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Wie sollen wir auf all das reagieren? Keine Ahnung.

Mein einziger Rat: Halt die Augen offen.

Halt dir den Rücken frei.

Ich halte es genauso. Ich verwahre diesen Brief in meinem Schließfach, weil ich nicht will, dass er durch Yambukus Cyberspace geistert. Wenn alles gut geht und ich wieder zurück bin, dann reden wir lieber.

- Elam

P.S. Natürlich mag sie dich, du Blödmann! Das tun viele hier. Ich auch. Warst du nun zu vernagelt, um es zu bemerken, oder warst du zu artig, um es dir anmerken zu lassen?

Pure Neugier.

Hayes las den Brief ein zweites Mal.

Saß eingekapselt in der Stille dieses Kokons, der einmal Elams Kabine gewesen war, und las, derweil der Terminator über die lang gestreckten Täler und bewaldeten Hügel kroch.

Vierzehn

Als der rote Notruf des Shuttle-Quarantänemoduls auf seinem Palmtop zu blinken begann, war Corbus Nefford gelinde gesagt empört. Unter seiner ärztlichen Aufsicht hatte es an Bord der IOS noch nie eine gesundheitsgefährdende Krise gegeben, und er war fest entschlossen, es nie dazu kommen zu lassen.

Das sah zugegebenermaßen nicht gut aus — Ken Kinsolving, der für die Tagwache eingeteilte Quarantänemediziner, hatte aus einem unerfindlichen Grund am Shuttlelift einen Notruf der Stufe eins ausgelöst. Das war vermutlich harmloser als es aussah, Kinsolving hatte sich vielleicht nur ins Bockshorn jagen lassen — hatte bei einem Anfall von Gastritis oder Migräne unter den Shuttleleuten überreagiert. Die Alternative war nicht auszudenken.

Doch vor dem Schott des Quarantänemoduls war eine Wache postiert und drinnen…

Drinnen herrschte Chaos.

Zwei Pfleger saßen da, den Kopf im Pilotgeschirr für Telesensorien, und redeten in einem leisen, drängenden Tonfall in ihre Mikrophone. Kinsolving, hager und in Weiß gekleidet, winkte Nefford zu einem unbesetzten Kontrollpult. »Rios und Soto sind tot«, sagte er ohne Umschweife. »Raman liegt im Koma und Mavrovik ist zeitweilig bei klarem Verstand. Wir brauchen Hilfe bei der palliativen Behandlung und beim Entnehmen von Gewebeproben — wenn Sie das übernehmen, Manager.«

Einem Juniormediziner stand es nicht an, Corbus Nefford derart schroff anzugehen, doch es handelte sich immerhin um einen Notfall. Nefford klemmte sich in den Kontrollsessel. Er hatte ein bisschen zugenommen, seit er das letzte Mal so ein Geschirr angelegt hatte.

Aber man tut, was getan werden muss. Wozu man ausgebildet war, und danke Gott für die Ausbildung; sie verdrängte die Panik. Er stellte sich vor, wie sein Thymostat die Sturzbäche von Adrenalin registrierte und alle Register zog, um ihn zu beruhigen, ohne seine gesteigerte Wachsamkeit zu dämpfen. Erreger, kreiselte es in seinem Kopf, isische Erreger an Bord der IOS: ein Albtraum, den er immer weit von sich geschoben hatte…

Sein Kopfgeschirr erwachte zum Leben, und er war plötzlich mitten in der Quarantänezone bei den Opfern. Seine Arme waren die Arme eines medizinischen Roboters und seine Augen waren die hoch empfindlichen Sensoren des Geräts. Er orientierte sich rasch. Die Quarantänekammer war beklemmend klein, viel zu klein für eine Krankenstation. Roboter und Telesensorien standen sich gegenseitig im Weg; Kinsolvings Sensorium fuhr neben ihm auf.

Nefford identifizierte die Shuttlebesatzung auf ihren Feldbetten. Mavrovik, Soto, Raman und Rios. Zwei Männer, zwei Frauen. Sie waren die einzigen Überlebenden der Hochseetragödie gewesen, ein Pilot und drei Wissenschaftler, die sich abgesetzt hatten, kurz bevor die Station endgültig kollabiert war.

Und sie hatten anscheinend etwas mitgebracht, obwohl sie seit — wie lange schon? — fast einem Monat in Quarantäne waren und keinerlei Anzeichen einer Erkrankung gezeigt hatten. Und war es nicht so, dass isische Erreger sofort zuschlugen? Ein ansteckendes isisches Agens mit langer Inkubationszeit war ein absolutes Novum — eine Bedrohung, fast zu schrecklich, um es in Betracht zu ziehen.

Nefford folgte dem medizinischen Sensorium des Juniormediziners. Man hatte Mavrovik ausgezogen und ans Bett geschnallt. Vom geschorenen Schädel sickerten faulig riechende, gelbliche Schweißperlen ins Kopfkissen. Kinsolving hatte ihm Lösungen und Hämostaten in den nackten Arm gestöpselt. Nefford legte noch eine Lungendrainage an.

Was Kinsolving bei dem Mann erreicht hatte, war eine momentane Homöostase. Nefford schloss seine eigenen Messgeräte an den Piloten an, und der diensthabende Mediziner begann mit der Übertragung. In einem ruhigen Augenblick fragte Nefford: »Seit wann sind die Leute krank?«

»Die ersten deutlichen Symptome zeigten sich vor knapp drei Stunden. Es gab keine richtige Vorwarnung. Die Blutgase sahen vorher merkwürdig aus, ja, aber nicht merkwürdig genug.«

Nefford sah sich um, als zwei Roboter die erstarrenden Körper von Rios, einer Frau, und Soto, einem Mann, auf fahrbare Tragen verluden und hinausrollten. Tief im Quarantänebereich gab es einen Kühlraum samt Autopsiekammer — ausschließlich von Robotern und Telesensorien bemannt. Die Einrichtung war sorgfältig gewartet und wurde jetzt zum ersten Mal benutzt.

Als er sich wieder umdrehte, standen Mavroviks Augen offen, die Pupillen übermäßig geweitet. Nefford, der unter dem Kopfgeschirr schwitzte, rief einen Überblick über die lebensbedrohenden Umstände ab. Die Auflistung war erschreckend. Schwere Ödeme, innere Blutungen infolge katastrophaler Gewebeerweichung, Nekrose der Nieren, Nachlassen der Leberfunktion, unregelmäßiger Puls, Blutdruck so vage, dass selbst die Hämostaten keinen akzeptablen Wert erzielten. Resümee: Der Mann starb. Und zwar unaufhaltsam.

Kinsolving rollte zurück, die Robotarme erschlafften, als er das Kopfgeschirr ablegte. »Tun Sie für ihn, was Sie können«, sagte er ohne Umschweife. »Ich rede mit Degrandpre.«

Besser du als ich, dachte Nefford.

Als das medizinische Sensorium von Kinsolving verstummte, veranlasste Nefford das komplette Paket an lebenserhaltenden Maßnahmen.

Mavrovik war zwar einigermaßen stabil, aber das war nicht mehr als eine Atempause. Nefford kannte keine erfolgversprechende Therapie — er kannte nicht einmal den Erreger. Alles, was er zu bieten hatte, waren Linderungsmittel und Beutel mit frischem Kunstblut und gerinnungsfördernde Nanobakterien, um die schlimmsten inneren Läsionen abzudichten.

Auf lange Sicht war das alles nutzlos. Mavrovik wurde von einer Entität verschlungen, für die Nefford nicht einmal einen Namen hatte, die bald schon Herz oder Hirn irreparabel schädigen würde und — aus der Traum.

Als hätte Mavrovik den Gedanken gelesen, röchelte er plötzlich und bäumte sich gegen die Fesseln. Nefford war zusammengefahren. Zum Glück ignorierten Telesensorien solche unwillkürlichen Reaktionen, andernfalls hätte er leicht einen intravenösen Schlauch aus dem Patienten reißen können. Wie muss ich für ihn aussehen, dachte Nefford: wie ein Roboterkopf, wie ein verchromter Rinderschädel, der ihn aus rubinroten Objektiven beäugt. Aber Mavroviks Augen waren wieder geschlossen; seine Lippen bewegten sich, er redete mit jemandem, der nicht anwesend war.

»Wer bist du?«, röchelte er durch einen Pfropfen aus blutigem Granulat.

»Nicht reden«, sagte Nefford. Das Telesensorium gab seine Stimme fast originalgetreu wieder — mehr Menschenähnlichkeit hatte er dem Todkranken nicht zu bieten. Er spritzte noch einen Tranquilizer in die Chemikalienbrühe des Tropfs.