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Erst jetzt spürte sie den Druck auf ihrer Blase, und sie ging ins Bad, wobei sie immer noch das Messer in der Hand hielt. Sie würde kein Risiko eingehen - vielleicht hatte sie den Postboten bei ihrem eher oberflächlichen Blick nach draußen übersehen. Er hätte sich unter einem Strauch oder hinter einem Baum verstecken können, weil er wusste, dass sie nicht aus dem Haus kommen würde, um ihn zu suchen. Vielleicht horchte er gerade jetzt an der Tür, wartete auf einen Augenblick wie diesen, um hereinzukommen und anzugreifen.

Trish ließ die Badezimmertür offen, zog rasch ihren Slip herunter und setzte sich auf die Toilette.

Der Postbote trat aus der Dusche.

Trish schrie in Panik auf, ließ das Messer fallen und griff dann hastig nach unten, um es wieder aufzuheben. Der Postbote trat auf die Klinge. Sein glänzender schwarzer Schuh verdeckte die Schneide vollständig. Er trug seine frisch gebügelte Postuniform, doch Trish konnte die Ausbeulung vorn an seiner Hose sehen, als er direkt vor ihr stand. Mit einer Hand bedeckte sie ihren Schoß und hielt die andere zitternd vor sich, um ihn wegzuschieben.

Sie hatte nicht zu schreien aufgehört, aber das schien ihn nicht zu stören. Er grinste sie an. »Hübsche Muschi«, sagte er, und die Derbheit seiner Worte, gepaart mit der glatten Sanftheit seiner Stimme, ließ Trish erschaudern.

Warum hatte sie die Dusche nicht überprüft?

Er bückte sich, um das Messer aufzuheben, und instinktiv sprang Trish von der Toilette auf und flüchtete kreischend aus dem Badezimmer. In dem engen Raum vor der Tür prallte ihr Körper gegen seinen, und für einen Übelkeit erregenden Augenblick, als sie an ihm vorbeihuschte, spürte Trish, wie sein hartes Glied sich durch den Stoff gegen ihre nackte Haut presste. Sie hastete über den Flur ins Schlafzimmer und knallte die Tür ins Schloss. Ihr Blick huschte durch den Raum, als sie nach irgendetwas suchte, das sie als Waffe benutzen konnte.

Draußen im Flur hörte sie ein Klappern, als der Postbote das Messer über den Flur in die Küche schleuderte.

Offensichtlich wollte er sie nicht umbringen.

Was wollte er dann?

Trish drückte die Schulter gegen die Schlafzimmertür und stieß unwillkürlich einen Laut animalischer Angst aus. Sie hatte zu viel Angst, das Zimmer zu durchqueren und zum Telefon zu gehen. Das Türschloss war billig und schwach. Wenn sie nur eine Sekunde lang den Druck verringerte, wäre er im Zimmer.

Bei ihr.

Trish knirschte mit den Zähnen. Sie war entschlossen, sich nicht von ihrer Angst überwältigen zu lassen. »Verschwinden Sie aus meinem Haus«, befahl sie, doch ihre Stimme bebte und war kraftlos. »Verschwinden Sie. Sofort.«

»Du willst es doch auch«, sagte er kühl und gelassen. »Du weißt, dass du es willst.«

»Verdammt, hauen Sie ab!«, schrie Trish. »Ich rufe die Polizei.«

Seine Stimme fiel um eine Oktave und hatte nun einen vieldeutigen, intimen Tonfall. »Soll ich deine Post an der Hintertür zustellen ...?«

»Hilfe!«, schrie Trish mit aller Kraft, die ihre Lunge aufbrachte. Sie wollte, dass ihr Schrei laut und durchdringend klang, ein Schrei schierer Panik und greller Wut, doch er war beinahe ein Schluchzen, das von Verzweiflung verzehrt wurde. Trish verstummte augenblicklich. Sie wollte nicht, dass der Postbote ihre Schwäche spürte; sie wollte diesem Monstrum vor der Tür keinen Zentimeter nachgeben.

»Magst du Blut?«, fragte der Postbote mit derselben tiefen, intimen Stimme. Er war direkt hinter dem Türspalt, und sie konnte das Geräusch seiner trockenen Lippen hören, die er beim Sprechen aufeinanderpresste. »Magst du warmes, dickes, salziges Blut?«

»Hilfe!« Diesmal war Trishs Stimme kaum mehr als ein Schluchzen. Als Antwort hörte sie das tiefe Kichern des Postboten.

Und das Geräusch eines Reißverschlusses, der heruntergezogen wurde.

»Du weißt, dass du es willst«, wiederholte er.

Trish hielt den Atem an.

Sie hörte ein leises, klatschendes Geräusch.

Er spielte an sich selbst herum.

»Billy bekommt seine Post gerne im Obergeschoss und an der Hintertür zugestellt.«

Diese Worte gaben Trish die Kraft, die ihr bisher gefehlt hatte. Grelle Wut loderte in ihr auf. »Du Hurensohn!«, schrie sie. »Wag es ja nicht, ihn anzufassen!«

Von außerhalb des Hauses, von der Rückseite, hörte sie Dougs Stimme. »Trish!« Dann noch einmaclass="underline" »Trish!« Seine Stimme wurde schnell lauter: Er rannte, und Trish hörte Furcht und Wut in seiner Stimme.

Irgendetwas war geschehen.

Doch Trish war dankbar, überhaupt Dougs Stimme zu hören. Sie war gerettet. Was immer sonst passiert war - Doug war da und würde sie retten. »Hier drinnen!«, rief sie so laut sie konnte. »Ich bin im Schlafzimmer!«

Sie hatte nicht gehört, wie der Postbote gegangen war, doch die Stille auf der anderen Seite der Tür verriet ihr, dass er verschwunden war.

Auf der Veranda waren schnelle, schwere Schritte zu hören. »Trish!«, rief Doug voller Panik. Die Gittertür fiel krachend zu.

»Ich bin hier! Hier drin!« Ungeschickt öffnete sie die Schlafzimmertür und stürzte schluchzend aus dem Zimmer. »Ich ...«

Ihr Schluchzen versiegte, als sie sah, dass Doug Billy ins Wohnzimmer trug. Ihr stockte der Atem. Die Zeit stand still. Der regungslose Körper des Jungen hing schlaff in den Armen seines Vaters, und eine schreckliche Sekunde lang musste sie verrückterweise an eine Szene aus Frankenstein denken. Dann war der Moment vorüber, und sie lief zu Doug und drückte ein Ohr auf Billys Brust. »Was ist passiert?«, fragte sie atemlos.

»Ich habe Billy im Fort gefunden.« Dougs Stimme klang vor Schock beinahe emotionslos. »Der Postbote hat ihn zuerst gefunden.«

Jetzt erst bemerkte Trish, dass Billy keine Hose trug.

Vorsichtig legte Doug seinen Sohn auf die Couch. Billys Haut war grau und blass. Seine Lippen bewegten sich stumm in fiebrigen Sätzen. Trish konnte nicht verstehen, was er sagte.

»Wenn wir im Krankenhaus sind, rufe ich die Polizei an«, sagte Doug mit derselben tonlosen Stimme. »Wenn die das Ungeheuer nicht jagen wollen, tue ich es selbst.«

Mit zitternder Hand fühlte Trish die Temperatur an Billys Stirn. »Was ist passiert?«

»Ich weiß es nicht. Er hat so im Fort gelegen. Er hatte keine Hose an, und seine Unterwäsche war blutig, und da lag ein ... ein Hochzeitskleid neben ihm.«

Trish schlug die Hand vor den Mund. »Mein Gott.«

Doug spürte die heißen Tränen, die ihm übers Gesicht liefen. Seine Stimme brach. »Ich glaube, er wurde vergewaltigt.«

»Wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen. Ich rufe den Rettungswagen.«

»Nein. Wir haben keine Zeit.«

Trish barg den Kopf ihres Sohnes in ihren Armen.

»Nein«, stöhnte Billy. »Nein, ich will nicht. Nein. Nein. Nein ...«

»Fahren wir«, sagte Trish.

Die Gedanken, die Doug durch den Kopf schossen, als der Bronco über die unbefestigte Straße jagte, waren bruchstückhaft und unzusammenhängend: Was hätte er tun sollen? Was hätte er tun können? Was hatte er falsch gemacht? Was würde er noch einmal genauso machen, wenn er die Gelegenheit dazu bekäme?

Billy stöhnte auf dem Rücksitz, ein gedämpftes, gequältes Geräusch, dem sofort Trishs sanfter Trost folgte. Doug fluchte, dass er nicht näher am Krankenhaus wohnte.

Sie fuhren am Wohnwagenpark vorbei und kamen auf die gepflasterte Straße. Der Schock war ebenso rasch von Doug abgefallen, wie er gekommen war, und von brodelnder, grenzenloser Wut verdrängt worden, die nur durch Rache gestillt werden konnte. Sobald Billy in ärztlichen Händen war, würde er zur Polizei gehen. Und wenn die Polizei sich weigerte, etwas zu unternehmen, würde er den Postboten selbst verfolgen. Der Kerl würde auf keinen Fall ungeschoren davonkommen.