

Doug fragte sich, ob er die Polizei anrufen sollte. Howards Haus zeigte eindeutige Zeichen der Vernachlässigung, und da niemand außer John Smith behaupten konnte, Howard in den letzten Wochen gesehen zu haben, gab es für Doug gute Gründe, ins Haus des Postchefs einzudringen und zu sehen, ob es ihm gut ging.

Aber Doug wusste, dass es nicht viel Sinn hatte, die Polizei zu rufen. Er hatte ihnen das letzte Mal dieselbe Geschichte erzählt, und sie hatten sich einen Dreck darum gekümmert. Sie würden nicht einmal versuchen, in Howards Haus einzudringen, es sei denn, sie sahen den Postboten mit Howards blutigem Kopf in der Hand hinter der Tür herumlaufen.

Doug seufzte. Wenn es etwas gab, was er an Arizona hasste, dann war es der beinahe fanatische Respekt vor Land und Grundbesitz. Hier herrschte noch die Mentalität des alten Westens, eine verschrobene Weltsicht, in der Eigentum wichtiger war als der Mensch. Er erinnerte sich, wie er und Billy einmal nach Deer Valley gewandert waren. Sie waren durch ein ausgetrocknetes Bachbett gelaufen und seinem Verlauf gefolgt, als sie in den Wäldern auf eine Hütte stießen. Sie machten auf der Stelle kehrt, als sie auch schon die Stimme eines Jungen rufen hörten: »Eindringlinge, Pa!« Etwa eine Minute später vernahmen sie das donnernde Echo eines Schrotflintenschusses. Doug war sich vorgekommen, als wäre er in einen verdammten Film geraten. Der Knall wiederholte sich nicht, doch Billy und er waren tief gebückt den Rest des Weges zum Wagen zurückgelaufen. Als sie der Polizei berichteten, was passiert war, hatte der Sergeant am Schalter nur gelächelt und ihnen gesagt, dass sie nicht unbefugt fremdes Eigentum hätten betreten sollen - als ob der Tod eine faire Bestrafung für jemanden wäre, der unwissentlich das Land eines anderen betrat.