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Einer von ihnen warf eine Blendgranate. Zwar schloss Blade seine Augen, ehe der Blitz den Raum in gleißendes Licht tauchte, doch da er das Schwert in der Hand hielt, konnte er nicht gleichzeitig die Ohren zuhalten. Er stöhnte auf, als sein überempfindliches Gehör vom Explosionsgeräusch getroffen wurde.

Während das Echo der Blendgranate verhallte, ertönte draußen eine Reihe von Detonationen. Blade sah durch das zerschmetterte Fenster ungläubig mit an, wie die Barrikade, die den Zugang zu ihrer Zuflucht vom Ozean her schützen sollte, durch eine Explosion zerstört wurde und ins Wasser stürzte. Ein Militärschlauchboot bahnte sich den Weg an dem einstigen Hindernis vorbei, glitt ein Stück weit die hölzerne Rampe hinauf und kam neben dem Bootshaus zum Stehen. Es war mit weiteren Agenten besetzt, die allesamt schwarze Schutzkleidung trugen und mit Suchscheinwerfern und Gewehren ausgerüstet waren. Sie sprangen aus dem Boot und verteilten sich rasch rund um das Gebäude.

Blade suchte hinter einem Stützpfeiler Schutz. Sein Herz raste wie wild. Das war alles nur seine Schuld. Er war unachtsam gewesen, und nun würde er dafür bezahlen müssen.

Er fluchte lautlos, als er mit ansah, wie die Agenten die Werkstatt auseinandernahmen und bei ihrem Ansturm die empfindlichen Ausrüstungsgegenstände zu Boden rissen.

Als er wieder Glas splittern hörte, zuckte er zusammen. Blade ahnte, dass kein Gerät mehr zu gebrauchen sein würde, wenn die Cops fertig waren. Aus langjähriger Erfahrung wusste er nur zu gut, dass die Polizei noch schlimmer war als die Vampire, wenn es darum ging, Dinge zu zerschlagen.

Er konnte nur hoffen, dass Whistler das Haus versichert hatte…

In der Waffenkammer öffnete Whistler im Halbdunkel seinen hölzernen Munitionsschrank. Ihm blieben nur noch Sekunden, ehe die Agenten das Haus nach ihm absuchen würden. Seine Pistole konnte er nicht benutzen, um sich zur Wehr zu setzen, da er das SWAT-Team damit nur dazu einladen würde, das Feuer zu erwidern. Und angesichts des Interesses der Medien an Blade wären mehrere erschossene Polizisten eine denkbar ungünstige Meldung.

Er musste einen Weg finden, sich mit nicht so todbringenden Mitteln zu verteidigen.

In dem Moment platzte ein schwarzgekleideter Agent in die Waffenkammer, richtete seine Pistole auf Whistler und brüllte: „Auf den Boden! Auf den Boden!“

Der tauchte zur Seite weg und gab zwei Warnschüsse auf den Boden gleich neben dem Agenten ab, dann trat er die Flucht an.

Weitere Agenten folgten und erwiderten das Feuer, so dass Whistler hinter einem Betonpfeiler Schutz suchen musste, als eine Salve auf ihn abgeschossen wurde. Whistler antwortete mit einem Schwenk seiner Waffe, während er sie abfeuerte. Die Agenten wichen zurück und verließen den Raum, worauf Whistler mit Furcht erregendem Gebrüll in Richtung der Computer hechtete.

Sofort wollten die Agenten ihm hinterher stürmen, aber der Anführer der Gruppe gab ein Zeichen, dass sie zurückbleiben sollten. Er holte eine Tränengasgranate aus seinem Rucksack, zog den Stift mit den Zähnen heraus und warf sie Whistler nach.

Sie würden den verrückten alten Kerl einfach ausräuchern.

Mit schussbereiten Waffen stand das SWAT-Team da und wartete.

Ein langer Konvoi aus Polizeiwagen und SWAT-Trucks rumpelte den Feldweg entlang und näherte sich dem Bootshaus mit heulenden Sirenen. Die Türen der Trucks wurden aufgeschoben, eine weitere Welle von FBI-Agenten und Polizisten sprang heraus. Sie luden Sturmgewehre aus und riefen sich gegenseitig per Megaphon Anweisungen zu. Drüben am Dock stiegen die Agenten Cumberland und Haie aus ihrem unscheinbaren Fahrzeug. Sie trugen kugelsichere Westen und hielten Schusswaffen im Anschlag.

Bei diesen Freaks würden sie kein Risiko eingehen.

Cumberland griff nach seinem Funkgerät. „Macht von allen Seiten zu, es darf keiner rauskommen!“

Weitere Polizeiboote näherten sich den Docks und blockierten den Fluss auf voller Breite. Auf dem Dach hatten SWAT-Scharfschützen Stellung bezogen und warteten darauf, dass die Verdächtigen aus dem Gebäude kamen.

Im Bootshaus versuchte Blade mit allen Mitteln, sich den Weg durch die Menge Polizisten freizukämpfen, um zu Whistler zu gelangen. Er wusste, der alte Mann konnte gut auf sich selbst aufpassen, doch Blade war mit einem Mal bewusst geworden, dass er vermutlich bleiben und kämpfen würde. Ein Blick nach draußen genügte, um zu erkennen, dass sie diese Option nicht mehr hatten. Ihr neues Hauptquartier war verloren. Ihnen blieb nur noch der Rückzug. Zu viele Agenten strömten ins Haus, als dass er sie noch hätte zurücktreiben können. Töten konnte er keinen von ihnen, wenn er nicht riskieren wollte, dass die Situation für ihn noch schwieriger wurde.

Blade hatte sich schon mit mehr Gegnern konfrontiert gesehen, aber diesmal verhielt es sich anders, denn dies waren Menschen. Unschuldige.

Ein einziger toter Mensch war bereits zu viel, und angesichts der Tatsache, dass es nun über hundert Augenzeugen gab, die jede seiner Bewegungen mitverfolgten, war eines klar: Wenn man ihn zu fassen bekam, dann würde er garantiert nie wieder das Tageslicht zu sehen bekommen.

Blade beobachtete die Menge mit geschultem Blick. Dann senkte er die Schultern und rannte durch eine Mauer aus einem halben Dutzend Agenten, die in alle Richtungen geschleudert wurden. Da er sein Schwert nicht einsetzen wollte, packte er den erstbesten Agenten und schlug ihn mit einer Kopfnuss bewusstlos, wobei er dem Mann zugleich die Nase brach und das Blut bis an die Wand spritzte. Er hob den schlaffen Körper hoch und warf ihn zwei Männern in den Weg, die ihn von der Seite überrennen wollten. Dann griff er hinter sich, bekam die Kleidung eines anderen Agenten zu fassen und schleuderte ihn durch ein Fenster. Das Platschen des Wassers, als der Mann im Fluss landete, hatte für Blade etwas Befriedigendes, doch schon im nächsten Moment versperrten vier weitere Agenten ihm den Weg.

Blade knurrte ungeduldig. Zu viele Leute hinderten ihn am Vorankommen. Er musste zu Whistler gelangen, aber er konnte nicht so weiterkämpfen, wenn er kein allzu großes Blutvergießen riskieren wollte.

Er wich langsam zurück und schlug und schubste sich den Weg frei. Er hatte diese Situation heraufbeschworen, er würde sie auch bereinigen. Er konnte nur hoffen, dass der alte Mann schlau genug war, sich aus der Schusslinie zu halten.

Nebenan im Computerraum erkannte Whistler rasch die zentralen Arbeitsstationen und fuhr die Rechner hoch, während sich der Raum allmählich mit Tränengas füllte. Hustend und halbblind hastete er zu einer Reihe altmodischer Computer und gab unbeholfen Befehle ein. Ein halbes Dutzend Monitore um ihn herum erwachte zum Leben, als sich die Arbeitsstationen mit den Servern abstimmten und auf jedem Monitor die gleichen Textzeilen zu lesen waren:

- Server 1 Schutz AKTIV

- Server 1 Schutz AKTIV

> Datenschutzroutine aktivieren J/N?

Whistler tippte auf das „J“ und duckte sich hinter eine Werkbank.

Ein Surren war zu hören, das schnell höher wurde, als die Festplatten des Computers ein letztes Backup der Daten aus der letzten Nacht vornahmen. Ein rotes Licht an der Vorderseite der Netzwerk-Speichereinheit leuchtete konstant auf.

Einen Augenblick später leuchtete ein Päckchen Semtex, das mit Klebeband seitlich an der Einheit befestigt war, orangerot auf und explodierte beinahe sofort. Sekunden später ging auch der zweite vernetzte Server in die Luft und ließ einen Regen aus verkohlten Kabeln und Trümmern im Raum niedergehen.

Mit Bedauern betrachtete Whistler das Ausmaß der Zerstörung, dann presste er sich einen ölverschmierten Lappen vor Nase und Mund und stürmte in die Rauchwand aus Tränengas hinein.

Draußen sprang Cumberland erschrocken hinter einem Polizeiwagen in Deckung, als es im Bootshaus zu einer dritten Explosion kam. Rauch quoll aus den Fenstern und sank langsam nach unten auf den Parkplatz. Hektisch rief Cumberland ins Funkgerät: „Was ist denn da drinnen los?“