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Danica lächelte boshaft. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, mit ihrem Triumph zu prahlen. Hoffentlich konnte Blade sie trotz seiner Lethargie hören. „Wir haben die Menschen wie Schachfiguren benutzt, Blade, damit wir dich in die Finger bekommen.“

Trotz seiner Desorientierung reagierte in Blades Kopf ein primitiver Reflex, als ihm klar wurde, was diese Worte zu bedeuten hatten.

Diese Frau war für Whistlers Tod verantwortlich!

Er riss die Augen auf, bis er sie deutlich vor sich sah, und knurrte sie an. Gleichzeitig zog er die Füße unter sich und versuchte, mit einem Satz vom Stuhl aufzuspringen. Die Handfesseln schnitten sich in sein Fleisch, als er alles daran setzte, sie zu zerreißen. Sofort war Grimwood an Danicas Seite und versetzte Blade einen Fausthieb gegen den Kiefer. Der Kopf des Daywalkers wurde herumgerissen und er sackte wieder auf den Stuhl.

Blade fiel förmlich in sich zusammen, so wenig Kraft besaß er noch.

Grimwood grinste ihn an und bleckte seine Stahlzähne. „Keine Angst, Kleiner. Wenn wir dich erst mal hier rausgeschafft haben, wirst du noch Zeit genug zum Spielen haben.“

Danica gab den beiden Vampirpflegern ein Zeichen. Sie nickten und traten vor, um Blades Fesseln abzunehmen. Einer von ihnen nahm einen Arm in seinen stählernen Griff, während der zweite ihm die mit Metall verstärkte Zwangsjacke überzustreifen begann.

Blade schlug trotz seiner überwältigenden Schwäche um sich. Der erste Pfleger verzog das Gesicht zu einer finsteren Grimasse. Er mühte sich damit ab, die Metallklammern hinter Blades Rücken zu schließen, doch der zog sie immer wieder auseinander. Es war, als würde man einer Kindergärtnerin beim Versuch zusehen, einem widerborstigen Zweijährigen einen Wintermantel anzuziehen. Grimwood lachte, ihm bereitete das Schauspiel großes Vergnügen.

Danica trat vor und sagte in herablassendem Tonfalclass="underline" „Mach es nicht unnötig schwer.“ Sie kam näher und sah Blade tief in die Augen, während der wieder und wieder ihre Assistenten abwehrte. „Du bist ganz allein, Blade. Niemand kann dir jetzt noch hei…“

Es war unglaublich perfektes Timing, dass das verspiegelte Glas genau in diesem Moment zerbarst und sich Splitter und Scherben in den Verhörraum ergossen. Zugleich flog der lodernde Leichnam eines weiteren Vampirpflegers ins Zimmer und landete in einer Aschewolke mitten auf dem Tisch.

Asher und Grimwood zuckten erschrocken zusammen. Da sprang bereits ein Mann durch das zerschlagene Fenster. Gleichzeitig zog er elektronische High-Tech-Pistolen. Er landete breitbeinig auf dem Tisch. Glassplitter wurden unter seinen Stiefeln zermahlen. Er richtete sich auf und wandte sich den erstarrten Vampiren zu. Auf seiner schwärzen Jacke prangte ein Krankenhausaufkleber, der mit dem Text ,Hallo, mein Name ist…’ begann. Dort, wo der Name stehen sollte, prangten aber stattdessen die Worte ,FUCK YOU!’ die offenbar mit rotem Filzstift geschrieben worden waren.

Der Fremde verneigte sich kurz vor Blade, dann widmete er sich mit einem irren Grinsen auf den Lippen wieder dem Vampirtrio. „Soll ich euch sagen, warum Vampire keine Freunde haben?“

Asher starrte ihn an, empört über diese Störung.

Der Neuankömmling lud seine Waffe durch und fuhr im nächsten Atemzug fort: „Weil Vampire entsetzliche Nervensägen sind.“

Danica knurrte, als sie den Eindringling erkannte: „King!“

Dann erlosch das Licht.

Über den Türen leuchteten sofort grüne Hinweisschilder auf, die die Notausgänge markierten, fast gleichzeitig schrillte der Feueralarm los. Das damit einsetzende Durcheinander nutzte King, um beide Pistolen auf Asher abzufeuern, doch der duckte sich gerade noch rechtzeitig und ging hinter einem Stapel aufgetürmter Metallstühle in Deckung. Die Kugeln verfehlten ihn und trafen stattdessen den unglücklichen Pfleger, der gleich hinter ihm gestanden hatte. Sie fraßen sich in seine Brust, dann explodierten sie in einem grellen, blauen Schein aus UV-Licht. Der Vampir zerfiel sofort, da das Licht ihn von innen heraus zerfraß. Innerhalb von Sekunden war nichts weiter geblieben als eine leere Kohlenstoffhülle.

King wirbelte geduckt herum und schoss eine zweite Salve auf Danica ab, die hinter dem Metalltisch Deckung suchte. Mit einer Hand kippte sie ihn um, damit er sie abschirmen konnte. King schoss weiter, während die Kugeln vom Tisch abprallten. Er hoffte, eine seiner UV-Salven würde sich durch die Tischplatte bohren und Danica treffen. Als Kings Pistolen leer waren, schleuderte Danica ihm den schweren Metalltisch entgegen, als bestehe er aus Schaumstoff, dann wandte sie sich um und rannte aus dem Zimmer.

Während um ihn herum der Kampf tobte, kam Blade zu dem Schluss, dass er am besten auch die Flucht antreten sollte. Er konzentrierte sich und zwang sich, gegen die Wirkung des Medikaments anzukämpfen. Es gelang ihm, sich auf eine Seite zu drehen und den Stuhl zum Kippen zu bringen, so dass er der Länge nach auf dem Fußboden landete.

Grimwood entging nicht das Geräusch, das Blade verursachte hatte, und wollte sofort nach ihm greifen. Der trat aber wild um sich und rammte seine schweren Stiefel mitten in den Oberkörper des großen Vampirs und schleuderte ihn nach hinten.

Grimwood krachte auf die dünne Trennwand, durchbrach sie und landete in einer Wolke aus Gips und Holzstücken im Raum nebenan.

King lief zu Blade, packte seinen Unterarm und zog ihn mühsam auf die Beine. Er lud nach, drehte sich um, und feuerte eine weitere Salve blauen Feuers auf den geduckten Asfier. Der Vampir rannte aus seinem Versteck wie eine Ratte, die vor einem Feuerwerk davonlief.

King sah zu Blade. „Lass uns ‘nen Abflug machen, Kemosabe.“

Halb trug, halb schleppte er Blade zur Tür und dann hinaus in den dunklen Korridor der Polizeiwache. Vom anderen Ende des Gangs kamen Cumberland und Haie mit sorgenvollen Gesichtern angelaufen. Sie hatten den Lärm gehört. Jemand hatte den Feueralarm und gleichzeitig den Eindringlingsalarm ausgelöst, aber von einem Feuer konnte Cumberland nichts entdecken. Doch aus einem unerklärlichen Grand wusste er, dass beide Alarme mit Blade zu tun hatten.

Am Ende des Korridors angekommen, kam er schlitternd zum Stehen und sah, dass sein schlimmster Alptraum Wirklichkeit geworden war. Blade kam von einer Rauchwolke umgeben aus dem Verhörraum gestolpert, ein großer und muskulöser junger Mann stützte ihn. Blade bewegte sich, als sei er betrunken, doch sein Begleiter wirkte mehr als kräftig genug, um ihn notfalls auch zu tragen.

Wichtiger war dabei aber, dass der junge Mann bewaffnet war.

Cumberland griff nach seiner Pistole. „Er haut ab!“

King feuerte eine letzte Salve in den Verhörraum, um zu verhindern, dass die Vampire ihnen folgen konnten. Dann zog er eine Granate aus seinem Waffengurt und warf sie durch die Türöffnung. Im nächsten Augenblick ging sie hoch und wirbelte Trümmerstücke umher. Die beiden Detectives wurden zu Boden geschleudert. Eine lange Feuerzunge reichte bis an die Decke vor dem Raum, schwarzer Rauch quoll in den Korridor.

Blade ließ sich zitternd gegen die Wand sinken. Er fühlte, dass er kurz vor einer Ohnmacht stand. Der Hunger war unerträglich geworden, und er musste jeden letzten Rest von Selbstkontrolle aufbringen, um sich nicht einfach umzudrehen und seine Zähne in den Hals des jungen Mannes zu bohren, der ihn gerade eben gerettet hatte. Er stöhnte leise auf.

„Stirb mir ja nicht weg, Motherfucker!“ King schob seinen Arm um Blade und hob ihn an, damit er wieder aufstand.

Mit einem Knurren kam Blade hoch und schlich durch den Korridor davon, wobei er den größten Teil seines Gewichts auf King verlagerte.

Zwanzig Meter entfernt war ein halbes Dutzend uniformierter Officers in den Nahkampf mit einem zweiten Eindringling verstrickt, einer athletisch aussehenden jungen Frau, die eine Militärhose und dazu eine moderne, hautenge Motorradjacke trug. Drei Männer lagen bereits friedlich schlafend übereinander auf dem Boden, ohne etwas davon zu merken, dass sie Nasenbrüche und Prellungen am Kopf davongetragen hatten. Innerhalb von Sekunden hatte sie zwei der restlichen drei Männer ebenfalls ausgeschaltet.