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Selbst seine ersten Vampirnachkommen, die an seiner Seite kämpften, konnten nichts daran ändern, dass Drakes Armee schließlich von einem Mann aufgerieben wurde, der als König Etana in die Geschichte eingehen sollte.

Drake dachte zurück an die letzten Tage dieses Krieges. Er erinnerte sich daran, wie alle seine Krieger gefallen waren, bis nur noch er dastand, unantastbar für die Klauen des Todes und unbesiegbar, egal, welcher Sterbliche es versuchte. Doch es waren so viele Feinde, die gegen ihn standen, und die Vernichtung seiner Stadt und das Abschlachten seines Volks waren so allumfassend, dass Drake aus diesem Konflikt keinen Vorteil mehr ziehen konnte. Er hatte das Schlachtfeld verlassen und unzählige Tote und Sterbende zurückgelassen, doch er hatte geschworen, Rache zu üben.

Drake wusste noch, welchen Entschluss er nach dieser Schlacht gefasst hatte: Wenn die Menschen durch ihre Eifersucht nicht in der Lage waren, ihn als Herrscher auf Erden zu akzeptieren, dann würde er sie eben von einem Reich unter der Erde aus regieren.

Wenn sie immer danach strebten, Krieg an den Sitz seiner Macht zu tragen, dann würde er diesen Sitz in ihre Herzen verlegen. Wenn sie ihn nicht respektierten und fürchteten, solange er im Schein der Sonne herrschte, dann würden sie dies tun müssen, wenn er sie durch die Nacht jagte. Wenn sie ihn nicht als den Gott akzeptierten, der er war, und wenn sie nicht vor seinem Thron niederknieten, um ihn zu verehren, dann würde er sie dazu bringen, sich vor dem Monster zu fürchten, zu dem er wurde, und sie würden im Staub vor ihm kriechen, um ihn anzuflehen.

Als König Gilgamesch verschwand Drake aus dem Blickfeld der Geschichte. Jahrhunderte trieb er in allen besiedelten Ländern sein Unwesen, und wo immer er auftauchte, blieben Geschichten von Entsetzen und Vernichtung zurück.

Als die Armeen des Königs Sargon von Akkad gegen die Länder von Sumer zogen, schloss Drake sich ihnen an und kämpfte unter einer glühenden Sonne gegen das Volk, das ihn als Herrscher gestürzt hatte. Doch nach einer Weile wandte sich Drake aus eigenem Antrieb auch gegen die Angreifer und wurde zu einem Dämon, der in den Religionen dieses Gebiets für alle Zeit erhalten blieb.

Drake machte weiter und schlug eine blutige Schneise in die Geschichte. Er starb nicht, er gab nicht nach, er fühlte sich zu jedem Krieg und jeder Schlacht hingezogen, während er durch sieben Jahrtausende hindurch Menschen abschlachtete. Er kämpfte gegen die Assyrer und Hyksos, die Ägypter und die Kuschiten, die Babylonier, die Kanaaniter, die Israeliten, die Perser, die Griechen und zahllose andere Völker. Es gab kein Volk, keine Nation, die von ihm verschont wurde. Manchen blieb er als schreckerregender Kriegsherr oder Söldner in Erinnerung, anderen als ein wilder und gnadenloser Dämon aus einer Volkssage.

Von China bis Indien, Afrika, Norwegen und Sibirien und in allen Ländern, die dazwischen lagen, berichteten die Geschichtsbücher von Drakes Eroberungen und Untaten. Er hatte die Menschheit von Anfang an begleitet, hatte zugesehen, wie sich die menschliche Rasse vermehrte und bis zur Unkenntlichkeit veränderte, und so wie die Schlange im Garten Eden tat er alles, um den Glauben der Menschen an Erlösung zu zerstören und alle, die seinen Weg kreuzten, in das reinste Böse zu verwandeln.

Am wichtigsten von allem war aber, dass er eine neue Rasse zeugte, seine eigene Spezies: hominus nocturna.

Den Vampir.

Mit der Zeit jedoch verblasste der Ruhm der Vampirrasse.

Drake hatte es gespürt. Während er zu vollkommener Stärke und Unsterblichkeit gelangt war und ähnlich wie der große Weiße Hai die Spitze der Evolution seiner Spezies verkörperte, hatten sich seine Kinder verändert.

Über die Jahrtausende hinweg beobachtete er, wie der Kontakt seiner Rasse mit den verfluchten Menschen sie schwächte, bis ein Punkt in ihrer Entwicklung erreicht war, an dem es ihnen nicht länger möglich war, sich im Sonnenlicht aufzuhalten. Nur ein flüchtiger Kontakt mit einem Sonnenstrahl genügte, um sie sofort in Flammen aufgehen zu lassen. Diese elende Schwäche hatte so rasch um sich gegriffen, dass nicht einmal er selbst um das genaue Ausmaß wusste.

Danica hatte ihm von den Experimenten erzählt, die die Vampirnation in den Jahrhunderten seit seinem Verschwinden durchgeführt hatte. Sie erklärte ihm, dass eine bestimmte Wellenlänge des Sonnenlichts – etwas, das sie als ultraviolettes Licht bezeichnete – die Schädigung verursachte. Diese spezielle Frequenz durchdrang die hypersensiblen Zellen eines Vampirs und entzündete den in hoher Konzentration gespeicherten Phosphor, was zu einer unaufhaltsamen Kettenreaktion führte, die den Körper auf der Stelle verbrannte.

Schön und gut, doch Drake wusste, was wirklich dahintersteckte. Diese niederen Vampire wurden in Wahrheit für ihre Bedeutungslosigkeit, Arroganz und Gedankenlosigkeit bestraft.

Drake erinnerte sich daran, wie sich diese Schwäche erstmals in den einfacheren Angehörigen seiner Art gezeigt hatte: verzweifelten Mischlingen, die sich von denen ernährten – und sie gedankenlos ebenfalls zu Vampiren machten –, die selbst von den Menschen gemieden wurden, sei es, dass sie wahnsinnig waren, die Pest oder eine andere Krankheit hatten, und die von Rauschgiften abhängig waren.

All das hatte dazu geführt, dass der Segen, den Drake so freimütig den Ersten seiner Art geschenkt hatte, verdreht und verwässert wurde. Hinzu kamen Jahrtausende der Inzucht, die das Blut zusätzlich schwächten. Bei manchem Vampir war Drakes Blutlinie so verseucht worden, dass die infizierten Vampire fast so etwas wie eine gänzlich andere Spezies waren.

Im Lauf der Jahre hatten mehr und mehr Vampire diese Störung geerbt, bis Drakes entfernteste und am stärksten degenerierte Nachkommen sich gegen ihn und die wenigen noch lebenden Kinder reinen Blutes erhoben. Aus Eifersucht auf ihre Kraft und ihre Unempfindlichkeit gegen Sonnenlicht begannen die niederen, zahlenmäßig aber überlegenen Vampir die zu jagen, die reinen Blutes waren, und sie zu töten, wo immer sich die Gelegenheit dazu ergab.

Sie machten Drake krank. Er hasste die Mischlinge für ihren mangelnden Respekt und ihre unberechtigte Arroganz, und er begann, die reinen Blutes waren, zu verabscheuen, da ihre Angst vor den niederen Vampiren immer größer wurde.

Darum hatte er sich von ihnen zurückgezogen. Von ihnen allen.

Gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts kehrte er in sein Geburtsland zurück und achtete darauf, allen Siedlungen von Mensch und Vampir aus dem Weg zu gehen. Dann ging er buchstäblich in den Untergrund. Er hoffte, wenn er irgendwann aus seinem Schlaf erwachte, würden sich seine Nachkommen selbst von ihrer Dummheit und ihren Schwächen geheilt oder aber sich gegenseitig vollständig ausgelöscht haben. Bis zu diesem Tag wollte Drake mit seiner degenerierten Nachkommenschaft nichts mehr zu tun haben.

Wie sich herausstellte, hatte sein Schlaf bloß drei Jahrhunderte gedauert, ehe Danica und ihre Trottel ihn gefunden und ihn gegen seinen Willen ins einundzwanzigste Jahrhundert gezerrt hatten.

Nachdem er seinen Hunger genügend gestillt hatte, um ein vollständig menschliches Aussehen anzunehmen, bat Drake Danica, ihn zu denen zu fuhren, die reinen Blutes waren, vorausgesetzt, in dieser Ära lebten noch welche von ihrer Art. Doch sie erwiderte, einige von ihnen würden zwar noch leben, doch die größte Enklave in der Region war von einer Kreuzung aus Vampir und Mensch ausgelöscht worden, einem Abtrünnigen, der als der Daywalker bekannt war.

Sie sagte ihm, der Daywalker sei zu einem Fluch für alle Vampire oder nicht, ob reinen Blutes oder nicht, denn er schlachtete sie alle mit der gleichen Verachtung und mit scheinbarer Leichtigkeit ab.

Drake ließ seine Gedanken in die Gegenwart zurückkehren und lächelte flüchtig.

Er würde gern diesen Daywalker kennen lernen. Er war neugierig, einem Vampir gegenüberzutreten, der sich im Sonnenschein bewegen konnte, so wie es allen Kindern von Drake hatte möglich sein sollen. Einem Vampir, der seine eigene Art so leidenschaftlich hasste, dass er sie als Spezies auslöschen wollte.

In gewisser Weise konnte Drake mit dem Daywalker sogar mitfühlen.