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Den 6. Juni war die preußische und östreichische Generalität bei Serenissimo zu Tafel, in einem großen, von Zimmerwerk zu solchen Festen auferbauten Saale.

Ein Obristlieutenant vom Regiment Wegner, schief gegen mir über sitzend, betrachtete mich gewissermaßen mehr als billig.

Den 7. Juni schrieb ich früh viel Briefe.

Bei Tafel im Hauptquartier schwadronierte ein Major viel über künftige Belagerung und redete sehr frei über das Benehmen bisher.

Gegen Abend führte mich ein Freund zu jenem beobachtenden Obristlieutenant, der vor einigen Tagen meine Bekanntschaft zu machen gewünscht hatte.

Wir fanden keine sonderliche Aufnahme; es war Nacht geworden, es erschien keine Kerze.

Selterswasser und Wein, das man jedem Besuchenden anbot, blieb aus, die Unterhaltung war null.

Mein Freund, welcher diese Verstimmung dem Umstande zuschrieb, daß wir zu spät gekommen, blieb nach dem Abschiede einige Schritte zurück, um uns zu entschuldigen, jener aber versetzte zutraulich, es habe gar nichts zu sagen: denn gestern bei Tafel habe er schon an meinen Gesichtszügen gesehen, daß ich gar der Mann nicht sei, wie er sich ihn vorgestellt habe.

Wir scherzten über diesen verunglückten Versuch neuer Bekanntschaft.

Den 8. Juni setzte ich meine Arbeit an 'Reineke Fuchs' fleißig fort, ritt mit durchlauchtigstem Herzog nach dem darmstädtischen Lager, wo ich den Herrn Landgrafen als meinen vieljährigen unabänderlich gnädigsten Herrn mit Freuden verehrte.

Abends kam Prinz Maximilian von Zweibrücken mit Obrist von Stein zu Serenissimo; da ward manches durchgesprochen; zuletzt kam das offenbare Geheimnis der nächstkünftigen Belagerung an die Reihe.

Den 9. Juni glückte den Franzosen ein Ausfall auf Heiligkreuz; es gelang ihnen, Kirche und Dorf unmittelbar vor den östreichischen Batterien anzuzünden, einige Gefangene zu machen und sich nicht ohne Verlust hierauf zurückzuziehen.

Den 10. Juni wagten die Franzosen einen Tagesüberfall auf Gunzenheim, der zwar abgeschlagen ward, aber uns doch wegen des linken Flügels, und besonders wegen des Darmstädter Lagers, einige Zeit in Verlegenheit und Sorge setzte.

Den 11. Juni.

Das Lager Ihro Majestät des Königs war nun etwa 1000 Schritte über Marienborn bestimmt und angelegt, gerade an dem Abhange, wo der große Kessel, in welchem Mainz liegt, sich endigt, in aufsteigenden Lehmwänden und Hügeln; dieses gab zu den anmutigsten Einrichtungen Gelegenheit.

Das leicht zu behandelnde Erdreich bot sich den Händen geschickter Gärtner dar, welche die gefälligste Parkanlage mit wenig Bemühung bildeten: die abhängige Seite ward geböscht und mit Rasen belegt, Lauben gebaut, auf- und absteigende Kommunikationsgänge gegraben, Flächen planiert, wo das Militär in seiner ganzen Pracht und Zierlichkeit sich zeigen konnte, anstoßende Wäldchen und Büsche mit in den Plan gezogen, so daß man bei der köstlichsten Aussicht nichts mehr wünschen konnte, als diese sämtlichen Räume ebenso bearbeitet zu sehen, um des herrlichsten Parks von der Welt zu genießen.

Unser Krause zeichnete sorgfältig die Aussicht mit allen ihren gegenwärtigen Eigentümlichkeiten.

Den 14. Juni.

Eine kleine Schanze, welche die Franzosen unterhalb Weißenau errichtet hatten und besetzt hielten, stand der Eröffnung der Parallele im Weg; sie sollte nachts eingenommen werden, und mehrere davon unterrichtete Personen begaben sich auf diesseitigen Schanzen unseres rechten Flügels, von wo man die ganze Lage übersehen konnte.

In der sehr finstern Nacht erwartete man nunmehr, da man die Stelle recht gut kannte, wohin unsere Truppen gesendet waren, Angriff und Widerstand sollten durch ein lebhaftes Feuer ein bedeutendes Schauspiel geben.

Man harrte lang, man harrte vergebens; statt dessen gewahrte man aber eine weit lebhaftere Erscheinung.

Alle Posten unserer Stellung mußten angegriffen sein, denn in dem ganzen Kreis derselben erblickte man ein lebhaftes Feuern, ohne daß man dessen Veranlassung irgend begreifen konnte; auf der Stelle aber, von der eigentlich die Rede sein sollte, blieb alles tot und stumm.

Verdrießlich gingen wir nach Hause, besonders Herr Gore, als auf solche Feuer- und Nachtgefechte der Begierigste.

Der folgende Tag gab uns die Auflösung dieses Rätsels.

Die Franzosen hatten sich vorgenommen, in dieser Nacht alle unsere Posten anzugreifen, und deshalb ihre Truppen aus den Schanzen weg- und zum Angriff zusammengezogen.

Unsere Abgesendeten daher, die mit der größten Vorsicht an die Schanze herangingen, fanden weder Waffen noch Widerstand; sie erstiegen die Schanze und fanden sie leer, einen einzigen Kanonier ausgenommen, der sich über diesen Besuch höchlich verwunderte.

Während des allgemeinen Feuerns, das nur sie nicht betraf, hatten sie gute Zeit, die Wälle zu zerstören und sich zurückzuziehen.

Jener allgemeine Angriff hatte auch keine weitern Folgen; die alarmierten Linien beruhigten sich wieder mit dem Einbruch des Tags.

Den 16. Juni.

Die immer besprochene und dem Feind verheimlichte Belagerung von Mainz nahte sich denn doch endlich; man sagte sich ins Ohr: heute nacht solle die Tranchee eröffnet werden.

Es war sehr finster, und man ritt den bekannten Weg nach der Weißenauer Schanze; man sah nichts, man hörte nichts, aber unsere Pferde stutzten auf einmal, und wir wurden unmittelbar vor uns einen kaum zu unterscheidenden Zug gewahr.

Östreichische, grau gekleidete Soldaten, mit grauen Faschinen auf den Rücken, zogen stillschweigend dahin, kaum daß von Zeit zu Zeit der Klang aneinander schlagender Schaufeln und Hacken irgend eine nahe Bewegung andeutete.

Wunderbarer und gespensterhafter läßt sich kaum eine Erscheinung denken, die sich halb gesehen immer wiederholte, ohne deutlicher gesehen zu werden.

Wir blieben auf dem Flecke halten, bis daß sie vorüber waren, denn von da aus konnten wir wenigstens nach der Stelle hinsehen, wo sie im Finstern wirken und arbeiten sollten.

Da dergleichen Unternehmungen immer in Gefahr sind, dem Feind verraten zu werden, so konnte man erwarten, daß von den Wällen aus auf diese Gegend, und wenn auch nur auf gut Glück, gefeuert werden würde. Allein in dieser Erwartung blieb man nicht lange, denn gerade an der Stelle, wo die Tranchee angefangen werden sollte, ging auf einmal Kleingewehrfeuer los, allen unbegreiflich.

Sollten die Franzosen sich herausgeschlichen, bis an oder gar über unsere Vorposten herangewagt haben?

Wir begriffen es nicht.

Das Feuern hörte auf, und alles versank in die allertiefste Stille.

Erst den andern Morgen wurden wir aufgeklärt, daß unsere Vorposten selbst auf die still heranziehende Kolonne wie auf eine feindliche gefeuert hatten; diese stutzte, verwirrte sich, jeder warf seine Faschine weg, Schaufeln und Hacken wurden allenfalls gerettet; die Franzosen, auf den Wällen aufmerksam gemacht, waren auf ihrer Hut, man kam unverrichteter Sache zurück, die sämtliche Belagerungsarmee war in Bestürzung.

Den 17. Juni.

Die Franzosen errichten eine Batterie an der Chaussee.

Nachts entsetzlicher Regen und Sturm.

Den 18. Juni.

Als man die neulich mißglückte Eröffnung der Tranchee unter den Sachverständigen besprach, wollte sich finden, daß man viel zu weit von der Festung mit der Anlage geblieben sei; man beschloß daher sogleich, die dritte Parallele näher zu rücken und dadurch aus jenem Unfall entschiedenen Vorteil zu ziehen.

Man unternahm es, und es ging glücklich vonstatten.

Den 24. Juni.

Franzosen und Klubisten, wie man wohl bemerken konnte, daß es Ernst werde, veranstalteten, dem zunehmenden Mangel an Lebensmitteln Einhalt zu tun, eine unbarmherzige Exportation gegen Kastel, von Greisen und Kranken, Frauen und Kindern, die ebenso grausam wieder zurückgewiesen wurden.