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»Es ist vielleicht eine Entfesselung von Wut, vermute ich«, sagte Cordelia vorsichtig. »Wie sind Sie zu soviel Wut gekommen, die in Ihnen drinnen zusammengeballt ist? Die Dichte ist spürbar. Die Leute können es fühlen.«

Seine Hand ballte sich vor seinem Solarplexus zusammen. »Das geht weit, weit zurück. Aber die meiste Zeit empfinde ich keinen Ärger. Es klinkt plötzlich aus.«

»Selbst Bothari fürchtet Bothari«, murmelte sie verwundert.

»Aber Sie fürchten ihn nicht. Sie haben noch weniger Furcht als Lord Vorkosigan.«

»Ich sehe Sie als irgendwie mit ihm verknüpft. Und er ist mein eigenes Herz. Wie kann ich mein eigenes Herz fürchten?«

»Mylady, ich schlage einen Handel vor.«

»Hm?«

»Sie sagen mir … wenn es in Ordnung ist. Zu töten. Und dann weiß ich Bescheid.«

»Das kann ich nicht — schauen Sie, zum Beispiel, wenn ich nicht da bin? Wenn diese Sache Sie überkommt, dann ist für gewöhnlich keine Zeit, innezuhalten und zu analysieren. Selbstverteidigung muß Ihnen erlaubt sein, aber Sie müssen auch in der Lage sein zu erkennen, ob Sie wirklich angegriffen werden.« Sie setzte sich auf, und ihre Augen weiteten sich in einer plötzlichen Einsicht. »Deshalb ist Ihre Uniform so wichtig für Sie, nicht wahr? Sie sagt Ihnen, wann es in Ordnung ist. Wenn Sie es sich nicht selbst sagen können. All diese strengen Routinen, an die Sie sich halten, sie sind dazu da, Ihnen zu sagen, daß Sie in Ordnung sind, daß Sie sich auf dem richtigen Weg befinden.«

»Ja, ich bin jetzt vereidigt auf die Verteidigung des Hauses Vorkosigan. Also ist das in Ordnung.« Er nickte, offensichtlich beruhigt. Wodurch, um Gottes willen?

»Sie bitten mich, Ihr Gewissen zu sein. Ihre Urteile für Sie zu fällen. Aber Sie sind ein ganzer Mann, ich habe Sie richtige Entscheidungen treffen sehen, und zwar unter schwerstem Stress.«

Seine Hände preßten sich wieder gegen seinen Schädel, seine Zähne waren zusammengebissen, und er stieß knirschend hervor: »Aber ich kann mich nicht an sie erinnern. Kann mich nicht erinnern, wie ich sie getroffen habe.«

»Oh.« Sie kam sich sehr klein vor. »Nun ja … was immer Sie denken, daß ich für Sie tun kann. Sie haben ein Blutrecht darauf. Das schulden wir Ihnen, Aral und ich. Wir erinnern uns daran, warum, selbst wenn Sie es nicht können.«

»Erinnern Sie sich dann für mich, Mylady«, sagte er leise, »und es wird für mich in Ordnung sein.«

»Ja, glauben Sie daran!«

KAPITEL 7

Cordelia hatte an einem Morgen der darauffolgenden Woche ein gemeinsames Frühstück mit Aral und Piotr in einem privaten Salon, von dem aus man den hinteren Garten überblickte. Aral winkte dem Burschen des Grafen, der sie bediente.

»Könnten Sie bitte Leutnant Koudelka für mich herbeiholen? Sagen Sie ihm, er soll diese Tagesordnung für heute vormittag mitbringen, die wir besprochen haben.«

»Oh, ich vermute, Sie haben es noch nicht erfahren, Mylord?«, murmelte der Mann. Cordelia hatte den Eindruck, seine Augen suchten den Raum nach einem Fluchtweg ab.

»Was erfahren? Wir sind gerade heruntergekommen.«

»Leutnant Koudelka wurde heute morgen ins Krankenhaus gebracht.«

»Krankenhaus? Guter Gott, warum hat man mir das nicht sofort gesagt? Was ist geschehen?«

»Uns wurde gesagt, Oberstleutnant Illyan würde einen vollständigen Bericht mitbringen. Der Kommandant der Wache … dachte, er sollte auf ihn warten.«

Bestürzung kämpfte mit Verstimmung auf Vorkosigans Gesicht. »Wie schlimm ist es? Es ist keine … verspätete Nachwirkung der Schallgranate, nicht wahr? Was ist ihm zugestoßen?«

»Er wurde zusammengeschlagen, Mylord«, sagte der Bursche ausdruckslos.

Vorkosigan lehnte sich mit leisem Zischen zurück. An seinem Kinn spannten sich die Muskeln. »Schicken Sie mir diesen Wachkommandanten her«, knurrte er.

Der Diener verschwand auf der Stelle, und Vorkosigan klopfte nervös und ungeduldig mit einem Löffel auf den Tisch. Seine Augen begegneten Cordelias erschrockenem Blick und er setzte ihr zuliebe ein leichtes, falsches Lächeln der Beruhigung auf. Selbst Piotr blickte erschrocken drein.

»Wer könnte denn wohl Kou zusammenschlagen wollen?«, fragte Cordelia verwundert. »Da kann einem ja übel werden. Er kann doch gar nicht richtig zurückschlagen.«

Vorkosigan schüttelte den Kopf: »Ich vermute, es ist jemand, der ein sicheres Opfer suchte. Wir werden es herausfinden. O ja, wir werden es herausfinden.«

Der grün uniformierte Wachkommandant des Kaiserlichen Sicherheitsdienstes erschien und nahm Haltung an. »Sir.«

»Zu Ihrer künftigen Information, und Sie können das weitergeben, sollte einem meiner maßgebenden Stabsmitglieder irgendein Unfall zustoßen, so wünsche ich sofort informiert zu werden. Verstanden?«

»Jawohl, Sir. Es war sehr spät, als die Nachricht hier eintraf, Sir. Und da wir da schon wußten, daß beide überleben würden, sagte Oberstleutnant Illyan, ich könnte Sie schlafen lassen, Sir.«

»Ich verstehe.« Vorkosigan rieb sich sein Gesicht. »Beide?«

»Leutnant Koudelka und Sergeant Bothari, Sir.«

»Sie sind doch nicht in einen Streit geraten, oder?«, fragte Cordelia, die jetzt zutiefst erschrocken war.

»Ja. Oh — nicht miteinander, Mylady. Sie wurden überfallen.«

Vorkosigans Gesicht verdüsterte sich. »Sie sollten besser beim Anfang beginnen.«

»Jawohl, Sir. Hmm. Leutnant Koudelka und Sergeant Bothari gingen gestern abend aus. Nicht in Uniform. In die Gegend hinter der alten Karawanserei.«

»Mein Gott, wozu denn das?«

»Hmm.« Der Wachkommandant warf einen unsicheren Blick auf Cordelia. »Zur Unterhaltung, glaube ich, Sir.«

»Zur Unterhaltung?«

»Jawohl, Sir. Sergeant Bothari geht dort ungefähr einmal im Monat hin, an seinem dienstfreien Tag, wenn der Herr Graf in der Stadt ist. Es handelt sich offensichtlich um einen Ort, wo er schon seit Jahren hingeht.«

»In die Karawanserei?«, sagte Graf Piotr in ungläubigem Ton.

»Hmm«, der Wachkommandant warf dem Diener einen hilfeheischenden Blick zu.

»Sergeant Bothari ist nicht sehr wählerisch bei seiner Unterhaltung, Sir«, meldete sich der Diener unsicher zu Wort.

»Offensichtlich nicht!«, sagte Piotr.

Cordelia gab Vorkosigan mit den Augenbrauen ein fragendes Zeichen.

»Das ist eine ziemlich üble Gegend«, erklärte er. »Ich selbst würde dorthin nicht ohne eine Begleitpatrouille gehen. Und bei Nacht mit zwei Patrouillen. Und ich würde auf jeden Fall meine Uniform tragen, allerdings nicht meine Rangabzeichen … aber ich glaube, Bothari ist dort aufgewachsen. Ich stelle mir vor, daß er es anders sieht.«

»Warum so übel?«

»Die Gegend ist sehr arm. Dort war das Stadtzentrum in der Zeit der Isolation, und die Stadterneuerung hat dort noch nicht begonnen. Wasser ist dort knapp, es gibt keine Elektrizität, die Gegend erstickt förmlich im Müll …«

»Am meisten im menschlichen Müll«, fügte Piotr bissig hinzu.

»Arm?«, sagte Cordelia verblüfft. »Keine Elektrizität? Wie kann die Gegend dann ans Kommunikationsnetzwerk angeschlossen sein?«

»Ist sie natürlich nicht«, antwortete Vorkosigan.

»Wie bekommen dann die dort ihre Ausbildung?«

»Gar nicht.«

Cordelia machte große Augen, »Ich verstehe das nicht. Wie bekommen dann die Leute dort ihre Jobs?«

»Ein paar fliehen in den Militärdienst. Die restlichen rauben sich größtenteils gegenseitig aus.« Vorkosigan schaute sie voller Unbehagen an. »Habt ihr auf Kolonie Beta keine Armut?«

»Armut? Na ja, einige Leute haben natürlich mehr Geld als andere, aber … keine Kommunikationskonsolen?«