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Giselle versuchte, entschuldigend zu lächeln, doch ihr Lächeln geriet ziemlich daneben.

»Sagen Sie Howard, er soll mich anrufen«, sagte Doug zu Giselle. »Wenn Sie ihn je zu Gesicht kriegen.«

Giselle warf einen Blick hinter sich, um sicherzugehen, dass sie nicht beobachtet wurde; dann schüttelte sie leicht den Kopf.

»Zur Hölle mit dem Durchsuchungsbeschluss«, sagte Tim wütend. »Ich werde einen Haftbefehl besorgen. Verschwinden wir von hier.«

Sie verließen das heiße, dunkle Gebäude und gingen hinaus an die frische Luft. Hinter ihnen, irgendwoher tief in den Eingeweiden des Postamts, erklang das Lachen des Postboten.

32.

Am nächsten Tag fiel wieder das Telefon aus, und Doug musste in die Stadt fahren, wo er erfuhr, dass die Polizei Hobie und Irene befragt hatte.

Beide hatten geleugnet, ungewöhnliche Postsendungen erhalten zu haben.

Doug hatte mit dem diensthabenden Sergeant gesprochen, da weder Mike noch Tim auf der Wache waren. Als er anschließend zu Hobie fuhr, weigerte sich sein Freund, die Tür zu öffnen, und tat so, als wäre er nicht zu Hause.

Bei Irene war es genauso.

33.

Billy wachte früh auf. Seine Nase war verstopft, seine Augen juckten und tränten, und er fühlte sich so unwohl, dass er den Albtraum, aus dem er erwacht war, beinahe sofort vergaß. Er nieste, nieste noch einmal und wischte sich die Nase am Bettlaken ab, da kein Taschentuch greifbar war. Es würde einer dieser Allergietage werden. Er hatte es im Gefühl. Mit offenen Augen lag Billy auf dem Kissen. Mehr als einmal hatten seine Eltern darüber gesprochen, mit ihm nach Flagstaff zu fahren, um eine Allergieuntersuchung machen zu lassen und herauszufinden, wogegen genau er allergisch war. Doch als Billy erfahren hatte, dass bei der Untersuchung Nadeln im Spiel waren, hatte er prompt sein Veto eingelegt. Er hasste nichts so sehr wie Nadeln. Die Allergie war scheußlich, aber zu ertragen, und sie dauerte normalerweise nicht länger als ein oder zwei Tage. Jedenfalls war sie unendlich viel angenehmer, als gepiekst und gekratzt und gestochen zu werden.

Er nieste wieder. Eigentlich hatte er vorgehabt, Brad und Michael zum Fort mitzunehmen und sich die Playboys anzuschauen. Die Zwillinge hatten nie geglaubt, dass Billy und Lane wirklich so viele Magazine hatten, wie sie behaupteten, und hatten oft darum gebettelt - sogar Geld dafür geboten -, ins Fort gelassen zu werden. Lane hatte stets abgelehnt und darauf bestanden, dass es nur den ursprünglichen Erbauern gestattet war, das Innere des Forts zu sehen. Aber nun war Lane fort, und Billy hatte beschlossen, die Zwillinge zu sich einzuladen.

Brad hatte ein wenig seltsam geklungen, als er am Telefon mit ihm gesprochen hatte, beinahe feindselig, als wäre er aus irgendeinem Grunde sauer. Aber da Billy sonst niemanden hatte, mit dem er sich herumtreiben konnte, durfte er nicht wählerisch sein.

Außerdem wollte er mal wieder jemand anderen als seine Familie sehen. Und er wusste, dass die Playboy-Sammlung die Zwillinge schwer beeindrucken würde.

Er zwang sich aufzustehen. Hinter seinen Augen fühlte sich alles dick und schwer an. Es war unvernünftig, durch den Wald zu gehen, wo seine Allergie so schlimm war; das wusste Billy. Die vielen Pflanzen würden seinen Zustand wahrscheinlich noch verschlimmern. Aber er wollte nicht den ganzen Tag im Bett verbringen. Während der Schulzeit war das okay, wenn er Mom überreden konnte, ihm Toast und Tee zu bringen, und wenn er bis zum Nachmittag im Pyjama im Bett lag und sich Zeichentrickfilme und Fernsehserien anschaute, aber wenn es Sommer war und er Pläne für den Tag hatte ...

Billy stand auf und schlurfte durchs Zimmer zum Kleiderschrank, holte seinen Bademantel heraus und zog ihn an. In der Tasche des Mantels hatte sich ein altes Taschentuch verkrochen, und Billy benutzte es, um sich die Nase zu putzen.

»Allergie?«, rief seine Mom von unten.

Er antwortete nicht in der Hoffnung, dass sie mit dem weitermachte, was immer sie gerade tat, und ihn in Ruhe ließ. Er ging zum Fenster und schaute hinaus. Der Himmel war bedeckt und die Morgensonne ein verborgenes Licht, das im Osten einen kleinen Teil der Wolkendecke schwach leuchten ließ. Über der gezackten Silhouette der Kiefern konnte Billy einen einsamen Falken erkennen, der sich zur Kuppe des Hügels hinaufschraubte. Obwohl es nicht regnete, war der Boden nass und das Fenster beschlagen.

Vielleicht würde er die Zwillinge doch nicht zum Fort bringen.

Billy stieg die Treppe hinunter. Der Strom war wieder da, und sein Dad sah sich die Frühnachrichten an. Mom stand mit dem Rücken zu ihm in der Küche am Spülbecken und blickte aus dem Fenster zum Wald hinüber. Auf der Küchentheke standen mehrere Schachteln mit ballaststoffreichen Getreideflocken sowie frisch gepresster Orangensaft. Neben dem Toaster lag ein aufgeschnittener Laib Vollkornbrot.

Es war alles wieder normal.

Billy nieste und wischte sich die Nase am Ärmel des Bademantels ab. Er konnte kaum atmen, und sein Kopf pochte im Rhythmus seines Pulsschlags. Doch als Mom sich mit fragendem Blick zu ihm umdrehte, sagte er: »Es geht mir gut«, noch ehe sie ihn fragen konnte, wie er sich fühlte.

»Du siehst aber nicht gut aus«, entgegnete sie, wobei sie zum Geschirrschrank ging. Sie nahm ein Glas heraus, goss Orangensaft hinein und reichte es Billy. »Du siehst krank aus.«

»Allergie.«

Trish nickte. »Das ist der Regen. Der wirbelt die Sporen auf. Trink deinen Saft, und nimm Vitamin C.«

Billy setzte sich an die Theke und nippte am Glas. Er wählte die Frühstücksflocken aus, die am wenigsten mies schmeckten, schüttete seine Schale ungefähr halb voll und streute mehrere Löffel Zucker darüber.

»Was tust du da?«, fragte Mom.

»Ohne Zucker krieg ich das Zeug nicht runter.«

»Einen Löffel. Mehr nicht.«

Billy grinste sie an. »Zu spät.« Er goss Milch in die Schale.

»Beeil dich, Billy«, sagte Doug, der in die Küche kam. »Wir fahren heute Morgen einkaufen, und ich möchte so schnell wie möglich damit fertig werden.«

Billy schluckte die Frühstücksflocken herunter. »Ich will nicht mit.«

»Du musst aber.«

»Aber meine Allergie! Ich fühl mich krank. Ich glaube, ich bleib zu Hause.«

»Ich dachte, es geht dir gut, du Schwindler.« Mom versuchte, es spielerisch klingen zu lassen, doch Billy konnte einen gespannten Unterton hören. In den Blicken, die Mom über seinen Kopf hinweg Dad zuwarf, sah er Besorgnis. »Warum willst du wirklich hierbleiben?«

»Vielleicht kommen Brad und Michael rüber. Wir wollten im Fort spielen.«

»Du kommst mit uns«, sagte Dad.

»Ihr behandelt mich immer, als wäre ich ein Baby. Ich bin alt genug, um allein zu bleiben. Lanes Eltern haben ihn schon mal zwei Tage allein gelassen!«

»Wann?«, fragte Mom. »Als du über Nacht bei ihm geblieben bist?«

»Nein«, log Billy.

»Wo ist Lane eigentlich? Ich habe ihn in letzter Zeit gar nicht gesehen. Habt ihr euch gestritten?«

Billy sah Mom an und spürte, wie sein Magen sich zusammenzog.

Nackt.

»Jaa«, sagte er gedehnt, vergrub den Löffel in den Frühstücksflocken und konzentrierte sich auf seine Schale. Er wollte Mom nicht ansehen und nicht an Lane denken.

Dad schüttete den letzten Schluck seines Kaffees ins Spülbecken und spülte die Tasse aus. »Du solltest heute besser mit uns kommen«, sagte er.

Billy blickte zu seinem Vater. »Ich bin hier sicherer«, entgegnete er.

Doug und Trish wechselten einen langen Blick. Obwohl niemand etwas gesagt hatte, war allen dreien die unausgesprochene Bedeutung klar, und offensichtlich hatte Billy mit dem Wort »sicherer« einen Nerv getroffen. Er wusste nicht, ob es stimmte, dass er zu Hause tatsächlich sicherer war, aber er hatte einfach keine Lust, in die Stadt zu fahren. Dad starrte ihn weiter an, doch Billy hielt dem Blick stand und sah, wie sich im Gesicht seines Vaters die gegensätzlichsten Gefühle spiegelten.