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Um ihnen Zeit zum Einschlafen zu lassen, setzte er sich wieder in den hinteren Teil des Lieferwagens, aß einen Schokoladenriegel auf und dachte darüber nach, wie er einen Teil der erheblichen Honorare ausgeben würde, die er seit heute morgen verdient hatte.

Er wünschte sich schon seit einiger Zeit einen Power-Ski,eine jener raffinierten Maschinen, die es möglich machten, ohne Boot Wasserski zu laufen. Er liebte das Meer. Etwas an der See übte ungeheure Anziehungskraft auf ihn aus; er fühlte sich in den Fluten zu Hause, erlebte alles doppelt intensiv, wenn er sich im Gleichklang mit dahinrollenden großen dunklen Wassermassen fortbewegte. Er fand großes Vergnügen am Tauchen. Segeln und Surfen. Als Teenager hatte er mehr Zeit am Strand verbracht als in der Schule. Auch jetzt holte er gelegentlich sein Surfbrett hervor, wenn die Brandung stark war. Aber er war achtundzwanzig, und Surfen war ihm heute ein eher zahmes Vergnügen. Er ließ sich nicht mehr so leicht begeistern wie früher einmal. Heutzutage liebte er Schnelligkeit. Er malte sich aus, wie er auf dem neuen Power-Ski über die schieferfarbene See fegte, vom Wind getrieben, durchgerüttelt von der nicht abreißenden Reihe hereinkommender Brecher auf dem Pazifik reitend wie ein Rodeo-Cowboy, der einen Bronco einritt...

Fünfzehn Minuten nach Mitternacht stieg er aus dem Lieferwagen. Er steckte die Pistole in den Hosenbund und ging quer über die verlassene, stille Straße zum Hudston-Haus. Er betrat das Anwesen durch ein unversperrtes hölzernes Tor und kam an eine Seitenterrasse, die nur vom Mondlicht erhellt wurde, das durch die Blätter eines riesigen Korallenbaumes drang.

Er blieb stehen, um ein Paar dünne Lederhandschuhe überzustreifen.

Das Mondlicht spiegelte sich in einer Schiebetür aus Glas, die die Terrasse mit dem Wohnzimmer verband. Sie war abgeschlossen. Im Licht einer Taschenlampe, die er aus dem Futteral mit Einbrecherwerkzeugen holte, zeigte sich, daß eine hölzerne Stange in der Innenschiene der Tür lag, um zu verhindern, daß man sie gewaltsam öffnete.

Die Hudstons waren sicherheitsbewußter als die meisten Leute, aber das störte Vince nicht. Er befestigte einen kleinen Gummisaugnapf am Glas, schnitt in der Nähe des Türgriffs mit einem Diamantschneider einen Kreis in die Scheibe und entfernte das ausgeschnittene Stück lautlo s mit dem Saugnapf. Dann griff er durch das Loch und löste die Verriegelung. Er schnitt in Bodennähe einen weiteren Kreis, griff hinein, entfernte die Holzstange aus der Schiene und schob sie unter den zugezogenen Gardinen in den Raum dahinter.

Um Hunde brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Die Frau mit der sinnlichen Stimme hatte ihm gesagt, die Hudstons besäßen keine Haustiere. Einer der Gründe, weshalb er so gerne für gerade diese Auftraggeber arbeitete: Ihre Informationen waren stets ausführlich und exakt.

Lautlos die Tür zur Seite schiebend, schlüpfte er zwischen den zugezogenen Gardinen ins dunkle Wohnzimmer. Er blieb einen Augenblick lang stehen; wartete, bis seine Augen sich an die Finsternis gewöhnt hatten, lauschte. Das Haus war still wie ein Grab.

Das Zimmer des Jungen fand er als erstes. Der grüne Schein der Leuchtziffern auf einem Uhrenradio spendete etwas Helle. Der Halbwüchsige lag auf der Seite und schnarchte leise. Sechzehn. Sehr jung. Vince mochte es, wenn sie sehr jung waren.

Er ging um das Bett herum und kauerte sich an der Längsseite nieder, so daß sein Gesicht sich dicht vor dem des Schläfers befand. Mit den Zähnen zog er sich den Handschuh von der linken Hand. Die Pistole in der rechten Hand haltend, drückte er die Mündung von unten gegen das Kinn Der Junge wachte sofort auf.

Vince schlug mit der unbehandschuhten Hana klatschend gegen die Stirn des Jungen und drückte gleichzeitig ab. Die Kugel durchdrang die weiche Unterseite des Kinns des Jungen, durchschlug sein Gaumendach und drang in sein Gehirn ein, was zum sofortigen Tod führte.

Ssssnappp.

Eine mächtige Ladung Lebensenergie schoß aus dem sterbenden Körper in Vince hinein. Es war Energie in so reiner, lebendiger Form, daß er vor Entzücken wimmerte als er spürte, wie sie in ihn hineinströmte.

Eine Weile verharrte er neben dem Bett in seiner knienden Lage und wagte nicht, sich zu bewegen. Atemlos. Entrückt. Endlich küßte er im Dunkeln den toten Jungen auf die Lippen und sagte: »Ich nehme an. Danke. Ich nehme an.«

Rasch und lautlos wie eine Katze kroch er durch das Haus und fand schnell das Elternschlafzimmer. Eine weitere Digitaluhr mit grünen Leuchtziffern und der weiche Schein einer Nachtleuchte, der durch die offene Badezimmertür drang, lieferten genügend Licht. Dr. Hudston und seine Frau schliefer beide. Vince tötete die Frau zuerst - Ssssnappp - ohne ihrer Mann zu wecken. Sie schlief nackt, und so legte er, nachdem er ihr Opfer empfangen hatte, den Kopf auf ihre unbedeckter Brüste und lauschte der Stille ihres Herzens. Er küßte ihn Brustwarzen und murmelte: »Danke.«

Als er um das Bett herumging, eine Nachttischlampe anknipste und Dr. Hudston weckte, war der Mann zuerst etwas verwirrt. Bis er die blicklosen, starren Augen seiner Frau sah Dann schrie er und griff nach Vinces Arm, und Vince schlug ihm zweimal den Kolben seiner Pistole über den Schädel.

Vince zerrte den Bewußtlosen, der ebenfalls nackt war, in' Badezimmer. Wieder fand er Heftpflaster, mit dem er dem Arzt die Hand und Fußgelenke fesselte. Er füllte die Wanne mit kaltem Wasser und bugsierte Hudston mit einiger Mühe hinein. Das kalte Bad belebte den Arzt.

Obwohl nackt und gefesselt, versuchte Hudston sich aus dem kalten Wasser hochzustemmen und auf Vince loszugehen.

Vince schlug ihm die Pistole ins Gesicht und drückte ihn in die Wanne zurück.

»Wer sind Sie? Was wollen Sie?« stieß Hudston hastig hervor, als sein Gesicht aus dem Wasser kam.

»Ich habe Ihre Frau und Ihren Sohn getötet und werde Sie töten.«

Hudstons Augen schienen in der feuchten, teigigen Masse seines Gesichts zu versinken. »Jimmy? Oh, nicht Jimmy. Wirklich nicht!«

»Ihr Junge ist tot«, fuhr Vince beharrlich fort. »Ich hab' ihm das Gehirn aus dem Schädel geblasen.«

Bei der Erwähnung seines Sohnes brach Hudston zusammen. Er vergoß keine Tränen, fing nicht an zu jammern -nichts, was so dramatisch gewesen wäre. Seine Augen waren plötzlich tot, verloren schlagartig jeden Glanz. Ein Licht, das plötzlich ausging. Er starrte Vince an, aber in diesem Blick waren kein Zorn mehr, keine Furcht.

»Sie haben jetzt die Wahl«, sagte Vince. »Sie können leicht sterben oder auf die harte Tour. Sie sagen mir, was ich wissen möchte, und ich lasse Sie leicht sterben, schnell und schmerzlos. Wenn Sie stur sind, kann ich es auf fünf oder sechs Stunden ausdehnen.«

Dr. Hudston starrte nur. Abgesehen von den hellroten Streifen frischen Blutes auf seinem Gesicht war er sehr weiß, naß und von unnatürlicher Blässe, wie irgendein Wesen, das seit ewigen Zeiten in den tiefsten Tiefen der See zu Hause ist. Vince hoffte, der Bursche sei nicht in Katatonie verfallen. »Was ich wissen will, ist, was Sie mit Davis Weatherby und Elisabeth Yarbeck gemeinsam haben.«

Hudston blinzelte, sein Blick kehrte zurück. Seine Stimme war heiser und brüchig. »Davis und Liz? Wovon reden Sie?« »Sie kennen sie?«

Hudston nickte.

»Wie kennen Sie sie? Sind Sie zusammen zur Schule gegangen? Waren Sie einmal Nachbarn?«

Hudston schüttelte den Kopf und sagte: »Wir... wir haben früher einmal bei Banodyne zusammengearbeitet.« »Banodyne - was ist das?«

»Die Banodyne-Labors.«

»Wo ist das?«

»Hier in Orange County«, sagte Hudston und nannte eine Adresse in Irvine.

»Was haben Sie dort gemacht?«

»Forschungsarbeiten. Aber ich bin vor zehn Monaten weggegangen. Weatherby und Yarbeck sind immer noch dort, ich nicht mehr.«