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«Papiere bitte!«kommandierte eine geschulte Feldwebelstimme.»Was zu verzollen?!«

«Ja«, sagte Peter blinzelnd.

«Was?«

«Drei Zentner Schlaf aus Paris.«

«Wenn Sie blöde Witze machen, kommen Sie mit!«brüllte jemand.»Ich habe meine Zeit nicht gestohlen!«

Eine Tür krachte. Peter schlief sofort wieder ein. Er war beruhigt. Er war wieder in Deutschland.

In Köln weckte ihn der Schaffner. Peter Sacher stieg aus und taumelte über die Treppen und Bahnsteige zu seinem Düsseldorfer Zug.

Gewaltsam hielt er sich wach, trank vor der Abfahrt an einem fahrbaren Erfrischungswagen eine Cola und kam gegen ein Uhr nachts in Düsseldorf an.

Sabine wird längst im Bett liegen, dachte er. Sie ist vier Stunden früher angekommen als ich. Und sie weiß nicht, daß ich auch komme.

Er überlegte, wie er sie überraschen konnte. Ins Schlafzimmer kommen und sagen: Da bin ich, konnte zu einem Schock führen. Sie im Schlaf küssen, konnte ebenso fatal werden. Am besten war, man kam ins Haus, machte Lärm, stellte das Radio an, sang dazu und wartete ab, was Sabine tun würde.

Zunächst rief er von einer Telefonzelle des Hauptbahnhofes seinen Anwalt und Freund Dr. Portz an. Die Uhrzeit beachtete Peter dabei nicht. Freunde haben immer zur Stelle zu sein.

Dr. Portz meldete sich nach einigem Klingelkonzert. Er war verschlafen, wütend und ungenießbar, aber als er Peters Stimme hörte, bekam er ein flaues Gefühl in der Magengegend und setzte sich gerade ins Bett.

«Peter! Mensch!«stammelte er.»Wo steckst du denn? Ich habe versucht, dich zu erreichen. Seit Tagen! Aus Paris warst du verschwunden.«

«Über Nacht gewissermaßen«, lachte Peter.

«Sag, von wo aus rufst du an?«fragte Dr. Portz todernst.

«Vom Bahnhof«, antwortete Peter wahrheitsgemäß.

«Das ist gut! Gare du Nord, ja? Setz dich sofort auf den nächsten Zug und komm zurück nach Düsseldorf!Sofort! Ohne Gepäck!«

«Aber warum denn?«Peter begann das Spiel großen Spaß zu machen.

«Das erkläre ich dir später. Warum bist du denn aus Paris verschwunden?«

«Weil ich nach Nizza fuhr.«

«Nach Nizza?! Was wolltest du denn dort?«

«Eine herrliche Frau lieben lernen.«

«Mein Gott!«Dr. Portz schlug die Hände zusammen. Er lehnte den Kopf gegen die Rückwand des Bettes und seufzte.»Hätte ich euch zwei Dickköpfe doch nie fahren lassen! Jetzt haben wir den Salat! Sabine.«

«Ist etwas mit Sabine?«fragte Peter Sacher schnell.

«Ja, Peterchen.«

«Ist sie verunglückt?«schrie Peter.

«Wie man's nimmt. Sie ist ausgerutscht.«

«Hat sie sich was gebrochen?!«

«Weder Arme noch Beine. Aber vielleicht das Herz!«

Peter schüttelte den Kopf.»Laß den Unsinn, Ernst«, sagte er feierlich.»Um ein Uhr nachts solche faden Witze zu machen.«

Dr. Portz nahm allen Mut zusammen. Er drückte den Hörer eng an den Mund und sagte deutlich artikulierend:

«Sabine ist weg aus Borkum!«

«Sieh an!«Peters Stimme war fröhlich.»Was du nicht sagst.«

«Sie ist in Kopenhagen.«

«Welch ein tolles Reisetempo.«

«Bist du besoffen?«brüllte Dr. Portz.»Begreif es doch: Wegen eines Mannes ist sie fort!«

«Igittegitt! Wegen eines Mannes. Nach Kopenhagen! Hat der Mann einen guten Geschmack!«

«Du blöder Hund!«Dr. Portz hieb auf das Oberbett und keuchte.»Sie ist mit einem Mann auf und davon, der sie eigentlich bewachen sollte! In deinem Auftrag! Sie ist mit meinem Assessor Bornemeyer durchgebrannt!«

«Laß dir diese Filmidee patentieren!«schrie Peter fröhlich.

«Bornemeyer reist mit deiner Sabine durch die Welt und nennt sich Ermano Ferro.«

«Wie nennt er sich?«Peter Sacher wurde plötzlich ernst. Ferro! So hieß doch der lange Genuese! Ferro, das war doch.»Du bist verrückt«, sagte er kleinlaut.

«Ich weiß nicht mehr, wie ich die Situation retten soll! Komm morgen zu mir. Wir wollen alles in Ruhe überlegen. Fahr auf jeden Fall sofort von Paris ab.«

Peter nickte.»Einen Augenblick«, sagte er. Dann machte er laut:»Rrrrrrr!«und sagte wieder:»So, jetzt bin ich schon in Düsseldorf! Ging schnell, was?«

Dr. Portz starrte seinen Telefonhörer an.»Ich lege auf«, sagte er steif.»Du bist stockbesoffen!«

«Ich stehe hier in einer Telefonzelle des Düsseldorfer Hauptbahnhofes und rief dich an, um dir mitzuteilen, daß ich gleich nach Hause gehe, dort Sabine in die Arme nehme und für die nächsten Tage wegen Flitterwochen nicht zu sprechen bin.«

«Aber Sabine ist doch.«

«Zu Hause! Sie war nie in Kopenhagen. Sie war in Nizza!«»Mit dir?«

«Mit Ferro!«

«Du hast Bornemeyer gesehen?«brüllte Dr. Portz.

«Aber nicht erkannt! Ich hätte ihn vor Eifersucht erwürgen können!«

«Hättest du's doch getan!«

«Und dann habe ich Sabine betrogen!«

«Vor ihren Augen? Hat sie's gesehen?«

«Gespürt.«

«Ge.«

«Ich habe sie mit ihr betrogen.«

Dr. Portz knallte den Hörer auf die Gabel, legte sich zurück, deckte sich bis zum Kinn zu und schloß die Augen.

«Besoffener Affe!«sagte er laut.»Wenn er nüchtern ist, sieht's anders aus.«

Doppelt beschwingt ließ sich Peter mit einer Taxe hinaus zu seiner Villa am Rhein fahren.

Ferro war kein anderer als der zur Bewachung abgesandte Bornemeyer. Das war eine Tatsache, die ihn fast zum Jubeln anregte. Bisher war dieser Ferro der einzige dunkle Punkt in Sabines Gegenwartsgeschichte gewesen. Daß er sich so erhellen würde, übertraf alles, was Peter heimlich zur Entschuldigung seiner Frau sich selbst vorgetragen hatte.

Schon von weitem sah er sein Haus. Es war hell erleuchtet. Die Lampen an der Einfahrt brannten, die Leuchten auf der Terrasse, sogar die versteckten Lampen im Garten. In allen Räumen war Licht, es war, als gebe Sabine ein Fest.

Peter Sacher blickte auf die Uhr. Fast 2 Uhr morgens.

Er ließ vor der Einfahrt halten, bezahlte den Fahrer und ging langsam über den breiten Weg dem Eingang zu.

Kurz vor der Tür machte er einen Bogen. Ein Gedanke war ihm gekommen. Er umschlich das Haus, kletterte über die geschlossene Gartenpforte, die den Vorgarten vom hinteren Park trennte, und pirschte sich an die Terrasse heran.

Auch hier vollste Beleuchtung. Sogar Musik klang aus dem Kaminzimmer. Das ist doch unmöglich, dachte Peter. Sie muß vor vier Stunden angekommen sein, und schon gibt sie eine Party? Irgend etwas stimmt da nicht im Zeitablauf und in der Logik des Geschehens.

Er schlich auf die Terrasse, blickte ins Zimmer. Es war leer. Nur das Radio spielte. Tanzmusik. Auf dem Tisch vor dem Kamin sah er in einem Sektkühler eine Flasche Sekt stehen und davor zwei Gläser. Eine Gebäckschale. Rosen in einer schlanken Vase. Von Sabine war nichts zu sehen.

Peter drückte die Klinke der Terrassentür hinunter. Sie war nicht verschlossen. Leise trat er ins Zimmer, ging schnell zu den Gläsern, schnupperte an ihnen. Sie waren noch ungebraucht.

Zwei Gläser nachts bei einer sich allein und unbeobachtet dünkenden schönen Frau sind immer ein Verdachtsmoment von großer Durchschlagskraft. Auch in Peter klomm wieder ein häßlicher Gedanke hoch. Die Eifersucht fraß wieder an ihm. Er war zu ängstlich, ins Schlafzimmer zu gehen. Wenn wirklich ein Mann bei Sabine ist? Der Anblick würde mich wahnsinnig machen, dachte er. Eiskalt durchzog es ihn. Daß jemand hier sein mußte, war unwiderruflich. Die Sektflasche war geöffnet! Zwar hatte noch keiner etwas in die Gläser geschüttet, aber man entkorkt nur dann eine Flasche, wenn man sie trinken will. Vielleicht zur Abkühlung, dachte er gehässig und ballte die Fäuste.

Er sah sich um. In der Tür zum Herrenzimmer stand Sabine. Schlank, herrlich, in einem weißen Abendkleid. Um den Hals trug sie das Rubincollier. Es funkelte im Licht, als strahle es selbst Helle aus.

«Du«, sagte Sabine gedehnt.»Sieh an!«